Bern – Knapp neun von zehn SBB-Kunden haben im Jahr 2011 ihren Zielort mit weniger als drei Minuten Verspätung erreicht – Rekord. Trotzdem bestehen immer mehr unzufriedene Zugreisende auf ihren Fahrgastrechten. Die SBB musste so viele Dossiers wie noch nie behandeln.
Annähernd eine Million Menschen fahren jeden Tag mit der SBB. Dies im vergangenen Jahr so pünktlich wie noch nie. 2011 erreichten die Reisenden in 89,8 Prozent der Fälle ihr Ziel mit weniger als drei Minuten Verspätung. Das bedeutet einen Allzeitrekord, wie die «SBB-Zeitung» Ende Januar mitteilte. Und trotzdem: Die Beschwerden von SBB-Kunden häuften sich im vergangenen Jahr. Über 25’000 Fahrgastrechtbeschwerden wurden 2011 bei der SBB eingereicht, wie Sprecher Christian Ginsig auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda eine Meldung der «NZZ am Sonntag» bestätigte. Das ist eine Steigerung von rund 30 Prozent (2010: 19’800).
2,2 Mio CHF für Entschädigungen oder Rückerstattungen
So hätten Kunden beispielsweise wegen Verspätung oder anderer Missstände ihr Geld zurückverlangt. Der Kundendienst der SBB zahlte im Jahr 2011 total rund 2,2 Millionen Franken an Entschädigungen oder Rückerstattungen aus, sagte Ginsig. Für 100’000 Franken entschädigte die SBB ihre Kunden für verlorenes oder beschädigtes Gepäck. Und sie wendete eine halbe Million dafür auf, gestrandeten Passagieren nachts die Taxifahrt nach Hause oder ein Bett im Hotel zu bezahlen.
Vor allem internationaler Verkehr betroffen
Nur 30’000 von 700’000 Franken Entschädigungen für Fahrgastrechte gehen jedoch auf das Konto der nationalen Verbindungen. «Dieser Wert blieb stabil», sagte Ginsig der sda. Die restlichen 670’000 Franken bezahlte der SBB-Kundendienst für Verspätungen und Ausfälle auf internationalen Verbindungen. Gemäss den europäischen Regeln kann jeder Passagier, der in grenzüberschreitenden Zügen mehr als eine Stunde Verspätung hinnehmen muss, einen Viertel des Billettpreises zurückfordern. Beträgt die Verzögerung mehr als zwei Stunden, ist die Hälfte des Tarifs zu erstatten.
Die Regelung sieht weiter vor, dass sich die Kunden an jene Bahngesellschaft wenden, welche die Bahnbillette für die jeweilige Reise ausgestellt hat. «Letztlich trägt aber die für die Verspätung verursachende – meist ausländische – Bahngesellschaft die Kosten», sagte Ginsig. So seien vor allem Verspätungen im Zugverkehr in Deutschland für die Zunahme der Dossiers verantwortlich. (awp/mc/ps)