SBB-CEO Andreas Meyer. (Foto: SBB)
Bern – Weil die Gesamtkosten der SBB in den nächsten Jahren stark ansteigen, will sie bis 2030 jährlich bis zu 1,75 Mrd CHF einsparen. Dazu baut sie bis 2020 rund 900 Stellen ab – voraussichtlich aber mehr. Die Gewerkschaft SEV kritisiert die Pläne.
Zugfahren ist in der Schweiz nicht nur für die Fahrgäste teuer, sondern auch für die SBB. Die Kosten steigen stark an – sei es wegen neuer Angebote, zusätzlicher Unterhaltsarbeiten, oder weil teure Bauwerke wie die Durchmesserlinie in Betrieb genommen werden. Vor diesem Hintergrund sieht sich die SBB gezwungen, den Rotstift anzusetzen.
Das macht sie im Rahmen des neu lancierten Programms «RailFit20/30», welches sie am Donnerstag in Bern den Medien vorstellte. Dieses sieht eine Überprüfung der Kosten sowie Angebots- und Betriebskonzepte vor. Zusammen mit dem Beratungsunternehmen McKinsey will das Bahnunternehmen bis im nächsten Sommer über definitive Massnahmen entscheiden.
Die Eckwerte sind schon definiert: Bis 2020 will die SBB mindestens 550 Mio CHF pro Jahr einsparen. Für 2030 und darüber hinaus nimmt das Unternehmen eine notwendige Kostenreduktion von 1,75 Mrd CHF pro Jahr an. Vor allem in der Verwaltung, beim Vertrieb und Material ist eine Kostenreduktion vorgesehen.
Fitness- oder Sparprogramm?
Bis 2020 sollen zudem auch mindestens rund 900 Stellen abgebaut werden. «Ein zusätzlicher Stellenabbau dürfte notwendig sein», teilte die SBB am Donnerstag ausserdem mit. Dabei würden alle Stellen und Bereiche unter die Lupe genommen.
Den Stellenabbau will die SBB gemäss Gesamtarbeitsvertrag und unter engem Einbezug der Sozialpartner umsetzen, möglichst über natürliche Fluktuationen und Pensionierungen. Weiterbildungen sollen zudem interne Wechsel ermöglichen.
Zur Bewältigung der Verkehrszunahme, des zusätzlichen Unterhalts und vieler Ausbauten will die SBB gleichzeitig auch Stellen aufbauen, etwa beim Lokpersonal, bei Ingenieuren oder bei Lernenden.
Bei einem Gesamtpersonalbestand von 28’000 Stellen machen 900 Stellen rund drei Prozent aus, wie SBB-Chef Andreas Meyer vorrechnete. Die natürliche Fluktuation liege bei jährlich rund sechs Prozent höher. Pro Jahr verlassen etwa 1500 Personen das Unternehmen. Bei solchen Relationen könne man statt von einem Sparprogramm auch gut von einem «Fitnessprogramm» sprechen, zeigte sich Meyer überzeugt.
«Rauchbombe
Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV sieht das nicht ganz so positiv. «Die Zahl 900 ist eine Rauchbombe, welche die Sicht auf die Tatsache verschleiert, dass der Stellenabbau ganz klar grösser ausfallen wird», sagte Peter Moor-Trevisan, SEV-Sprecher, am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Die Gewerkschaft erwartet einen Abbau «im vierstelligen Bereich», wie sie in ihrer Medienmitteilung schreibt. Darin bezeichnet sie den «Stellenabbau im grossen Stil» als unverständlich. Die Prognosen zur Verkehrsentwicklung zeigten, dass in Zukunft «sicher nicht weniger Personal im öffentlichen Verkehr nötig sein wird».
Dank des Gesamtarbeitsvertrags seien Kündigungen zwar ausgeschlossen, doch damit sei es nicht getan. Die SBB sei in der Pflicht, qualifiziertes Personal für einen Service Public auf hohem Niveau bereit zu halten, das fähig sei, die technische und strukturelle Entwicklung mitzumachen.
Über die natürliche Fluktuation verliessen nicht unbedingt jene Leute das Unternehmen, welche die SBB nicht mehr benötige. Diese nicht zu ersetzen, sei nicht unbedingt zielführend, so Moor. Die Gewerkschaft will das «RailFit20/30» daher «sehr kritisch beobachten».
Preise halten – Auslastung steigern
Um langfristig wettbewerbsfähiger zu werden, will die SBB nicht nur Kosten senken. Sie will auch «in attraktive Angebote und Innovationen» investieren und die Auslastung der Züge steigern. Diese sind derzeit im Schnitt nur zu 30% ausgelastet, wie Meyer vor den Medien sagte. «So ist kein optimales Preis-Leistungsverhältnis möglich».
Ein solches ist aber erklärtes Ziel der SBB: Die Preise sollen künftig möglichst moderat oder gar nicht mehr steigen. Das sei im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern wie Fernbussen oder selbstfahrenden Fahrzeugen künftig noch wichtiger. Denn deren Kosten dürften laut der SBB mittel- bis langfristig markant sinken. (awp/mc/upd/ps)