Schweizer BIP wächst in Q1 schneller als erwartet

Schweizer BIP wächst in Q1 schneller als erwartet
(Bild: Schlierner / Adobe Stock)

Bern – Das Wirtschaftswachstum in der Schweiz hat sich im ersten Quartal 2019 im Einklang mit dem europäischen Umfeld klar beschleunigt. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) wuchs dabei deutlich schneller als erwartet, wobei vor allem von der Inlandnachfrage Impulse kamen. In diesem Tempo dürfte das Wachstum laut Experten allerdings nicht weitergehen.

Konkret wuchs das reale BIP in der Periode von Januar bis März 2019 gegenüber dem Vorquartal um 0,6 Prozent. Gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal waren es +1,7 Prozent, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag mitteilte.

Von AWP befragte Experten hatten das Wachstum deutlich tiefer erwartet. Und auch das Seco sieht das so: «Vor allem die Entwicklung des privaten Konsums und der Investitionen hat uns positiv überrascht», sagte Ronald Indergand, Leiter Konjunktur beim Seco, gegenüber der Nachrichtenagentur AWP.

Privater Konsum leicht überdurchschnittlich
In erster Linie stützte laut Seco die anziehende Inlandnachfrage das Wachstum. Der private Konsum (+0,4%) wuchs gemäss den Angaben erstmals seit sechs Quartalen wieder leicht überdurchschnittlich. Die Konsumausgaben seien dabei fast in allen Bereichen gestiegen, am stärksten bei der Gesundheit. Vor allem die verbesserte Kaufkraft, die leicht steigende Nettomigration und möglicherweise auch die Lohnentwicklung dürften laut Indergand das Wachstum begünstigt haben.

Auch die Bauinvestitionen (+0,5%) seien ansehnlich gewachsen, so das Seco, nachdem sie noch in der zweiten Jahreshälfte 2018 leicht zurückgegangen seien. Die Wertschöpfung im Baugewerbe (+1,9%) stieg gar so stark wie seit Ende 2017 nicht mehr, wobei die Umsätze sowohl im Tief- als auch im Hochbau anzogen. Seco-Experte Indergand führt dies vor allem auf die warmen Wochen im Februar zurück.

Ebenfalls positiv entwickelten sich die Ausrüstungsinvestitionen (+1,5%). Insbesondere in Forschung und Entwicklung, Fahrzeuge und EDV-Dienstleistungen sei mehr investiert worden, hiess es beim Seco.

Ähnlich wie Deutschland
Die Schweiz ist mit der Beschleunigung nicht alleine, auch in anderen europäischen Ländern fielen die Wachstumsraten im ersten Quartal höher aus als in der Periode davor. Deutschland etwa erzielte im ersten Quartal ein BIP-Wachstum zum Vorquartal von 0,4 Prozent, nachdem das Wachstum im vierten Quartal noch stagniert hatte.

«Insgesamt war die Entwicklung in der Schweiz ähnlich wie etwa in Deutschland», meinte denn auch Indergand. Allerdings habe sich dort die Industrie aufgrund der nachlassenden weltweiten Nachfrage, speziell aus Asien, viel schwächer geschlagen. «Dies braucht eine gewisse Zeit, bis es auch in der Schweiz sichtbar ist. Dies hat vor allem mit den beiden Bereichen Pharma und Uhren zu tun, die in der Schweiz wichtig sind und die sich gut entwickelt haben.»

Weiteres Wachstum fraglich
Ob das BIP im gleichen Tempo weiter wachsen wird, ist fraglich. «Das starke Wachstum dürfte einmalig gewesen sein und sich in dieser Form kaum fortsetzen», meint jedenfalls der Seco-Experte. Darauf deute etwa der PMI, der im April unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten gefallen sei.

Auch Bankökonomen gehen von einem einmaligen Ausreisser nach oben aus. Der BIP-Zuwachs des ersten Quartals habe eine hohe Messlatte gelegt, die in den kommenden Quartalen kaum übersprungen werden könne, schreibt etwa die VP Bank in einem Kommentar. Das globale Umfeld trübe sich auch aufgrund der fortwährenden Handelsstreitigkeiten ein, was den Unternehmen die Investitionslaune verderben könne.

Ähnlich sieht es auch Alessandro Bee von der UBS: «Mit der Eskalation der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China dürften auch die politischen Unsicherheiten anhalten, was einen raschen Aufschwung der Weltwirtschaft in Frage stellt.» Die Schweizer Wirtschaft dürfte deshalb in den nächsten Quartalen stabil, aber leicht schwächer als im Trend wachsen.

Auch Marc Brütsch, Chefökonom von Swiss Life, sieht eher eine Abschwächung: «Das Risiko einer Eskalation des Handelskonfliktes ist nicht unerheblich und der Schweizer Franken hat in den letzten Wochen gegenüber dem Euro deutlich an Wert gewonnen.» Maxime Botteron von der Credit Suisse sieht zwar einen weiterhin soliden Konsum, aber eine Abschwächung bei Investitionen und im Aussenhandel. (awp/mc/pg)

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