Bern – Die Konjunkturabkühlung der Schweizer Wirtschaft hat sich bestätigt. Das BIP zu konstanten Preisen ging im 1. Quartal 2015 um 0,2% zurück. Der Aussenhandel dürfte über das gesamte Jahr 2015 negative Wachstumsimpulse liefern. Dank der langsamen Aufhellung der europäischen Wirtschaft und der robusten Schweizer Inlandnachfrage rechnet die Expertengruppe des Bundes für 2015 mit einem BIP-Wachstum von 0,8%. Für 2016 wird eine Erholung mit einer BIP-Zunahme von 1,6% erwartet (März 2015: +1,8%).
Im 1. Quartal 2015 ging das BIP in der Schweiz um 0,2% zurück. Die Handelsbilanz mit Waren und Dienstleistungen lieferte einen deutlich negativen Wachstumsbeitrag. Von der Inlandnachfrage kamen positive Impulse, die einen stärkeren Rückgang des BIP verhinderten. Stärkste Wachstumsstütze war der private Konsum. Der schwache Jahresauftakt hängt massgeblich mit der Frankenaufwertung seit Mitte Januar zusammen. Zudem sind auch die Exporte der Chemie- und Pharmabranche, welche üblicherweise nicht stark auf Wechselkursschwankungen reagieren, zurückgegangen. Die Bauinvestitionen lagen im 1. Quartal zwar im positiven Bereich, büssten aber an Dynamik ein, was nicht direkt auf den Wechselkurs zurückzuführen ist.
Keine tiefgreifende Rezession zur erwarten
Aufgrund des schwachen 1. Quartals 2015 und einer leichten Abwärtskorrektur bei den Erwartungen für die weltwirtschaftliche Entwicklung, insbesondere für die USA im Jahr 2015, rechnet die Expertengruppe des Bundes für 2015 neu mit einem BIP-Wachstum von 0,8% (Prognose vom März 2015: 0,9%). Die Expertengruppe geht somit weiterhin davon aus, dass sich die Schweizer Volkswirtschaft ohne tiefgreifende Rezession an das neue Wechselkursumfeld anzupassen vermag. Voraussetzung hierzu bleibt jedoch eine robuste Inlandnachfrage und eine Erholung der Weltwirtschaft.
Für das Jahr 2016 wird ein Wachstum des BIP zu konstanten Preisen von 1,6% erwartet (Prognose vom März 2015: 1,8%). Verschiedene Konjunkturindikatoren, die sich seit Februar 2015 teilweise sehr stark verschlechtert hatten, deuten am aktuellen Rand auf eine Stabilisierung hin, jedoch bleibt die Entwicklung der Warenexporte besorgniserregend.
Mehr Arbeitslose
Auf dem Arbeitsmarkt ist die Zahl der Arbeitslosen seit Februar wieder gestiegen. Im Mai lag die saisonbereinigte Arbeitslosenquote bei 3,3%. Die Deutschschweiz ist zurzeit stärker von der Zunahme der Arbeitslosigkeit betroffen als die französische und die italienische Schweiz. Für dieses Jahr bleibt die Prognose der Arbeitslosenquote unverändert bei jahresdurchschnittlich 3,3%. Die Prognose für 2016 wurde leicht auf 3,5 % nach oben korrigiert.
Tiefere Konsumentenpreise
Seit Januar hat sich die Frankenaufwertung stark auf verschiedene Preise ausgewirkt (Produzenten-, Import-, Export- und Konsumentenpreise). Der Abwärtstrend bei den Konsumentenpreisen hat sich bis im Mai fortgesetzt. Die Prognose für die Konsumentenpreisentwicklung bleibt unverändert bei 1,0% für 2015 und 0,3% für 2016. Der Rückgang der Exportpreise verdeutlicht die Bemühungen der Exporteure, die Preise in Fremdwährung nicht allzu stark zu erhöhen, selbst wenn sie dafür Margeneinbussen in Kauf nehmen müssen.
Verschiedene Konjunkturrisiken
Seit Mitte Januar passen sich die Schweizer Unternehmen an den stärkeren Franken an. Ausmass und Dauer dieser Anpassungen sind noch nicht abgeschlossen, weshalb die konjunkturellen Auswirkungen der Frankenstärke schwer abzuschätzen bleiben. Die Schweizer Volkswirtschaft ist zudem weiterhin gegenüber weiteren starken Ausschlägen des Wechselkurses verwundbar. Derzeit sind etwa die Erfolgschancen für eine glimpfliche Lösung der Griechenlandkrise sehr ungewiss. Die Risiken hinsichtlich der (kurzfristigen) Entwicklung des Franken-Euro-Wechselkurses bleiben daher bestehen.
Die Rezession in Russland und der in Brasilien für dieses Jahr prognostizierte Konjunktureinbruch sowie die Wachstumsverlangsamung in verschiedenen aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens drohen die Dynamik des Welthandels stärker zu bremsen als erwartet. Sollte sich dies bewahrheiten, müsste die Wachstumsprognose für die Schweiz erneut korrigiert werden.
Die Unsicherheit bezüglich der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union lasten tendenziell auf der Investitionsdynamik und könnten diese weiter beeinträchtigen. Zudem herrschen derzeit monetäre Bedingungen (negative Leitzinsen in der Schweiz, quantitative Lockerung der EZB), deren Auswirkungen ungewiss sind. (Seco/mc/pg)