Zürich – Die Credit Suisse hat heute ihre aktualisierten Umsatz-Prognosen für den Schweizer Detailhandel veröffentlicht. Als Auswirkung der Coronavirus-Pandemie gehört der Detailhandel zu den am stärksten vom Lockdown betroffenen Branchen. Während sich stationäre Food-Umsätze auf dem Niveau des Vorjahres einpendeln dürften, bedeutet die temporäre Schliessung der Geschäfte für den stationären Non-Food-Bereich einen Umsatzverlust von rund 20 %. Regelrecht beflügelt durch den gegenwärtigen Lockdown wird hingegen der Online-Handel, der dieses Jahr ein Umsatzplus von ca. 30% verzeichnen dürfte.
Der Schweizer Detailhandel schöpft Hoffnung: Die ab heute Montag geltende Lockerung des Lockdowns erlaubt es unter anderem Blumenläden und Baumärkten, ihre Türen für die Konsumenten wieder zu öffnen. Weitere Detailhandelssektoren dürften am 11. Mai folgen. Dies sind wichtige Schritte für den Detailhandel, eine der vom Lockdown am stärksten betroffenen Branchen.
Ein Blick auf die Unternehmensstruktur-Statistik des BFS legt nahe, dass in der Schweiz beinahe 33’000 Detailhandelsgeschäfte vorübergehend schliessen mussten. Vom Lockdown waren somit rund 173’000 Arbeitnehmende direkt betroffen, was über die Hälfte der Detailhandelsangestellten (56 %) entspricht. Trotz der verbreiteten Nutzung von Kurzarbeit waren bis Ende März denn auch fast 15 % mehr Arbeitslose im Detailhandel registriert als noch im Februar. Dies entspricht einer Zunahme der absoluten Arbeitslosenzahl von 1’162 Personen (Quelle: Amstat). Die Ökonomen der Credit Suisse rechnen damit, dass diese Zahl weiter steigen wird. Zu Entlassungen dürften es vor allem in Betrieben kommen, die noch länger geschlossen bleiben müssen oder die stark vom internationalen Tourismus abhängig sind.
Food-Detailhandel als Profiteur der Coronakrise?
Der Food-Detailhandel scheint mit Blick auf die leergeräumten Regale ein Profiteur der Coronakrise zu sein. Das Umsatzplus infolge des Mehrverkaufs durch eher niedrig gepreiste Basisnahrungsmittel und Hygieneprodukte dürfte sich aber in Grenzen halten. Im stationären Food-Bereich wirken diese Mehrverkäufe sowie die derzeit ausbleibende Konkurrenz der Cafés, Restaurants und Bars dennoch den Ausfällen im Convenience Segment und in neuerdings wenig frequentierten Standorten sowie auch den Abflüssen an Online-Kanäle entgegen. In der Summe dürften sich diese Effekte gemäss den Ökonomen der Credit Suisse die Waage halten und dazu führen, dass sich die stationären Food-Umsätze auf dem Niveau des Vorjahres einpendeln dürften. Damit wird die Entwicklung aber weniger dynamisch ausfallen als die Ökonomen es Anfang dieses Jahres prognostiziert hatten (+0.8 %).
Non-Food: Stationäre Ausfälle belaufen sich auf 20 %
Der Umsatz im stationären Non-Food-Detailhandel dürfte 2020 selbst unter der Annahme, dass die Lockerungen wie geplant umgesetzt werden, deutlich unter demjenigen des Vorjahres liegen. Auf Basis der Vorjahresdaten und unter der optimistischen Annahme, dass alle Non-Food-Detailhandelsgeschäfte ab dem 11. Mai wieder öffnen dürfen, werden sich die Ausfälle im stationären Non-Food Bereich gemäss den Ökonomen der Credit Suisse auf mindestens 15 % des jährlichen stationären Gesamtumsatzes belaufen. Da die Ökonomen aber auch für die Zeit nach dem Lockdown von einem erhöhten Online-Anteil in den Non-Food-Segmenten ausgehen, sind diese Werte als Mindesteinbussen zu verstehen. Zweitrundeneffekte, wie die Eintrübung der Konsumentenstimmung, die weniger dynamische Nominallohnentwicklung und die reduzierte Einwanderung sprechen für eine noch negativere Umsatzentwicklung von -20 % (Prognose Anfang 2020: -0.2 %).
Coronakrise verleiht dem Online-Handel Rückenwind…
Der Online-Handel erhält aufgrund des Lockdowns, der erhöhten Ansteckungsgefahr in Ladenlokalen und den eingeschränkten Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung weiter erheblichen Aufwind. Deshalb wird der Online-Anteil am Gesamtumsatz (2019 gemäss GfK circa 9 %) stark ansteigen. Gemäss den Schätzungen der Credit Suisse-Ökonomen dürften die Online-Umsätze dieses Jahr um rund 30 % zulegen, ein Plus von rund CHF 3 Mrd. gegenüber dem Vorjahr. Dies unter der Annahme, dass sich die Online-Umsätze für die Monate März, April und Mai auf dem Vorweihnachtsniveau befinden. Die Hochrechnung zeigt, dass der Online-Anteil bis Ende 2020 fast 15 % betragen wird. Bedenkt man zudem, dass der Online-Anteil höchstwahrscheinlich nicht nur während dem Lockdown zunehmen, sondern auch in Zukunft ein höheres Niveau aufweisen wird, dürfte der Anteil sogar mehr als die 15 % betragen.
…und beflügelt den Bedarf an Heimelektronik, Do-it-yourself und Personal Care
Online-Anbieter von Heimelektronik verzeichnen jüngst ein stark erhöhtes Bestellaufkommen, das mit einem typischen Vorweihnachtsniveau vergleichbar ist. Home-Office-Regelungen dürften insofern ihren Beitrag dazu leisten, da sie den persönlichen Bedarf an Büroutensilien und Computer-Zubehör erhöhen. Da das Heimelektronik-Segment ohnehin den höchsten Online-Anteil aufweist (über ein Drittel) gehen die Ökonomen davon aus, dass diese positiven Online-Effekte einen Grossteil der entgangenen stationären Umsätze wettmachen kann. In den Segmenten Do-it-yourself, Garten- und Autozubehör hat die starke Nachfrage den Bundesrat dazu bewogen, die Wiedereröffnung der entsprechenden stationären Geschäfte vorzuziehen. Die in der Schweiz anhaltend guten Wetterbedingungen wirken als zusätzlicher Treiber, was die Umsätze in diesem Bereich stützen und ihnen zu einem Plus im Vorjahresbereich verhelfen dürfte. Die Coronakrise wird auch den positiven Umsatztrend im Bereich Gesundheit und Personal Care nicht bremsen. Vor allem Apotheken profitieren von einer stärkeren Nachfrage nach Desinfektionsmitteln, Schutzmasken und Immunsystem-stärkenden Präparaten.
Die Publikation «Schweizer Detailhandel: Massive Einbussen im stationären Handel» finden Sie hier. (Credit Suisse/mc/ps)