Zürich – Die Risiken für die Entwicklung der Schweizer Wirtschaft sind gestiegen. Vor allem Energiesanktionen gegen Russland, Probleme in den globalen Lieferketten und die hohe Inflation gefährden die Konjunktur.
Das grösste Risiko für Europa und indirekt auch die Schweiz stelle derzeit eine Unterbrechung der Energie- und insbesondere Gaslieferungen aus Russland dar, heisst es in dem am Donnerstag veröffentlichen «UBS Outlook Schweiz». Werde ein solches Embargo eingeführt, dürfte die Eurozone kurzfristig in eine Rezession abrutschen. «Wir sind in einer Zeit grosser Unsicherheiten», sagte Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz, bei der Präsentation der Studie.
Die Schweiz werde von Energiekürzungen zwar weniger stark betroffen sein, aber eine starke Konjunkturabkühlung beim wichtigsten Handelspartner dürfte auch hierzulande zu einer starken Abschwächung führen, meinen die Ökonomen der Grossbank. Gebe es kein Energieembargo, sei hingegen ein «solides Wachstum» in Europa zu erwarten, wenn auch dieses nicht mehr so stark ausfallen dürfte wie zu Jahresbeginn erhofft.
Verschärfung der Lieferkettensituation
Gegenwind für die Schweizer Konjunktur gibt es derzeit auch durch Engpässe bei den globalen Lieferketten. Kurzfristig erwarten die Ökonomen diesbezüglich sogar eine weitere Verschärfung der Lage durch die Energiesanktionen gegen Russland und die Corona-Massnahmen in China.
Der starke Anstieg der Ölpreise hat auch die Inflation auf neue Höchststände getrieben. Die weitere Entwicklung hängt aber auch hier von der Entwicklung an den Rohstoffmärkten ab. Gemäss den UBS-Experten könnte die Inflation ihren Zenit im ersten Halbjahr überschreiten, wenn die europäischen Sanktionen nicht zu einem kompletten Stopp von russischer Energie nach Europa führen.
Wichtig für den weiteren Verlauf der Inflation wird auch die nachholende Entwicklung bei den Löhnen sein. Laut der Prognose ist das Risiko für eine weitere Befeuerung der Inflation durch sogenannte Zweitrundeneffekte in der Schweiz derzeit aber geringer als etwa in den USA.
Leitzinserhöhungen erwartet
Durch die hohe Inflation seien auch die Zentralbanken weltweit gefragt. Erst am Mittwoch erhöhte etwa die US-Notenbank Fed die Leitzinsen um 0,50 Prozentpunkte auf eine Spanne von 0,75 bis 1,0 Prozent. Bis Jahresende prognostizieren die UBS-Ökonomen sogar einen Anstieg auf über 2 Prozent.
Bei der Europäische Zentralbank gehen die Ökonomen derweil von zwei Zinsschritten bis Jahresende aus. Im Windschatten dieser Entscheidungen könnte auch die Schweizerische Nationalbank die Leitzinsen gegen Jahresende erhöhen. Bis März 2023 erwarten die UBS-Ökonomen einen Anstieg des Leitzinses von derzeit -0,75 Prozent auf -0,25 Prozent.
Auch der Euro dürfte den UBS-Ökonomen zufolge in den nächsten Quartelen leicht aufwerten. Sollte sich die Konjunktur jedoch abkühlen, dann dürfe die SNB an den Devisenmärkte bald wieder gefordert sein, heisst es weiter. «Die SNB ist bei der Bekämpfung der Inflation im internationalen Vergleich wenig gefordert, aber der starke Franken könnte für sie wieder zur Herausforderung werden», schätzt UBS-Ökonom Alessandro Bee.
Konkret erwartet die UBS für das laufende Jahr (unverändert zur letzten Prognose) ein BIP-Wachstum von 2,5 Prozent und für 2023 ein solches von 1,5 Prozent. Die durchschnittliche Jahresinflation wird bei 2,2 bzw. 0,7 Prozent gesehen. (awp/mc/ps)