Schweiz soll sich bei Konzernverantwortung international ausrichten

Schweiz soll sich bei Konzernverantwortung international ausrichten
(Foto: konzernverantwortung.ch)

Bern – Schweizer Konzerne und ihre Tochterfirmen sollen im Inland und im Ausland Menschenrechte und Umweltschutz respektieren müssen. Die Koalition für Konzernverantwortung hat dazu eine neue Volksinitiative lanciert. Diese fordert, dass die Schweiz sich an internationalen Leitlinien und EU-Vorschriften orientiert.

Damit das Begehren zustande kommt, muss die Koalition bis 7. Juli 2026 100’000 gültige Unterschriften sammeln. Sie will dieses Ziel allerdings weit schneller erreichen und damit einen Sammelrekord aufstellen: Innerhalb von lediglich dreissig Tagen sollen die Unterschriften zusammenkommen.

Der Koalition gehören rund 90 Menschenrechts- und Umweltorganisationen sowie Hilfswerke an. Am Dienstag stellten ihre Vertreterinnen und Vertreter in Bern die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Grossunternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» oder kurz Konzernverantwortungsinitiative den Medien vor.

Neue Ausgangslage
Eine erste Konzernverantwortungsinitiative schaffte 2020 zwar das Volks-, aber nicht das Ständemehr. Die für die neue Initiative verantwortliche Koalition kritisierte die daraufhin in Kraft gesetzten Gesetzesbestimmungen mehrfach als ungenügend.

Sie will Bundesrat und Parlament nun beim Wort nehmen. Bei der Beratung der ersten Initiative habe die damalige Justizministerin Karin Keller-Sutter gesagt, dass die Rahmenbedingungen für Konzerne international einheitlich sein sollten, sagte der frühere FDP-Staatsrat und Nationalrat Claude Ruey (VD) vor den Medien.

Die Lage sei eine andere als bei der Lancierung der ersten Initiative. Mehrere europäische Länder nähmen Grosskonzerne mittlerweile gesetzlich in die Pflicht. Und die EU habe 2024 eine Sorgfaltsrichtlinie verabschiedet.

«Die Schweiz darf diese Diskussion nicht verschlafen und ein Land ohne Konzernverantwortung werden», forderte Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (SO). Die Initiative sei eine Einladung zur Diskussion an Bundesrat und Parlament.

Die meisten Schweizer Grosskonzerne arbeiteten sorgfältig und achteten die Uno-Nachhaltigkeitsziele, sagte Andreas Lustenberger, Geschäftsleitungsmitglied von Caritas Schweiz. «Aber nicht alle.» Immer wieder verletzten Konzerne Menschenrechte und grundlegende Umweltbestimmungen.

250 bis 350 Unternehmen betroffen
Gelten sollen die neuen Pflichten für Schweizer Konzerne nach den Vorstellungen des Initiativkomitees für Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Franken Umsatz. Die Koalition schätzt, dass 250 bis 300 Unternehmen von den Anforderungen der Initiative betroffen sind.

Allerdings sollen auch kleinere Unternehmen, die in Hochrisiko-Bereichen wie dem Rohstoffhandel arbeiten, in die Pflicht genommen werden können. Ausnehmen will die Koalition dagegen KMU-Betriebe. Diesen umstrittenen Punkt habe die erste Initiative noch enthalten, sagte der Aargauer GLP-Nationalrat Beat Flach.

«Jedes Unternehmen muss definieren, wo es bei seiner Tätigkeit Risiken für die Menschenrechte und den Umweltschutz sieht, nach seinen Möglichkeiten und in seinem Einflussbereich», sagte Kathrin Amacker, Präsidentin von Fairtrade Max Havelaar und ehemalige Mitte-Nationalrätin. Entsprechend müssten Massnahmen ergriffen werden.

Umsetzung innert zweier Jahre
Die Initiative fordert, dass sich Konzerne und ihre Tochterfirmen auch im Ausland an Sorgfaltspflichten zu Menschenrechten und Umweltschutz sowie an international vereinbarte Temperaturziele halten müssen. Verpflichtet werden sollen sie zudem, direkte und indirekte Treibhausgas-Emissionen zu senken.

Eine unabhängige Aufsicht soll in Stichproben prüfen, ob die Vorgaben eingehalten werden und gegebenenfalls Sanktionen aussprechen. Verursachen Unternehmen oder von ihnen kontrollierte Firmen Schäden, sollen sie haften müssen.

Wer von Menschenrechtsverletzungen betroffen ist, soll vor Gericht Klage gegen Unternehmen führen können. Der Initiativtext fordert dazu eine «angemessene Regelung für die Erbringung von Beweisen.»

Die Gesetzesbestimmungen für die Umsetzung der Initiative müsste das Parlament spätestens zwei Jahre nach dem Ja zur Initiative verabschieden. Mit dieser Frist wollen die Initiantinnen und Initianten betonen, dass sie das Anliegen als dringlich einstufen. (awp/mc/ps)

Koalition für Konzernverantwortung

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