Bern – Schweizer Forschende können ab kommendem Montag wieder am EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020» teilnehmen – zumindest in beschränktem Ausmass. Die Schweiz und die EU haben sich auf eine Teilassoziierung geeinigt, die provisorisch angewendet wird und vorerst bis Ende 2016 gilt.
Konkret handelt es sich um den ersten Pfeiler von «Horizon 2020», welcher die universitäre Spitzenforschung betrifft. Dies teilte das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) am Freitagabend mit. Ein entsprechendes Abkommen muss der Bundesrat noch genehmigen und wird voraussichtlich im Dezember 2014 gegenseitig unterzeichnet.
Ebenso können sich Forschende in der Schweiz am Programmteil «Spreading Excellence and Widening Participation» als assoziierte Partner beteiligen. Als assoziierte Partner werden Forschende in der Schweiz wieder direkt über Beiträge der EU finanziert.
Für das restliche Forschungsprogramm mit dem zweiten Pfeiler «Führende Rolle der Industrie» und dritten Pfeiler «Gesellschaftliche Herausforderungen» werde die Schweiz weiterhin wie ein Drittstaat wie beispielsweise die USA behandelt. Hier können sich Schweizer Partner zwar europäischen Verbundprojekten anschliessen, für ihren Projektteil jedoch keine direkte Finanzierung von der EU erhalten.
Streitpunkt Personenfreizügigkeit
Aufgrund des Abstimmungsresultats vom 9. Februar 2014 zur Masseneinwanderungsinitiative lehnt die EU eine Vollassoziierung der Schweiz am gesamten «Horizon 2020»-Paket nach wie vor ab. Gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF sagte EU-Kommissionssprecher Michael Jennings, dass eine zukünftige Teilnahme am Programm ab 2017 von einer weiterhin bestehenden Personenfreizügigkeit der Schweiz mit der EU abhängig sei.
Wenn diese nicht beibehalten und auch nicht auf Kroatien ausgeweitet werde, falle die Teilnahme wieder weg. «Wenn es der Fall sein sollte, dass das Kroatien-Protokoll nicht unterschrieben wir, fällt es auch wieder weg. Dann gilt die Schweiz wieder als Drittstaat», sagte Jennings.
Seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative durch das Volk am 9. Februar hatte die Schweiz bei «Horizon 2020» nur noch den Status eines Drittstaates. Drittstaaten können zwar an Projekten teilnehmen, diese werden jedoch nicht von Brüssel finanziert.
Der Bundesrat beschloss deshalb bereits Ende Juni Übergangsmassnahmen. Demnach wird das SBFI Forschende in der Schweiz direkt finanzieren, deren Teilnahme an Verbundprojekten im Rahmen von «Horizon 2020» durch die Europäische Kommission nicht gefördert wird.
Ein erster Schritt
Die Schweizer Teilnahme am europäischen Forschungsprogramm ist seit der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative in der Schwebe. Im Juli hatten sich die Schweiz und die EU auf technischer Ebene einigen können.
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann sprach damals von einer Übergangslösung. «Wir können uns schlicht und einfach nicht leisten, im europäischen Forschungsnetzwerk nicht gleichwertig mit von der Partie zu sein», sagte er. Ziel der Schweiz bleibt laut dem Bundesrat eine vollständige Assoziierung der Schweiz an «Horizon 2020».
Am Freitagabend zeigte sich Schneider-Ammann gegenüber der «Tagesschau» erfreut über die Einigung. Darauf habe man lange gewartet, sagte er. Antonio Loprieno relativierte den Erfolg allerdings etwas. Die Einigung sei ein «Etappenziel», sagte der Präsident der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten. (awp/mc/ps)