SBB trennt sich vom defizitären Reisebürogeschäft

SBB trennt sich vom defizitären Reisebürogeschäft

SBB-Reisebüro im Bahnhof Bern. (Foto: SBB)

Bern – Der stets härter umkämpfte Reisemarkt bewegt die SBB zum Handeln: Sie zieht die Notbremse und trennt sich Ende 2015 vom verlustreichen Geschäft mit Flugreisen, Badeferien und Kreuzfahrten. Betroffen sind rund 80 Vollzeitstellen, Entlassungen gibt es nicht.

Die SBB-Reisebüros werden per Jahresende geschlossen, teilte das Bahnunternehmen am Dienstag mit. Die Nachfrage sei seit längerem rückläufig. Derweil nehme der Trend zur Onlinebuchung wie in der ganzen Reisebranche weiter stark zu.

«Das Reisebürogeschäft konnte nur mit Verlust betrieben werden», schreibt die SBB. Bereits 2007 hatten sich die SBB-Reisebüros im Gegenwind befunden. Das Bahnunternehmen teilte die damals rund 200 Standorte je nach Umsatz in A- und B-Filialen mit unterschiedlichem Angebot auf. Auch im laufenden Jahr rechnet die SBB in diesem Bereich mit einem Minus im einstelligen Millionenbereich.

«Um die Reisebüros weiterhin betreiben zu können, wären hohe Investitionen nötig.» Wobei auch damit die Chancen auf schwarze Zahlen sehr gering seien. Selbst grosse Anstrengungen bei der Vermarktung und der Produktgestaltung hätten zuletzt nicht gefruchtet.

Vom Ausstieg aus dem Reisebürogeschäft ist der bediente Verkauf der SBB nicht betroffen: «Schalter werden keine abgebaut, lediglich der Verkauf von Reisen wird eingestellt.» Die rund 80 Vollzeitstellen werden aufrechterhalten. «Entlassungen gibt es keine.» Darauf habe sich die SBB mit den Sozialpartnern verständigt.

Kombiangebote weiterhin am Schalter buchbar
Nicht betroffen von der Massnahme sind alle anderen SBB-Dienstleistungen wie nationale und internationale Bahnreisen, Gruppenreisen sowie Change und Western Union. Diese können laut SBB weiterhin an den Schaltern und online genutzt werden.

Auch Bahnreisen in Kombination mit Hotelübernachtungen bietet das Unternehmen weiterhin online an. Buchbar am Schalter bleiben zudem Bahn-Kombiangebote für Tagesausflüge. Dazu zählen beispielsweise Bahnbillette in Kombination mit dem Eintritt in den Zoo oder Tageskarten für Skigebiete.

Bereits in SBB-Reisebüros gebuchte Reisen mit Rückreisedatum im 2015, die von verschiedenen Reiseveranstaltern organisiert werden, werden laut SBB wie geplant durchgeführt. Die Kunden würden in den nächsten Tagen persönlich kontaktiert und erhielten Auskunft in ihrem lokalen SBB-Reisebüro. Bis Ende Jahr könnten auch weiterhin die meisten Reisen mit Rückreisedatum bis Ende Dezember gebucht werden.

Sorgen und Chancen
Die SBB will gemäss eigenen Angaben auch mittelfristig die Zahl der bedienten Schalter nicht wesentlich reduzieren – selbst wenn der Trend zum selbstbedienten Verkauf anhalte und heute bereits drei von vier Billetten über Automaten oder als E-Tickets gelöst würden.

Trotzdem zeigt sich die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) über den «erneuten Abbau von Dienstleistungen am Bahnhof» besorgt. «Die Schliessung der Reisebüros ist fragwürdig.» Der persönliche Kontakt zwischen Kundinnen und Kunden und dem Verkaufspersonal sei eine Stärke der Bahn und unentbehrlicher Bestandteil des Service public.

Der SEV erwartet, dass die Attraktivität der Bahnschalter entsprechend aufgewertet wird. Mit der Übernahme des Reisebüro-Personals in den bestehenden Verkaufsteams sollte es laut den Gewerkschaftern auch möglich sein, die teilweise unzumutbaren Wartezeiten und die hohe Belastung des Personals an den Schaltern zu reduzieren.

Das liberale Konsumentenforum (kf) hofft, dass bei der SBB nun Kapazitäten frei werden, um sich noch stärker auf die Kernaufgaben fokussieren zu können. «Probleme wie überfüllte Züge zu Stosszeiten sind als nächstes zu lösen», teilte die Konsumentenorganisation mit. (awp/mc/upd/ps)

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