Rieter trotz jüngster Erholung mit viel tieferem Auftragseingang
Winterthur – Der Spinnereimaschinenhersteller Rieter hat trotz der Erholung im Sommer einen Taucher beim Auftragseingang hinnehmen müssen. In den ersten neun Monaten erreichte der Konzern einen Bestellungseingang von 425,1 Millionen Franken.
Das sind 19 Prozent weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum, wie das Winterthurer Traditionsunternehmen am Freitag in einem Communiqué mitteilte. Immerhin ging es nach dem Einbruch im Frühling wegen der Coronapandemie durch die Lockerung der Seuchenbekämpfungsmassnahmen wieder aufwärts. Im dritten Quartal konnte Rieter den Bestellungseingang auf 174,4 Millionen Franken steigern. Im Vorquartal waren lediglich Aufträge von 45,7 Millionen Franken hereingekommen.
Die bereits im Juni festgestellte Markterholung habe sich weiter fortgesetzt, schrieb Rieter. Dies zeige sich an der Kapazitätsauslastung der Spinnereien weltweit: Im April seien lediglich rund 40 Prozent der Spinnereien weltweit in Betrieb gewesen, Ende September dann wieder rund 90 Prozent.
Neumaschinengeschäft kommt am besten weg
Am besten hielt sich der Geschäftsbereich Maschinen & Systeme, der in den ersten neun Monaten aufgrund der positiven Entwicklung im dritten Quartal einen Bestellungseingang von insgesamt 234,5 Millionen Franken erreichte. Der relativ geringe Rückgang von 8 Prozent gegenüber Vorjahr sei darin begründet, dass das Neumaschinengeschäft bereits im Vorjahreszeitraum mit Investitionszurückhaltung zu kämpfen gehabt habe.
Der Geschäftsbereich Komponenten verzeichnete einen Rückgang von einem Drittel auf 116,6 Millionen Franken. Der Geschäftsbereich After Sales verbuchte mit 74,0 Millionen Franken einen um 23 Prozent tieferen Bestellungseingang. Hier zeigten sich die Auswirkungen der niedrigen Auslastung der Spinnereien vor allem im zweiten Quartal als Folge der Pandemie.
Insgesamt hatte Rieter Ende September Aufträge von 515 Millionen Franken in den Büchern (30. September 2019: 285 Millionen Franken). «Die Stornierungen lagen im normalen Rahmen bei rund 5 Prozent», teilte der Konzern weiter mit.
Erwartungen übertroffen
Mit den Zahlen hat Rieter die Erwartungen der Finanzgemeinde dank des Neumaschinengeschäfts übertroffen. Analysten hatten im Schnitt (AWP-Konsens) einen Auftragseingang von 411,3 Millionen Franken erwartet. Dabei lag das Neumaschinengeschäfts mit 234,5 Millionen deutlich über den Prognosen von 213,3 Millionen Franken.
Das Komponentengeschäft verfehlte dagegen mit 116,6 Millionen Franken die Erwartungen von 128,9 Millionen klar, während das After Sales-Geschäft mit 74 Millionen Franken in etwa so ausfiel wie vorhergesagt (75 Millionen).
Kurzarbeit in der Schweiz
Rieter hat ein Coronakrisenmanagement eingeführt. «Die Prioritäten liegen auf dem Schutz der Mitarbeitenden, der Einhaltung der Zusagen gegenüber den Kunden sowie der Sicherstellung der Liquidität.» Für das zweite Halbjahr habe Rieter in der Schweiz und in Deutschland 40 Prozent Kurzarbeit eingeführt. «Ähnliche Massnahmen wurden im Rahmen der verfügbaren gesetzlichen Möglichkeiten weltweit implementiert.»
Zur Sicherstellung der Liquidität verfügt Rieter per 30. September 2020 über liquide Mittel von 216,7 Millionen Franken und über nicht in Anspruch genommene Kreditlinien im mittleren dreistelligen Millionenbereich. Per Ende September betrug die Nettoverschuldung 1,2 Millionen Franken.
Wie bereits bekannt gegeben, erwartet Rieter bei Umsatz und Profitabilität ein stärkeres zweites Halbjahr im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020. Dennoch werde der Konzern aufgrund kundenseitig verschobener Auslieferungen auch das zweite Halbjahr und somit das Gesamtjahr 2020 mit einem Nettoverlust abschliessen.
Die Visibilität bezüglich Umsatz und Profitabilität für das zweite Halbjahr 2020 sei wegen der bestehenden Unsicherheiten nach wie vor gering. «Rieter verzichtet daher auf konkretere Angaben zum Gesamtjahr 2020», schrieb der Konzern. (awp/mc/pg)