Schweiz-EU: EU definiert ihre roten Linien beim Inländervorrang «light»

Schweiz-EU: EU definiert ihre roten Linien beim Inländervorrang «light»
(Bild: michaklootwijk - Fotolia)

Brüssel – Nun gibt es die Einschätzung der EU-Juristen zum Inländervorrang «light» schwarz auf weiss: Nach Bekanntwerden des nationalrätlichen Kommissionsvorschlags hatten die EU-Juristen in einer Sitzung mit den 28 EU-Botschaftern bereits ihre Bedenken vorgelegt. In einem so genannten «Non Paper» sind diese nun schriftlich zusammengefasst.

Gemäss dem Papier, über welches das Schweizer Fernsehen SRF berichtete und das nun auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt, gibt es verschiedene Punkte, bei denen die EU-Juristen «ernsthafte juristische Bedenken» sehen.

Der nationalrätliche Vorschlag sieht vor, dass der Bundesrat bei einer hohen Zuwanderung als Massnahme eine Stellenmeldepflicht für Unternehmen einführen kann. Davon sollen dann Inländer profitieren.

Gemäss den EU-Juristen dürfen als Inländer aber nicht nur Schweizer gelten. «Jede Massnahme, die Schweizer Arbeitnehmer favorisiert, verletzt die Anti-Diskriminierungsklausel im Artikel 2 des Freizügigkeitsabkommens», heisst es da.

Ausserdem sieht der nationalrätliche Vorschlag vor, dass der Bundesrat weitere Massnahmen ergreifen kann, wenn die Zuwanderung nicht gebremst wird. Würde eine Massnahme gegen das Freizügigkeitsabkommen mit der EU verstossen, dann müsste diese im so genannten gemischten Ausschuss genehmigt werden. In diesem Gremium sitzen die EU-Staaten, die EU-Kommission und die Schweiz.

Brüssel will mehr Mitsprache
Nun kritisieren die EU-Juristen, dass die Schweiz selber entscheiden soll, welche Massnahmen gegen das Freizügigkeitsabkommen verstossen und welche nicht. Sie verlangen vielmehr, dass der gemischte Ausschuss bei allen Massnahmen zur Eindämmung der Zuwanderung mitwirken soll. Auch wollen die EU-Juristen, dass der gemischte Ausschuss bei der Art der Massnahmen mitreden kann.

Das Papier ist Diskussionsgrundlage für das EU-Botschaftertreffen am (heutigen) Mittwoch. Die Schweiz steht als letzter Punkt auf der Traktandenliste.

Am Ende werden jedoch nicht die EU-Juristen sondern die Politiker entscheiden, ob und wie die EU der Schweiz entgegenkommen will. Mit Blick auf die bevorstehenden Verhandlungen mit Grossbritannien darf der Spielraum jedoch nicht allzu gross sein.

Proaktive Wirkung
In der Schweiz kommt nach dem Nationalrat demnächst der Ständerat zum Zug. Die Aussagen aus Brüssel sind wohl auch ein Signal an die kleine Kammer, die Vorlage nicht weiter zu verschärfen. Dies kommt allerdings nicht gut an, wie mehrere Mitglieder der Staatspolitischen Kommission (SPK) gegenüber Radio SRF sagten.

«Wir haben ja nicht jedes Mal mit den Knien zu schlottern, wenn die EU mit dem Säbel rasselt», sagte FDP-Ständerat Philipp Müller (AG). Man dürfe sich von der EU-Bürokratie nicht einschüchtern lassen, so CVP-Ständerat Stefan Engler (GR). Solche Äusserungen wirkten eher provokativ. Auch Pirmin Bischof (CVP/SO) bemerkte, die Auswirkung in der Schweiz sei wohl eine härtere Umsetzung. (awp/mc/ps)

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