Bern – Wintersturm «Sabine» hat im Verlauf des Dienstagnachmittags nachgelassen. Die Böen hinterliessen ihre Spuren und beschädigten schweizweit tausende Häuser. Versicherer rechnen damit, dass «Sabine» höhere Schäden als Sturmwind «Petra» angerichtet hat.
Trotz hohen Windspitzen auch im Flachland sind die einzelnen Schäden klein. Typische Schadensbilder seien beschädigte Dächer oder Dachziegel und Gebäudeschäden durch umgestürzte Bäume, hiess es auf Anfrage von Keystone-SDA bei Versicherern.
«Sabine» wütete stärker als der Wintersturm «Petra», der Anfang Februar über die Schweiz zog, wie die Versicherer sagten. Sie sprachen von zwei oder gar drei Mal höheren Schäden. Die Schätzungen von AXA, Allianz Suisse und Helvetia bewegten sich im Rahmen von vier bis sechs Millionen Franken. Der Sprecher von Allianz Suisse wies darauf hin, dass derzeit viele Menschen in den Ferien sind und die Meldungen noch weiter steigen könnten.
Bei den Gebäudeversicherungen ist die Höhe der gemeldeten Gebäudeschäden unterschiedlich. In Bern (GVB) wurden 1000 Schäden gemeldet, sie erwartet noch fünf Mal mehr Meldungen. Im Kanton Zürich beschädigte «Sabine» nach Schätzungen der kantonalen Gebäudeversicherung (GVZ) an die 3000 Gebäude. Die GVZ geht von einer Schadenssumme von 5 bis 6 Millionen Franken aus.
Die Basellandschaftliche Gebäudeversicherung geht von einem Schaden von geschätzt 3,5 Millionen Franken aus, es seien über tausend Meldungen eingegangen. Die Gebäudeversicherung Bern stellte zudem einen Vergleich zur Verfügung: Bei den drei Sturmwinden «Sabine», «Petra» und «Lolita» rechnet die GVB mit rund 11’000 Schadenmeldungen mit einer Gesamtsumme von 20 Millionen Franken.
Bei Burglind im Januar 2018 waren es rund 20’000 Schadensmeldungen (35 Millionen Franken) und beim Lothar im Jahr 1999 rund 46’000 Meldungen mit einer Gesamtsumme von rund 310 Millionen Franken.
Böe von «Sabine» führte zu Waldbrand
«Sabine» hielt die Einsatzkräfte auf Trab. In der Nidwaldner Gemeinde Ennetmoos wurde wegen einer Böe eine Hauptstromleitung heruntergerissen, wodurch es durch den Kontakt der Leitung mit Bäumen zu einem Glimmbrand auf einer Fläche von 400 Quadratmetern kam. Die Feuerwehr habe den Brand unter Kontrolle gebracht. Es kam zu einem Stromausfall. Die betroffenen Gebiete konnten rasch mit Notstromaggregaten versorgt werden. Insgesamt waren rund 1400 Haushalte vom Stromunterbruch betroffen.
Gemeldet wurden vor allem Bäume auf Strassen, beschädigte Dächer und im Berner Seeland gekenterte Schiffe. In Sursee LU kollidierte ein Autofahrer mit einer Tanne, die unmittelbar vor der Durchfahrt des Fahrzeugs auf die Strasse gefallen war. Der Wagen kippte auf die Seite, der Lenker blieb unverletzt.
In den Wäldern der Ortsbürgergemeinde St. Gallen wurden rund 1500 Kubikmeter Holz geworfen. Dies entspricht einem Sechstel der Jahresnutzung.
Bei der Kollision eines Autos mit dem Anhänger eines leichten Anhängerzugs wurde dabei in Les Montets FR ein 36-jähriger Automobilist getötet. Die Freiburger Kantonspolizei geht davon aus, dass starker Wind den hinteren Teil des Anhängerzugs auf die Gegenfahrbahn wehte. Einer Polizeimitteilung zufolge ereignete sich der Unfall am Ausgang eines Waldes.
202 Stundenkilometer auf dem Gütsch
«Sabine» liess tagsüber nach. In der Nacht zuvor riss sie mit Windböen viele Menschen aus dem Schlaf. Die stärkste Böe wurde auf dem Gütsch ob Andermatt UR gemessen. Sie brachte es auf 202 Stundenkilometer. Auf dem Jungfraujoch im Berner Oberland wurden 193 Stundenkilometer (km/h) gemessen und auf dem Ostschweizer Gipfel Säntis 188 km/h.
Im Flachland wurden verbreitet Windgeschwindigkeiten von 70 bis 90 km/h registriert. Damit ist die zweite heftige Phase von Wintersturm «Sabine» etwas schwächer gewesen als die erste vom Montagmorgen. Starke Böen gab es aber dennoch: In Mühleberg-Stockeren BE auf 775 Metern über Meer wurden 130 km/h gemessen, in Brienz BE 124 km/h.
Etliche gesperrte Strassen
Zunächst waren auch am Dienstag noch etliche Strassen gesperrt. Gar bis am Freitagabend soll etwa die Hauptstrasse Bern – Murten zwischen Buchselen und Murten wegen umgestürzten Bäumen gesperrt bleiben, wie dem Verkehrsinfo des TCS zu entnehmen war.
Auch auf dem Schienennetz gab es am frühen Dienstagmorgen mehrere Unterbrüche, namentlich im Jura. Wegen umgestürzter Bäume waren im Berner Jura die Bahnstrecke Court-Moutier BE und im Zürcher Oberland die Strecke Winterthur-Rüti ZH seit Montag unterbrochen. Wegen eines Hindernisses auf dem Gleis unterbrochen war auch die Brünigpass-Bahnlinie, wie die Zentralbahn auf ihrer Webseite mitteilte. Es verkehrten Ersatzbusse.
«Sturmfrei»
«Sabine» machte sich auch am Dienstag in Schulen bemerkbar. Einige Kinder hatten wie bereits am Montag «sturmfrei». Im Kanton Basel-Landschaft etwa entschieden Krisenstab und Amt für Volksschulen, es auch am Dienstag den Eltern zu überlassen, ob sie wegen des Sturmes ihre Kinder in die Schule schicken wollen.
Die Sturmwarnung der Stufen 3 respektive 4 wurden am Dienstag aufgehoben. In den Bergen rechnete Meteoschweiz aber noch bis gegen Mitternacht mit Böen von 100 bis 140 km/h. Weiterhin aktiv war daher eine Warnung der Stufe 2 bis 20 Uhr, für die Berge ebenfalls eine Warnung der Stufe 2 bis Mitternacht. (awp/mc/ps)