Schweizer Bevölkerung immer mobiler
Bahn hauptverantwortlich für steigende Mobilität der Schweizer Bevölkerung.
Neuenburg – In der Schweiz legte 2010 jeder Einwohner durchschnittlich fast 37 Kilometer zurück. Verglichen mit 2005 hat die Tagesdistanz somit um rund vier Prozent zugenommen, was in erster Linie auf eine Zunahme der gefahrenen Bahnkilometer zurückzuführen ist. Dies geht aus dem „Mikrozensus Mobilität und Verkehr“ hervor, den das Bundesamt für Statistik (BFS) und das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) durchgeführt haben.
2010 wurden landesweit rund 63’000 Personen zu ihrem Verkehrsverhalten befragt. Die entsprechenden Auswertungen zeigen, dass jede in der Schweiz wohnhafte Person ab 6 Jahren im Inland pro Tag durchschnittlich 36,7 Kilometer zurücklegt und dafür mit Warte- und Umsteigezeiten rund 92 Minuten benötigt. Mit einberechnet sind dabei auch die Angaben jener Personen – rund 10 Prozent der Bevölkerung – die am Tag der Befragung zu Hause waren. Zwei Drittel aller täglichen Distanzen nämlich 23,8 Kilometer absolviert die Bevölkerung im Auto; 8,6 Kilometer entfallen auf die öffentlichen Verkehrsmittel (Bahn, Tram, Bus, Postauto), während zu Fuss und mit dem Velo zusammen täglich 2,8 Kilometer zurückgelegt werden.
Trend zu längeres Tagesdistanzen setzt sich fort
Die Tagesdistanz von 36,7 Kilometern bedeutet gegenüber dem Jahr 2005 eine Zunahme von 1,5 Kilometern oder 4,1 Prozent. Nach einer vorübergehenden Stabilisierung zwischen den Jahren 2000 und 2005 hat sich der langfristige Trend zu längeren Tagesdistanzen fortgesetzt. Die aktuelle Zunahme ist vor allem auf die dynamische Entwicklung bei der Benützung des öffentlichen Verkehrs zurückzuführen: Mit der Bahn wurden 2010 pro Person rund 27 Prozent mehr Kilometer gefahren als noch fünf Jahre zuvor.
Bevölkerungswachstum lässt Strassenverkehr wachsen
Fast gleich geblieben sind dagegen die mit dem Velo und zu Fuss zurückgelegten Distanzen. Gleiches gilt für die Autodistanz. Dennoch hat der Strassenverkehr in den letzten Jahren aufgrund des Bevölkerungswachstums (+ 5,5 Prozent zwischen 2005 und 2010) weiter zugenommen.
Junge Erwachsene sind am längsten unterwegs
Die Länge der täglich zurückgelegten Strecke variiert je nach Bevölkerungsgruppe. So sind die Tagesdistanzen der Männer im Mittel gut 11 Kilometer länger als jene der Frauen. Auch legen Männer mehr Wege zurück und nutzen etwas häufiger das Auto. Vergleicht man die verschiedenen Altersgruppen untereinander, so sind es die jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren, die mit 49,2 Kilometern pro Person die längste Tagesdistanz aufweisen. Mit zunehmendem Alter geht dieser Wert kontinuierlich zurück und beträgt bei den 65-bis-79-Jährigen noch 25,8 Kilometer, bei den ab 80-Jährigen 13,5 Kilometer. Auffallend ist auch, dass Personen, die in einem Haushalt mit hohem Einkommen leben, im Durchschnitt deutlich längere Tagesdistanzen absolvieren als Personen mit vergleichsweise niedrigem Haushaltseinkommen.
Je zentraler die Wohnlage, desto kürzer die Wege
Einen beachtlichen Einfluss auf die Mobilität hat der Wohnort. Die im Durchschnitt kürzesten Strecken legen mit 31,9 Kilometern pro Person und Tag die Bewohnerinnen und Bewohner der Agglomerationskerne zurück. Sie sind es auch, die am wenigsten das Auto benutzen. Zu den Agglomerationsrändern hin wächst dann sowohl die durchschnittliche Tagesdistanz als auch die Auto-Nutzung. Die Einwohnerinnen und Einwohner des periurbanen ländlichen Raums, das heisst der Gemeinden im Umfeld der Agglomerationen, sind mit täglich 41,7 Kilometer am weitesten unterwegs. Sie verwenden zudem am häufigsten den motorisierten Individualverkehr.
Freizeit und Arbeit sind die wichtigsten Verkehrszwecke
Befragt wurde die Bevölkerung auch zu den Motiven der Mobilität. Als mit Abstand wichtigster Verkehrszweck erwies sich dabei nach wie vor die Freizeit: Rund 40 Prozent der im Inland absolvierten Tagesdistanzen gehen auf das Konto von Freizeitaktivitäten. Dieser Anteil hat zwischen 2005 und 2010 um 5 Prozentpunkte abgenommen. In umgekehrter Richtung verlief die Entwicklung beim Verkehrszweck Nummer Zwei, der Arbeit: Der Anteil der Pendlerwege an den Tagesdistanzen hat leicht zugenommen und betrug 2010 rund 24 Prozent. Deutlich kürzer sind die Strecken, die für den Einkauf, für geschäftliche Tätigkeiten, für die Ausbildung sowie für Service- und Begleitwege zurückgelegt wurden.
Bei den meisten Verkehrszwecken dominiert mit Distanzanteilen zwischen 60 und 90 Prozent das Auto. Die einzige Ausnahme stellen die Ausbildungswege dar, bei denen 63 Prozent der Kilometer mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie 18 Prozent mit dem Velo oder zu Fuss zurückgelegt werden. Bei den Arbeitswegen beträgt der Anteil des öffentlichen Verkehrs 30 Prozent, wovon der Grossteil auf die Bahn entfällt.
Ein Drittel der Jahresdistanz im Ausland
Zählt man sämtliche Strecken zusammen, die eine in der Schweiz wohnhafte Person während eines Jahres im Durchschnitt zurücklegt, so ergibt sich eine Zahl von beinahe 20’500 Kilometer, was ungefähr einer halben Erdumrundung entspricht. Darin eingerechnet sind nebst den bisher betrachteten Tagesdistanzen im Inland auch sämtliche Reisen sowie die im Ausland zurückgelegten Strecken. Letztere belaufen sich jährlich auf insgesamt 6’900 Kilometer, was rund einem Drittel der Jahresdistanz entspricht.
Autobesitz der Haushalte leicht rückläufig
Im Jahr 2010 besassen 79 Prozent der Schweizer Haushalte mindestens ein Auto. Der Motorisierungsgrad der Haushalte ist somit innerhalb von fünf Jahren um 2 Prozentpunkte gesunken.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der starke Rückgang des Führerscheinbesitzes bei den jungen Erwachsenen: Während 1994 noch 71 Prozent der 18-bis-24-Jährigen über einen Fahrausweis verfügten, lag der entsprechende Wert im Jahre 2010 nur noch bei 59 Prozent. (BFS/mc/pg)