Schweizer Detailhandel konfrontiert mit zunehmender Konkurrenz des internationalen Onlinehandels

Detailhandel

(Foto: Pixabay)

Zürich – Credit Suisse hat heute die jährlich erscheinende Studie «Retail Outlook» in der Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Fuhrer & Hotz veröffentlicht. Der Schweizer Detailhandel konnte seine Umsätze 2018 trotz guter Konjunkturlage nur leicht steigern. Für das Detailhandelsjahr 2019 erwarten die Ökonomen der Credit Suisse ein ähnlich zögerliches Wachstum für die Branche wie im Vorjahr. Für positive Impulse dürften die robuste Lage am Arbeitsmarkt sowie die voraussichtliche Kaufkraftsteigerung sorgen. Auf der anderen Seite wird der Wettbewerbsdruck aufgrund des wachsenden grenzüberschreitenden Onlinehandels weiter zunehmen, was auf die Preise drücken und zu Marktanteilsverlusten führen wird.

Gemäss den Ökonomen der Credit Suisse konnte der Schweizer Detailhandel seine Umsätze 2018 um schätzungsweise 0,4 % erhöhen und dabei auf das überdurchschnittliche Wachstum der Schweizer Wirtschaft zählen. So legte diese 2018 einen Zwischenspurt hin, welcher von einer Konjunkturbeschleunigung aus dem Ausland ausgelöst wurde. Davon profitierte der Arbeitsmarkt, was zwar stützend auf die Kauflust der Konsumenten wirkte, aber dennoch keine Kaufeuphorie auslöste. Gedämpft wurde die Kauflust unter anderem durch den leichten Kaufkraftverlust, da die Inflation über dem Lohnwachstum lag. Die Bevölkerung wuchs dank der Zuwanderung etwa im Vorjahrestempo und die Entwicklung an der EUR/CHF-Währungsfront sowie das schwache Preiswachstum im Schweizer Detailhandel führten dazu, dass Auslandeinkäufe für Schweizer Konsumenten preislich gesehen etwas weniger attraktiv waren als in den Vorjahren.

Das Wetter als wechselseitiger Sonderfaktor für das Kaufverhalten
Das vergangene Jahr war von aussergewöhnlichen Witterungsbedingungen geprägt, welche sich für einige Segmente positiv, für andere aber stark negativ auf den Umsatz auswirkten. Zu letzteren gehörte laut den Ökonomen der Credit Suisse der Bekleidungsdetailhandel, welcher unter anderem aufgrund des Wetters und weiterer Sondereffekte ein hohes Umsatzminus von rund 9 % hinnehmen musste. Derweil profitierten das Freizeit- und das Do-it-yourself-Segment vom warmen Frühling und Hitzesommer. Wegen des Umsatzeinbruchs im Bekleidungshandel lagen die Umsätze im Non-Food-Segment insgesamt trotzdem unter dem Vorjahreswert (–0,8 % ggü. 2017). Im Food-Bereich zeigte sich die Umsatzentwicklung mit +1,5 % etwas dynamischer, womit der Lebensmitteldetailhandel nach 2017 den Non-Food-Bereich weiter abhängte.

Kein leichtes Spiel für Amazon in der Schweiz
Mit dem partiellen Markteintritt von Amazon im vergangenen Jahr dürfte sich die Verschiebung vom stationären zum Online-Handel im Non-Food-Segment weiter beschleunigen. Die Ökonomen der Credit Suisse sehen jedoch verschiedene Gründe dafür, weshalb Amazon in der Schweiz nicht so leicht zu einer ähnlichen Dominanz wie in anderen Ländern kommen dürfte. Erstens kauft die Schweizer Bevölkerung schon länger bei Amazon ein – nun wird es einfach etwas leichter. Zweitens ist die Schweiz für Onlinehändler keine «grüne Wiese» mehr, wie es andere Länder zum jeweiligen Zeitpunkt von Amazons Markteintritt waren, da es hier inzwischen starke etablierte Online-Anbieter gibt. Drittens wächst Amazon z.B. in Deutschland mittlerweile am stärksten über Kooperationen mit Dritthändlern. Diese liefern bis dato jedoch weiterhin nur in den wenigsten Fällen in die Schweiz oder kommen nicht in den Genuss der automatischen Zollabwicklung durch die Schweizer Post.

