Zürich – Die SBB will mit der Digitalisierung die Kapazität auf dem schon stark belasteten Netz um bis zu 30% erhöhen. Auf Innovationen setzt die Bahn auch im Schienengüterverkehr.
Die Mobilität erlebt einen tief greifenden Wandel. «Die Bedürfnisse der Kunden ändern sich, und neue Anbieter drängen in den Markt. Die Fernbusse sind nur ein Vorbote dieser Entwicklung», sagte SBB-Chef Andreas Meyer am Montag in Zürich vor den Medien.
Aufgrund des sich schnell verändernden Umfeldes hat die SBB ihre Visionen zur Zukunft der Mobilität in einer «Strategie 2020» skizziert. Auch in Zukunft setze das Unternehmen auf die Stärken der Bahn, betonte Meyer. Dazu gehörten hohe Effizienz und grosse Beförderungskapazität in Ballungszentren.
Als treibende Kraft im öffentlichen Verkehr, die sie auch in Zukunft bleiben werde, wolle die SBB ihre Funktion als vertrauenswürdiger Mobilitätsdienstleister und attraktiver Entwicklungspartner verstärken. Die grösste Herausforderung liege darin, die Angebote an die Kundenbedürfnisse anzupassen. Gefragt seien zunehmend «individualisierte, intermodale, vernetzte und einfache Mobilitäts- und Logistiklösungen».
Derzeit beschäftigen sich bei der SBB 25 Mitarbeitende mit der Zukunft der Mobilität und tüfteln an innovativen Lösungen, die möglichst schnell zur Marktreife gebracht werden sollen. Zentral seien gezielte Investitionen. Es gelte mit möglichst wenig viel zu erreichen, damit der öffentliche Verkehr bezahlbar bleibe, sagte der SBB-Chef.
Meyer zeigte sich überzeugt, dass mit der Bahntechnik der Zukunft noch einiges aus der bestehenden Bahninfrastruktur herausgeholt werden kann. So erlaubt ab 2025 die Digitalisierung den Einsatz von mehr Zügen, einen dichteren Fahrplantakt, bessere Funkverbindungen sowie eine genauere Kundeninformation im Störungsfall.
Um die Innovationskraft zu steigern, hat die Bahn ein konzernübergreifendes Innovationsmanagement geschaffen und einen Innovationsfonds eingerichtet, der mit 12 Mio CHF dotiert ist. Bei der Entwicklung von innovativen Lösungen will die SBB mit verschiedenen Partnern wie beispielsweise Google, ETH und Universität Zürich zusammenarbeiten.
Ferngesteuerte Züge
Die SBB müsse bezüglich Innovationen mutiger werden und das eine oder andere selbst anpacken, betonte Meyer. Derzeit gebe es auch Überlegungen zu Versuchen mit ferngesteuerten Zügen. Wann und wo erste Tests durchgeführt werden könnten, wollte der SBB-Chef noch nicht verraten. Prädestiniert für Testfahrten könne allenfalls eine Strecke zwischen Neuenburg und La-Chaux-de-Fonds sein.
Auf diese Absicht der SBB reagierte Pro Bahn mit Skepsis. Der Verzicht auf Lokführer sei und bleibe ein Wunschtraum, schreibt die Interessenvertretung der Bahnkunden in einer Mitteilung. Wie im Flugzeug brauche es auch bei der Bahn einen Menschen im Cockpit, der bei unvorhersehbaren Zwischenfällen eingreifen könne.
Ein grosses Effizienzsteigerungs-Potenzial sieht SBB Cargo beim Güterverkehr. Um die Effizienz zu steigern, werden derzeit Versuche mit neuartigen Güterwagen durchgeführt. Diese sind unter anderem mit automatischen Kupplungen ausgerüstet und sollen künftig das An- und Abkuppeln durch Rangierarbeiter überflüssig machen.
Mehr präventiver Unterhalt
Tests laufen zudem mit verschiedenen Sensoren, die in Güterwagen installiert sind und Temperatur, Erschütterung und die Position des Rollmaterials registrieren. Transportkunden können so erfahren, in welchem Zustand ihre Ware ist, wo sie sich gerade befindet und ob sie pünktlich ankommt.
Einzug gehalten hat die Digitalisierung auch beim Unterhalt der Schieneninfrastruktur. Dank einem neu entwickelten System habe der präventive Unterhalt seit 2010 stark gesteigert werden können, sagte Jochen Holzfeind von SBB Infrastruktur. Ziel sei es, Schäden an Gleisen gar nicht erst entstehen zu lassen. (awp/mc/upd/ps)