Schweizer Jugendverschuldung auf hohem Niveau
Schwerzenbach – Der Radar 2012 zur Jugendverschuldung von Intrum Justitia zeigt deutlich: Je jünger jemand in die Schuldenspirale gerät, umso eher bleibt er darin gefangen. Junge Frauen verschulden sich überdurchschnittlich im Bereich Gesundheit, junge Männer hingegen straucheln am häufigsten an Rechnungen aus dem Online-Versandhandel.
Mit dem Radar 2012 legt Intrum Justitia zum zweiten Mal eine Auswertung zur Verschuldung von jungen Erwachsenen in der Schweiz vor. Es bestätigt sich der beunruhigende Trend aus dem Vorjahr. Dazu Thomas Hutter, Geschäftsführer von Intrum Justitia: «Junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren verschulden sich im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung überproportional. Auffallend häufig betroffen sind die Bereiche Telekommunikation, E-Commerce (Online-Versandhandel) und überraschend auch das Gesundheitswesen.»
Jüngste haben am meisten Mühe
Unterteilt nach Altersgruppen erstaunt, dass insbesondere die jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren Mühe haben, ihre Schulden abzubauen. Fünf Jahre nach der Erstverschuldung sind in dieser Altersgruppe Männer und Frauen gleichermassen immer noch zu 37 Prozent verschuldet. Erst bei den über 33-Jährigen macht sich zudem ein Geschlechterunterschied bemerkbar: Hier sind die Männer mit 31 Prozent gegenüber den Frauen mit 26 Prozent stärker betroffen.
Unter dem Aspekt der Siedlungsstruktur fällt auf, dass die jungen Bewohner von Städten und Agglomerationen häufiger verschuldet bleiben als die Landbevölkerung. Nach Sprachen unterteilt überrascht die Tatsache, dass von den französisch sprechenden jungen Menschen 43 Prozent fünf Jahre nach der Erstverschuldung immer noch mit ausstehenden Forderungen zu kämpfen haben, während ihre deutsch sprechenden Kollegen «nur» zu 35 Prozent und die italienisch sprechenden Jungen zu 34 Prozent in der Schuldenfalle gefangen sind.
Arztrechnungen und Internet als Stolpersteine
Der Radar 2012 wertet erstmals das Gesundheitswesen vertieft aus. Auffallend ist, dass 61 Prozent der jungen Erwachsenen, die offene Arzt- oder Laborrechnungen haben, Frauen sind. In einem Interview mit Wolfgang Schibler, Direktor der Ärztekasse (standeseigene Genossenschaft zur Professionalisierung und teilweisen Auslagerung der Praxisadministration, insbesondere Mahnwesen und Inkasso) weist dieser darauf hin, dass die Arztrechnungen zwar von der Krankenversicherung dem Patienten vergütet werden, dass aber junge Erwachsene mit wenig finanziellen Reserven anschliessend damit häufig nicht die Arztrechnung bezahlen, sondern das Geld anderweitig verwenden.
Geraten junge Frauen vor allem mit unbezahlten Arztrechnungen in Schieflage, so erweist sich der E-Commerce für die jungen Männer als hauptsächliche Schuldenquelle. Ihr Anteil an den in diesem Bereich verschuldeten jungen Personen liegt bei 60 Prozent.
Smartphones für Anstieg der Forderungen im Telekom-Bereich verantwortlich
Die Höhe der Hauptforderung von jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren ist im Jahr 2012 im Bereich Telekommunikation deutlich auf CHF 563.- (Vorjahr CHF 468.-) angestiegen. Dafür sind nicht zuletzt die Smartphones mit Internetnutzung sowie Geräte mit hohem Sozialprestige verantwortlich. Leicht rückläufig hingegen sind die Hauptforderungen in den Bereichen Gesundheitswesen (Radar 2012 CHF 248.-, Vorjahr CHF 254.-) und E-Commerce (Radar 2012 CHF 100.-, Vorjahr CHF 106.-).
Besser sieht es bei den jungen Erwachsenen mit der Abzahlungsgeschwindigkeit offener Inkassofälle aus. «Die 18- bis 25-Jährigen bezahlen die Hälfte der Hauptforderung ihrer Schulden im Bereich Telekommunikation im Durchschnitt innerhalb von 21 Monaten, während ihre älteren Kollegen dafür 24 bis 27 Monate brauchen.», sagt Thomas Hutter. (Intrum Justitia/mc/pg)