Zürich – Die Schweizer Hotellerie hat einen Bombenstart ins neue Jahr hingelegt. Sie fuhr in den ersten zwei Monaten das zweitbeste Ergebnis seit knapp drei Jahrzehnten ein. Das war das letzte Glanzlicht vor einer rabenschwarzen Zeit, die mit der Coronavirus-Krise begonnen hat.
Denn seit Mitte März ist die Welt eine andere. Der Bundesrat erklärte den Notstand für die Schweiz und brachte das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen. Reisen ins Land sind seither nicht möglich. Und alle anderen sind angehalten, daheim zu bleiben. Hotels dürften zwar unter speziellen Auflagen geöffnet bleiben. Bundesrat und Kantone versuchen die Unterkünfte als Unterstützung für Militär- und Pflegepersonal oder leichte Fälle aus den Spitälern freizuhalten.
Andere versuchen, ihre Hotelzimmer als «Home Office auf Zeit» zu vermieten. Dennoch: Viele Betriebe haben ihre Pforten geschlossen, um die laufenden Kosten zu senken.
Kaum Überblick
«Es ist im Moment schwierig, den Überblick zu behalten, wie viele Hotels geöffnet haben», sagte Markus Berger, Leiter Unternehmenskommunikation der Organisation Schweiz Tourismus, am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Gemäss einer Umfrage von Hotelleriesuisse und Schweiz Tourismus waren Ende März 57 Prozent der Betriebe ganz und 21 Prozent teilweise geschlossen. Laut einem Verzeichnis von Hotelleriesuisse haben aktuell jedoch nur 400 Hotels gemeldet, trotz der aktuellen Situation geöffnet zu haben. Das sind 5 Prozent der rund 8000 Unterkünfte in der Schweiz. «Das sind sicher nicht alle», betonte Berger, der die Hoteliers mit offenen Anlagen dazu aufrief, sich in dem Register einzutragen.
Das wäre auch im Interesse von Tourismusexperte Vincenzo Carelli vom Bundesamt für Statistik (BFS). Denn ohne Rückmeldungen der Hoteliers kann das BFS keine Statistiken erstellen.
Wie und welche Daten das BFS für den Monat März veröffentlichen wird, ist derzeit noch offen. «Alles hängt davon ab, wie wir die Daten und Schliessungsperioden für den Monat erhalten», sagte Carelli zu AWP.
Milliarden fallen weg
Der Schweizer Tourismus verliert seit den Notmassnahmen wegen der Pandemie und der Abschottung der Grenzen Milliarden. Gemäss der Umfrage von Hotelleriesuisse und Schweiz Tourismus werden die Schweizer Hotels in den Monaten März (-69%), April (-90%) und Mai (-73%) massiv an Umsatz einbüssen.
Ausgehend von einem jährlichen Umsatz der Schweizer Hotelbranche von 10,2 Milliarden Franken sei daher alleine für die Monate März bis Mai mit einem Umsatzverlust von fast 2 Milliarden Franken zu rechnen.
Dem gesamtschweizerischen Tourismus würden durch das Coronavirus alleine von März bis Mai 6,4 Milliarden Franken entgehen. Schweiz Tourismus zitiert eine Untersuchung des Instituts für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz HES-SO Valais-Wallis. Es sind nämlich nicht nur die Hoteliers von den Schliessung betroffen, sondern auch Gastronomen, Seilbahnen und andere Transportunternehmen oder Vermieter von Ferienhäusern und -wohnungen, die sogenannte Parahotellerie.
Zum Vergleich: 2017 betrugen die Gesamteinnahmen des Tourismus in der Schweiz 44,7 Milliarden Franken. Der Tourismus spielt in der Schweizer Wirtschaft also eine bedeutende Rolle.
Bis Februar war alles gut
Dabei hatte das Tourismusjahr doch so gut angefangen wie schon lange nicht mehr. Die Touristen strömten in Massen ins Land und mit ihnen das Geld.
Konkret kletterte die Zahl der Übernachtungen in den Monaten Januar und Februar um 6,3 respektive 6,4 Prozent auf insgesamt 6,3 Millionen. Sowohl Schweizer als auch ausländische Gäste schliefen häufiger in den hiesigen Hotels.
Auch die Coronakrise konnte dem Sektor zu Jahresbeginn noch kaum was anhaben. Zwar sackte die Zahl der Hotelübernachtungen von Gästen aus China im Februar um fast 62 Prozent ab, dafür machten Gäste aus den Euroländern (+16%) so zahlreich wie schon lange nicht mehr Ferien in der Schweiz. Sie machten die Scharte mehr als wett, zumal der Februar kein typischer Reisemonat für asiatische Touristen in der Schweiz ist.
Die Aussichten für den Schweizer Tourismus waren also glänzend – bis das Coronavirus kam. Oder wie es Schweiz Tourismus ausdrückt: Ein dramatisches Ende nach einem verheissungsvollen Start. (awp/mc/pg)