Zürich – In der Schweiz sind ältere Menschen grundsätzlich gut in den Arbeitsmarkt integriert. Geht es aber etwa um die Neueinstellung von über 55-Jährigen oder um das Arbeiten nach der Pensionierung, dann läuft hierzulande längst noch nicht alles reibungslos, wie eine am Donnerstag von der Swiss Life publizierte Studie aufzeigt.
Die Erwerbsbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen sei im internationalen Vergleich hoch, sagte Studienleiter Andreas Christen an einer Telefonkonferenz. Verliere man aber in diesem Alter die Stelle, dann sei es häufig schwierig, beruflich wieder Tritt zu fassen. Insgesamt wurden für die Studie 1054 HR-Fachpersonen und Führungskräfte zur Personalpolitik 55+ befragt.
Immerhin erklärten 40 Prozent der Arbeitgeber, dass sie persönlich bereit seien, Personen ab 55 Jahren neu einzustellen. Weitere 38 Prozent können sich dies «eher» vorstellen. Trotz der positiven Haltung machen die über 55-Jährigen aber nur 8 Prozent aller Neueinstellungen aus. Und dies, obwohl fast ein Viertel aller Erwerbstätigen aus dieser Altersgruppe stammen.
Die tiefe Quote bei den Neueinstellungen sei auch Ausdruck davon, dass ältere Mitarbeitende weniger den Job wechseln, hiess es. Die befragten Arbeitgeber waren derweil zumeist der Auffassung, dass Bewerberinnen und Bewerber ab 55 mehr Erfahrung, Fachkompetenz und Zuverlässigkeit mitbringen als jüngere. Ältere wurden aber auch als teurer, weniger IT-affin und weniger flexibel wahrgenommen.
Arbeiten im Pensionsalter zu wenig gefördert
Bei Personen im Alter ab 65 ist die Erwerbsbeteiligung verglichen mit dem Ausland nur durchschnittlich hoch. Dabei besteht laut der Studie bei fast der Hälfte der älteren Erwerbstätigen vor Erreichen der Pension eine gewisse Bereitschaft besteht, im Rentenalter weiterzuarbeiten. Das Weiterarbeiten werde dabei häufig an Bedingungen wie flexiblere Arbeitszeiten oder finanzielle Anreize geknüpft.
Die Weiterbeschäftigung von Mitarbeitenden im Rentenalter werde allerdings zu selten aktiv gefördert, hält die Swiss Life fest. Dies sei nur bei 14 Prozent der Befragten der Fall. Zudem schätzten 70 Prozent der Arbeitgeber die Bereitschaft der Arbeitnehmenden, über das Referenzalter hinaus zu arbeiten, als eher gering ein. Da unterscheidet sich somit die Wahrnehmung zu jener von der Arbeitnehmerseite.
Fachkräftemangel als Beschleuniger
Es sei denkbar, dass künftig ein sich demografisch bedingt verschärfender Fachkräftemangel mehr Dynamik in den Arbeitsmarkt 55+ beziehungsweise vor allem in jenen 65+ bringe, schreiben die Experten weiter. Denn der Fachkräftemangel bleibe ein Problem. Rund die Hälfte der befragten Arbeitgeber empfinde es als schwierig, qualifizierte Fachkräfte zu finden.
Als Reaktion darauf würden von Firmen, die über Rekrutierungsschwierigkeiten klagen, Frühpensionierungen etwas seltener gefördert. Zudem nannte gut ein Fünftel der befragten Arbeitgeber die «Einstellung von älteren Mitarbeitenden 55+» explizit als Massnahme zur Deckung des Fachkräftebedarfs. Doch nur 13 Prozent fördern zu diesem Zweck das Arbeiten über das Rentenalter hinaus.
Bei den älteren Mitarbeitenden orten die Swiss Life-Experten trotz allem noch beträchtliches Potenzial, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Bereits heute entfalle ein gutes Fünftel des schweizweit brachliegenden Arbeitskräftepotenzials auf Personen im Alter von 55 bis 70, so die Studie. (awp/mc/ps)