Rieter erwartet anhaltende Nachfrageschwäche und plant grösseren Stellenabbau
Winterthur – Der Spinnereimaschinen-Hersteller Rieter hat im ersten Semester deutlich weniger Aufträge an Land gezogen als im Vorjahreszeitraum. Weil sich keine rasche Erholung abzeichnet, kommt es zu einem grösseren Stellenabbau.
Der Auftragseingang stürzte im ersten Halbjahr um 63 Prozent auf 325 Millionen Franken ab, wie Rieter am Donnerstag mitteilte. Vor allem die Nachfrage nach neuen Maschinen brach ein (-81%), während sich das Geschäft mit Komponenten und Ersatzteilen etwas besser hielt.
Der Rückgang ist an sich keine Überraschung. Analysten hatten mit einem solchen gerechnet, nachdem im zweiten Halbjahr 2022 das Geschäft stark rückläufig war. Die nun ausgewiesene Zahl liegt aber gleichwohl unter den durchschnittlichen Erwartungen der Experten (AWP-Konsens).
In der Mitteilung ist die Rede von einer zyklischen Marktabschwächung. Mit einer Erholung im Neumaschinengeschäft rechnet das Management nun frühestens im vierten Quartal 2023 und auch die Nachfrage nach Ersatzteilen werde sich erst später im Jahr 2023 erholen.
Zunächst Abbau von 300 Stellen
Nun plant Rieter ein nächstes Sparprogramm. Es sei das Ziel, die Vertriebskompetenz und Kundennähe zu stärken, die Kosteneffizienz in der Produktion zu verbessern und die Fixkostenstrukturen zu optimieren. Dank ihm sollen die Kosten um rund 80 Millionen Franken pro Jahr gesenkt werden, wie es weiter hiess.
Das Programm sieht unter anderem den Abbau von rund 300 Stellen in Overhead-Funktionen vor. Weitere Anpassungen in der Grössenordnung von 400 bis 600 Stellen könnten aber nicht ausgeschlossen werden, so die Mitteilung. Aktuell beschäftigt das Unternehmen weltweit 5555 Mitarbeitende. Wo der Abbau stattfinden soll, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Die Massnahmen werden laut den Angaben zunächst im zweiten Halbjahr einmalige Kosten von 45 bis 50 Millionen Franken verschlingen.
Umsatz deutlich angestiegen
Die aktuelle Lage ist für Rieter trotz des Nachfragerückgangs allerdings noch vergleichsweise komfortabel, weil nach wie vor Bestellungen aus Boom-Zeiten abgetragen werden können. Und bei der Abarbeitung dieses Auftragsbestands, der per Mitte Jahr noch immer ein Volumen von rund 1,1 Milliarden aufwies, kommt die Winterthurer Gesellschaft gut voran.
Der Umsatz stieg um 22 Prozent auf 758,2 Millionen Franken. Und im Gegensatz zum Vorjahreszeitraum, als beim EBIT und Reinergebnis die gestiegenen Rohstoff- und Logistikpreise sowie Integrationskosten für rote Zahlen sorgten, arbeitet das Unternehmen derzeit profitabel.
Der EBIT kam bei 25,2 Millionen zu liegen und der Reingewinn bei 13,3 Millionen. Die EBIT-Marge lag allerdings mit 3,3 Prozent leicht unter dem zweiten Halbjahr 2022, als auch schon schwarze Zahlen resultiert hatten. Ein Grund dafür dürfte das Erdbeben in der Türkei gewesen sein, welches in dem wichtigen Absatzland zu einem massiven Umsatzrückgang führte.
Die Umsatzzahlen liegen leicht, die Gewinnzahlen klar unter den Erwartungen der Analysten.
EBIT-Marge 5-7 Prozent
Im Ausblick erwartet das Unternehmen im Gesamtjahr nach wie vor einen Umsatz auf Vorjahreshöhe (gut 1,5 Mrd). Bei der EBIT-Marge werden 5 bis 7 Prozent angepeilt. Dieser relativ hohe Wert enthalte allerdings auch positive Sondereffekte im Umfang von weniger als 2 Prozent, räumte die Gesellschaft ein.
Ein grosser positiver Sondereffekt ergibt sich durch den kürzlich angekündigten Verkauf des nicht mehr genutzten Fabrikareals in Winterthur. Dies werde den EBIT um 70 bis 75 Millionen Franken nach oben treiben, so die aktuelle Mitteilung. Ein grosser Teil dieses positiven Effekts wird nun aber durch die negativen Einmaleffekte infolge des Sparprogramms zunichte gemacht. (awp/mc/ps)