Brüssel – Die Schweiz führt mit der EU Gespräche über die Zuwanderung und das Personenfreizügigkeits-Abkommen. Der Bundesrat will mit der EU-Kommission verschiedene Ausnahmen verhandeln, um unter anderem das Schweizer Sozialsystem zu schützen und Landesverweise weiterhin praktizieren zu können.
In den Verhandlungen mit der EU strebt die Schweiz die vollständige Anwendung und regelmässige Aktualisierung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) an, wie es im Verhandlungsmandat des Bundesrats heisst. Dies bedeute auch die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie der EU.
Konkret sollen grundsätzlich alle EU-Bürgerinnen und -Bürger, die in der Schweiz einer Arbeit nachgehen, nach fünf Jahren ein Recht auf Daueraufenthalt erhalten. Aktuell gilt diese Regelung nur für einige EU-Staaten, für andere liegt die Mindestdauer bei zehn Jahren. Schweizerinnen und Schweizer erhalten nach fünf Jahren ein Daueraufenthaltsrecht in EU-Staaten, sofern sie in diesen leben.
Den EU-Staaten gehe es darum, den Grundsatz der Nichtdiskriminierung zwischen den Mitgliedsstaaten zu wahren, ist dem europäischen Verhandlungsmandat zu entnehmen. Es könnten Ausnahmen verhandelt werden, diese sollten allerdings «nicht zu einer Schmälerung der Rechte führen, die EU-Bürgerinnen und -Bürger derzeit im Rahmen des Abkommens über die Freizügigkeit geniessen».
Sozialsysteme und Ausschaffungen sichern
Beide Partner sind sich einig, dass die Personenfreizügigkeit nicht zu einer «unangemessenen Belastung» für die Sozialhilfesysteme der Schweiz beziehungsweise der EU-Mitgliedsstaaten werden darf, wie der Bundesrat und die EU-Kommission im Common Understanding (Gemeinsame Verständigung) festhielten. Drei Personengruppen sollen vom Bezug der Sozialhilfe ausgeschlossen werden.
Erstens: Personen, die während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts keiner Arbeit nachgehen. Zweitens: Nichterwerbstätige, die die Anforderung, über ausreichende Existenzmittel für sich zu verfügen, nicht erfüllen. Und drittens: Personen, die erstmals eine Arbeit suchen.
Weitere Ausnahmen sollen im Bereich von Ausweisungen greifen. So soll die Bundesverfassung in Sachen strafrechtlicher Landesverweisung respektiert werden. Zudem soll Personen, die unverschuldet arbeitslos sind und bei der Arbeitssuche nicht kooperieren, der Aufenthalt beendet werden können.
Neue ID für die EU nötig
Die derzeit von der Schweiz verwendeten Identitätskarten (ID) entsprechen den EU-Anforderungen nicht, wie es in der Verständigung heisst. Die Schweiz müsste aber ihre Personalausweise nicht zwingend den EU-Anforderungen anpassen.
Allerdings könnten diese Ausweise in Zukunft nicht mehr zur Ausübung der Personenfreizügigkeit verwendet werden. Diese Regelung würde erst elf Jahre nach Inkrafttreten des angepassten FZA gelten. Somit wären die aktuellen Ausweise für eine gegebene Übergangzeit im EU-Raum weiterhin gültig. (awp/mc/ps)