SATW-Studie: Schweizer Industrie verliert an Innovationskraft

SATW-Studie: Schweizer Industrie verliert an Innovationskraft
(Foto: yanlev - Fotolia.com)

Zürich – Die Zahl der Schweizer Industriefirmen, die in Forschung und Entwicklung (F&E) investieren, hat von 1997–2014 abgenommen. Dies ist eine der Hauptaussagen einer neuen Studie der SATW.

Die Schweiz belegt in internationalen Innovationsstudien und -Rankings regelmässig Topplatzierungen und zählt zu den innovativsten Ländern weltweit. Solche Studien beurteilen aber die gesamte Volkswirtschaft inklusive aller Rahmenbedingungen und sagen wenig über die Innovationskraft einzelner Industrieklassen aus. Die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) hat deshalb die Innovationskraft genauer untersucht und dabei Beunruhigendes festgestellt. Schweizer Industrieunternehmen, insbesondere KMU, scheinen zunehmend Innovationskraft und Konkurrenzfähigkeit einzubüssen. Das sind schlechte Nachrichten für ein Land, das auf eine international konkurrenzfähige Exportindustrie angewiesen ist.

Weniger Firmen, weniger Forschung, weniger im Inland
Die Studie basiert auf den Daten der Innovationsumfrage der Konjunkturforschungsstelle KOF, welche aktuell bis und mit ins Jahr 2014 vorliegen. Auffällig ist, dass es immer weniger Schweizer Industriefirmen gibt. Diese Entwicklung zeigt auch der Swiss Engineering Index: die Schweiz verliert seit sechs Jahren jährlich rund 4000 Vollzeitstellen im Industriesektor. Besorgniserregend ist, dass von 1997–2014 viele KMU ihre F&E-Anstrengungen im In- und Ausland reduzierte (siehe Grafik 1). Besonders stark betroffen sind die NOGA1 -Klassen Chemie, Maschinen, Metallerzeugnisse, Textil/Bekleidung und Uhren. Zum Teil ist auch eine Abwanderung der F&E-Aktivitäten ins Ausland erkennbar, etwa bei KMU der Klassen Elektrotechnik und Metallherstellung.

Grafik 1: Entwicklungstrends des Anteils von Schweizer KMU verschiedener NOGA-Klassen mit F&E in der Schweiz und im Ausland 1997–2014 (Änderung in % des Ausgangswerts).

Einige besonders geforderte Industrieklassen
Die Studie zeigt, wie erfolgreich die F&E-Anstrengungen von Schweizer Industrieunternehmen in Bezug auf neue Produkte sind. Die Resultate für den beobachteten Zeitraum (2001–2014) werden in einer Portfolio-Darstellung präsentiert (siehe Grafik 2). Auf der x-Achse wird die Änderung des Umsatzanteils der F&E-Ausgaben aufgeführt, auf der y-Achse die Änderung des Umsatzes mit neuen Produkten. Während sich die F&E-Anstrengungen bei den KMU in einigen Klassen wie Pharma, Holz oder Metallerzeugnisse gelohnt haben, sah es in den Klassen Elektronik/Instrumente, Maschinen oder Chemie weniger gut aus. Dort sanken die Umsätze der KMU mit neuen Produkten, trotz prozentual höheren F&E-Ausgaben. Beunruhigend ist der Befund für KMU der Klasse Textil/ Bekleidung: Sie haben die F&E-Ausgaben prozentual reduziert und ihre Umsätze mit neuen Produkten sind gesunken. Veränderte Rahmenbedingungen, stärkere Konkurrenz oder wegbrechende Märkte sind mögliche Ursachen.

Grafik 2: Änderung Umsatzanteil F&E-Ausgaben sowie Umsatz mit neuen Produkten 2001–2014 bei KMU verschiedener NOGA-Klassen

 Stärkung der angewandten Forschung und Entwicklung
Die öffentliche Hand finanziert in der Schweiz die universitäre Forschung. Industrieunternehmen tragen ihre Forschungsaufwendungen selber. Dieses Modell scheint an seine Grenzen zu stossen. Die Resultate der Studie legen nahe, dass insbesondere KMU der Schweizer Industrie vermehrt Mühe haben, die hohen Kosten für F&E zu tragen. Diejenigen, die das Risiko dennoch eingehen, sind immer seltener erfolgreich sind. Grössere Unternehmen lagern die Forschung in Länder aus, die vermehrt staatliche Anreize dafür bieten. Diese Entwicklungen müssen nachdenklich stimmen. Angesicht der staatlichen Industrieförderung, welche die Mehrheit der führenden Industrieländer betreibt, muss die politische Debatte geführt werden: Muss der Bund die einheimischen Industrieunternehmen in ihren Innovationsanstrengungen stärker unterstützen und entsprechende Förderanreize setzen? (SATW/mc/hfu)

1 «Allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige» bzw. «Nomenclature Générale des Activités économiques» (NOGA), Bundesamt für Statistik

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Die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften SATW ist das bedeutendste Expertennetzwerk im Bereich Technikwissenschaften in der Schweiz und im Kontakt mit den höchsten Schweizer Gremien für Wissenschaft, Politik und Industrie. Das Netzwerk besteht aus gewählten Einzelmitgliedern, Mitgliedsgesellschaften sowie Expertinnen und Experten. Die SATW identifiziert im Auftrag des Bundes industriell relevante technologische Entwicklungen und informiert Politik und Gesellschaft über deren Bedeutung und Konsequenzen. Als Fachorganisation mit hoher Glaubwürdigkeit vermittelt sie unabhängige, objektive und gesamtheitliche Informationen über die Technik – als Grundlage für eine fundierte Meinungsbildung. Die SATW fördert auch das Technikinteresse und -verständnis in der Bevölkerung, insbesondere bei Jugendlichen. Sie ist politisch unabhängig und nicht kommerziell. www.satw.ch

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