Bern – Neuerliche Hiobsbotschaft von der Schweizer Wirtschaft: Der wichtige Exportsektor hat im April wegen der Corona-Massnahmen einen Einbruch erlebt, wie er noch nie gesehen wurde. Die Ausfuhr von Uhren versiegte beinahe.
Insgesamt fielen die Ausfuhren im April zum Vormonat saisonbereinigt um 11,7 Prozent auf 16,71 Milliarden Franken. Real – also preisbereinigt – resultierte ein Rückgang von 10,0 Prozent.
Dieser Rückgang ist historisch. Seit Beginn der Messungen nach dem aktuellen Verfahren, wie es seit Ende der 1980er-Jahre angewendet wird, seien nie solche Werte gesehen worden, hiess es am Dienstag bei der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV).
Gleiches gilt für die Importe. Diese brachen im April sogar noch stärker ein als die Exporte, und zwar um 21,9 Prozent auf 12,38 Milliarden (real: -17,8 Prozent). Für die Handelsbilanz ergibt dies einen sehr hohen Überschuss von 4,33 Milliarden Franken.
Keine Indizien für den Mai
Der Corona-Lockdown in der Schweiz und in zahlreichen anderen Ländern zeige sich nun auch im Aussenhandel, so die Mitteilung weiter. Die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie liessen die Warenströme massiv kleiner werden.
Ob die ersten Lockerungsschritte im Mai schon zu einer spürbaren Erholung führten, lässt sich laut der Zollverwaltung noch nicht sagen. Diese Zahlen liegen erst Mitte Juni vor. Denkbar sei es aber. Denn der Mai sei in vielen Ländern – wie der zuvor der März – kein voller Lockdown-Monat gewesen.
Auch Chemie-Pharma rückläufig
Im April wurde für sämtliche Sparten Exportrückgänge registriert. Dies galt auch für die chemisch-pharmazeutische Industrie (-4,8 Prozent), die im Vormonat noch ein starkes Exportwachstum verzeichnet und damit in der Gesamtstatistik die ersten Corona-Effekte aus anderen Branchen übertüncht hatte.
Die grössten Einbussen verbuchten laut den Angaben aber die Sparten Bijouterie und Juwelierwaren sowie Uhren. So gingen die Uhrenexporte im April gegenüber dem Vormonat (saisonbereinigt) um über 70 Prozent und im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar um über 80 Prozent zurück.
Lau dem Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH war das eine direkte Folge des Stillstands von Produktion, Vertrieb und Verkauf. Der Verband warnt daher davor, den Zahlen zu viel Wert beizumessen. Der Rückschlag widerspiegle eine «aussergewöhnliche Situation» und weniger die Nachfrageentwicklung.
Unter dem Lockdown gelitten haben aber auch andere Branchen, so die wichtigen Segmente Maschinen und Elektronik (-4,5 Prozent) oder Präzisionsinstrumente (-18,2 Prozent). Diese hatten die Corona-Effekte schon im Vormonat gespürt.
Nach Geographie gingen die Ausfuhren in alle drei grossen Absatzmärkte zurück. Die Lieferungen nach Nordamerika (-30,4 Prozent) waren dabei stärker rückläufig als jene nach Europa (-13,1 Prozent) und Asien (-7,9 Prozent).
Aber auch die Export-Einbussen in die Nachbarländer waren drastisch. Es wurden Werte registriert, wie sie zuletzt vor rund zwanzig Jahren gesehen wurden.
Autoimporte: zwei Drittel weniger
Bei den Importen waren laut den Angaben alle Segmente ausser Textilien, Bekleidung und Schuhe rückläufig. So fiel die Nachfrage nach Autos gegenüber dem März zum Beispiel um zwei Drittel.
Regional betrachtet bildeten sich die Einfuhren aus Nordamerika um ein Viertel, jene aus Europa und Asien um je gut ein Fünftel zurück.
China-Importe steigen
Bei den einzelnen Ländern gibt es jedoch eine Ausnahmen. So nahmen die Importe aus China den zweiten Monat in Folge zu, wie die Zollverwaltung schreibt.
Konkret seien mehr Kleider, chemisch-pharmazeutische Waren und Produkte aus dem Bereich Maschinen und Elektronik eingeführt worden. Bekanntlich wurde China früher als Europa von der Corona-Pandemie erfasst – und konnte die Gegenmassnahmen auch früher wieder lockern. (awp/mc/ps)