Zusätzlicher internationaler Wettbewerb kommt vermehrt vom Onlinehandel
Das Beispiel von Amazon zeigt nichtsdestotrotz, dass der Wettbewerb für den hiesigen Detailhandel immer internationaler wird. Laut den Ökonomen der Credit Suisse gibt es im Grundsatz drei Arten von ausländischer Konkurrenz: Erstens sind dies ausländische Anbieter, welche Filialen in der Schweiz eröffnet haben. Diese Entwicklung war insbesondere vor 2010 stark ausgeprägt und wesentlich auf die Markteintritte der beiden Food-Discounter Aldi und Lidl zurückzuführen. Der von ihnen ausgelöste Strukturwandel war und ist im Lebensmitteldetailhandel deutlich zu spüren. Zweitens wurde der Wettbewerb im Detailhandel auch durch die wiederholten Frankenaufwertungen internationaler. Diese hatten nämlich zur Folge, dass Einkäufe im grenznahen Ausland preislich deutlich attraktiver wurden und damit häufiger getätigt wurden. Diese Entwicklung setzte zwischen 2010 und 2011 und dann erneut 2015 ein und hat sich in den letzten zwei Jahren auf hohem Niveau stabilisiert. Drittens sorgen aber aktuell nicht in erster Linie physische Markteintritte von ausländischen Konkurrenten oder Schweizer Einkaufstouristen für eine Intensivierung des Wettbewerbs, sondern der ausländische Onlinehandel. Mit dem Aufkommen des Onlinehandels verschwimmen die Landesgrenzen und erhöht sich die Reichweite der Anbieter.

Im internationalen Vergleich hinkt der Schweizer Detailhandel hinterher
Die Zunahme der ausländischen Wettbewerbsintensität ist für die Händler deutlich spürbar, so die Ökonomen der Credit Suisse: Vor zehn Jahren hatte erst jeder dritte wichtige Wettbewerber aus dem Ausland – heute ist es jeder zweite. Diese Entwicklung hat Folgen: In fast keinem westeuropäischen Land entwickelten sich die Detailhandelsumsätze, bereinigt um die allgemeine Inflation und Wirtschaftsentwicklung, zwischen 2005 und 2017 so schwach wie in der Schweiz. Während die Zahl der Detailhandelsmitarbeitenden in den meisten westeuropäischen Ländern stieg, nahm sie in der Schweiz um 3 % ab. Der Beschäftigungsrückgang fiel indessen umso stärker aus, je näher sich ein Gebiet an einem ausländischen Supermarkt befand – eine direkte Folge des stationären Einkaufstourismus. Wie fast immer bringen herausfordernde Zeiten gemäss den Ökonomen der Credit Suisse aber auch Chancen mit sich. Die von der Wettbewerbsintensivierung betroffenen Händler unternahmen grössere Anstrengungen im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Unternehmens als solche, die den internationalen Wettbewerbsdruck (noch) nicht spüren. Dies, so hoffen die Ökonomen der Credit Suisse, wird die Branche in der langen Frist letztlich widerstandsfähiger machen.

2019: Stagnation im Non-Food-Bereich, mehr Dynamik im Lebensmitteldetailhandel
Gemäss den Prognosen der Ökonomen dürfte 2019 die Konjunktur dem Detailhandel ähnlich starke Impulse liefern wie im vergangenen Jahr. Insgesamt dürfte sich das Wirtschaftswachstum zwar etwas abkühlen, was aber voraussichtlich der geringeren Aussenhandelsaktivität und weniger der Inlandnachfrage geschuldet sein wird. Sie gehen davon aus, dass die Kaufkraft dank stärker wachsender Löhne und einer leicht tieferen Inflation wieder etwas zulegen wird. Dem positiven Konjunkturbild stehen die negativen Effekte des strukturellen Wandels gegenüber, welche im Non-Food-Segment auch 2019 überwiegen dürften. Hier erwarten die Ökonomen der Credit Suisse daher einen minimen nominalen Umsatzrückgang (–0,3 % ggü. 2018) und stagnierende Preise (+0,1%). Dies deckt sich weitgehend mit der Einschätzung der von Fuhrer & Hotz befragten Unternehmen: Nur knapp die Hälfte der Vertreter des Non-Food-Segments geht von wachsenden Umsätzen aus. Derweil dürften gemäss der Einschätzung der Ökonomen der Credit Suisse die nominalen Umsätze im Lebensmitteldetailhandel etwas schneller als die Bevölkerung wachsen (+1,3 %), die Preise aber nur geringfügig steigen (+0,5 %). Für den gesamten Schweizer Detailhandel fallen Umsatz- und Preiswachstum (+0,4 % und +0,3 %) 2019 somit wie im Vorjahr voraussichtlich nur gering aus.

Die Publikation «Retail Outlook 2019 – Schweizer Detailhandel im internationalen Wettbewerb» finden Sie im Internet in Deutsch und Französisch:
credit-suisse.com/de/retailoutlook

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