Roche setzt zunehmend auf Personalisierte Medizin
Roche-CEO Severin Schwan.
Basel- Der Pharmakonzern Roche setzt bekanntlich seit einiger Zeit zunehmend auf die Personalisierte Medizin. Dabei werden zusammen mit begleitenden Diagnostik-Tests jene Patienten-Untergruppen bestimmt, die auch wirklich auf die angebotenen Therapien ansprechen. «Derzeit machen Produktkandidaten für die Personalisierte Medizin die Hälfte unserer späten klinischen Entwicklungspipeline aus, sechs von zwölf Produktkandidaten.
In früheren Entwicklungsphasen sind es mehr als die Hälfte», sagte CEO Severin Schwan am Media Briefing «Personalised Healthcare – From Vision to Reality» am Donnerstag in Basel. Aus Sicht der Versicherer wies Thomas Szucs, VR-Präsident von Helsana, auf die ökonomischen Vorteile des neuen Ansatzes hin. «In fünf bis zehn Jahren werden wir die Hälfte unserer Verkäufe mit Produkten für Personalisierte Medizin erzielen», prognostiziert CEO Schwan weiter. «Die Hälfte unserer spätklinischen Pipeline sind personalisierte Therapien. Diese kommen in zwei bis drei Jahren auf den Markt und brauchen danach nochmals zwei bis drei Jahre um umsatzmässig zu wachsen», detaillierte der CEO im Gespräch mit AWP seine Prognosen.
Neuer Ansatz für Lungenkrebs-Therapien
Neben den Therapien gegen HER2-positiven Brustkrebs mit Herceptin sowie dereinst Pertuzumab und T-DM1 sowie Zelboraf gegen schwarzen Hautkrebs wurden noch Lebrikizumab bei unkontrolliertem, schweren Asthma sowie Projekte im Bereich Erkrankungen des Zentralnervensystems im Detail vorgestellt. Auch anhand von Lungenkrebs-Therapien wurde der Ansatz präsentiert. Von Pertuzumab sowie später T-DM1 bei HER2-positivem Brustkrebs verspricht sich Roche sehr viel. «Die Wirksamkeit der Therapie von HER2-positivem Brustkrebs konnte mit der Kombination von Herceptin und Pertuzumab ziemlich dramatisch gesteigert werden», sagte der CEO weiter. «Langfristig wollen wir T-DM1 und Pertuzumab kombinieren. Dies wird die Standardtherapie für HER2-positiven Brustkrebs dramatisch verändern», so der CEO weiter.
F&E von Beginn an mit Diagnostik
In der Forschung und Entwicklung werden Pharma-Produktkandidaten gemäss CEO Schwan bereits in frühen Phasen zusammen mit der Diagnostik auf Biomarker bzw. diagnostische Tests hin geprüft. Diese Tests seien allerdings nicht immer erfolgreich, wie auch der Bereich Stoffwechselerkrankungen mit Diabetes zeige, hiess es weiter. Damit sei der finanzielle Aufwand am Anfang zwar höher, dank Stratifizierung, der Eingrenzung der Patienten mittels Begleit-Diagnostik, danach aber geringer. «Wir behandeln in Studien nur noch jene Patienten, die auf die Prüfpräparate auch ansprechen, und haben damit schneller eine statistische Signifikanz erreicht» so der CEO weiter.
Asthma und Zentralnervensystem
Diagnostik-COO Daniel O’Day wies zudem auf die Bedeutung korrekter Diagnose hin. «Bei HER2-positivem Brustkrebs beträgt die Fehldiagnose immer noch zwischen 10 und 20%». Diese Rate könne unter anderem durch verstärkte Automation gesenkt werden. Die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Pharma und Diagnostik unterstreicht auch die Anzahl gemeinsamer Projekte. Derzeit würden 169 solche Projekte verfolgt; 2009 waren es noch 101, hiess es. Als weitere Beispiele vielversprechender Personalisierter Medizin wurden Lebrikizumab zur Therapie von unkontrolliertem, schweren Asthma sowie Gantenerumab bei Alzheimer-Erkrankung und Bitopertin bei Schizophrenie angeführt. In diesem Bereich wird auch an einer Therapie für Autismus-Erkrankungsformen geforscht. Die Häufigkeit von Schizophrenie sowie Autismus in verschiedenen Formen wurde je mit einem Krankheitsfall pro 100 Menschen angegeben.
Für das Asthma-Medikament wird 2012 mit klinischen Phase-III-Studien begonnen. Gemäss Sean Bohen von Roche/Genentech Research and Early Development soll das Produkt 2015/16 auf den Markt kommen. Die Produktkandidaten bei Schizophrenie und Alzheimer befinden sich in Phase III und könnten laut Luca Santarelli, Leiter Neuroscience, ab 2014 auf den Markt gebracht werden. Derzeit laufen 15 Projekte im Bereich Neurowissenschaften.
Vorteile für Versicherer
Für Helsana-VRP Thomas Szucs stellt die Personalisierte Medizin eine sehr gute Gelegenheit dar, die Effizienz zu verbessern. Es könne nicht sein, dass wir für Behandlungen bezahlen, von denen wir wissen, dass die Hälfte der Patienten darauf nicht anspricht, so Szucs gegenüber AWP. Es lasse sich empirisch zeigen, dass die Personalisierte Medizin ihr Geld wert sei. Künftig seien flexiblere Entschädigungsmodelle nötig, so der Helsana-VRP weiter. Diagnostik- und Medikamentenkosten machen allerdings nur rund 10% der Gesundheitskosten aus. Mehr Kostensenkungspotenzial sieht Szucs im Bereich stationärer und ambulanter Spitalpflege. (awp/mc/ps)