Schweizer Medtech-Branche bleibt trotz regulatorischen Hürden auf Wachstumskurs
Bern – Die Schweizer Medtech-Branche ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Sorgen bereiten der Branche der Kostendruck und die Regulierungen der Europäischen Union.
Die Medizintechnikbranche erwirtschaftete im Jahr 2023 einen Umsatz von 23,8 Milliarden Franken, wie einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Vereinigung Swiss Medtech zu entnehmen ist. In den letzten beiden Jahren sei die Branche um über 6 Prozent gewachsen und damit doppelt so schnell wie das nominale Bruttoinlandprodukt der Schweiz.
Rund 20’000 Arbeitsstellen seien in den letzten zehn Jahren dank der Branche hierzulande geschaffen worden, davon 4’200 allein in den letzten zwei Jahren, heisst es in der Studie weiter. Die Zahl der Beschäftigten sei mittlerweile auf 71’700 Personen angewachsen. Damit sei mehr als jede hundertste Arbeitskraft in der Schweiz in der Medizintechnik tätig, was die wirtschaftliche Bedeutung der Industrie unterstreiche.
Weiter habe die Branche im vergangenen Jahr einen Handelsbilanzüberschuss von 5,8 Milliarden Franken erzielt, so die Studie. Die EU war unverändert der wichtigste Handelspartner für die Branche: Rund die Hälfte der Schweizer Medtech-Exporte gingen in den EU-Raum.
EU-Regulierung behindert
Nicht gut weg kommt innerhalb der Schweizer Medtech-Branche die europäische Medizinprodukteregulierung (MDR): Diese sei «bürokratisch, kostspielig und innovationshemmend». So hätten 80 Prozent der Unternehmen zur Bewältigung der Regulierung neues Personal eingestellt und 60 Prozent hätten personelle Ressourcen aus dem Bereich «Forschung und Entwicklung» abzweigen müssen, heisst es.
Dies spiegelt sich auch in den Kosten wider: Insgesamt seien die Auslagen für die Entwicklung in den letzten zwei Jahren im Durchschnitt um rund 28 Prozent gestiegen. Zudem hätten die Produktkosten 13 Prozent und die Preise um 8 Prozent zugenommen. Allerdings war das auch auf höhere Rohstoff-, Energie-, Transport- und Logistikkosten zurückzuführen, so die Studie.
Blick in Richtung USA
Auch aufgrund der bürokratischen Hürden in Europa richten die Schweizer Medtech-Unternehmen ihren Fokus verstärkt auf die USA. Bereits heute würden 20 Prozent der Unternehmen die Erstzulassung für ihre neusten Produkte nicht mehr in Europa, sondern in den USA beantragen, heisst es. Über 30 Prozent zertifizierten ihre Produkte sowohl in Europa als auch in den USA, wobei der Prozess in Europa viel langwieriger sei.
Dies führt laut der Erhebung auch zu jahrelangen Verzögerungen bei der Einführung neuer Produkte in der Schweiz. So hofft der Branchenverband, dass die Forderung nach einer Zulassung der FDA-zertifizierten Medizinprodukten in der Schweiz «rasch und praxisnah» umgesetzt wird.
KI und Digitalisierung als Chance
Grosse Chancen sieht der Verband in der fortschreitenden Digitalisierung und bei der Künstlichen Intelligenz (KI). Die Schweiz müsse eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung und Anwendung von KI einnehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Medtech-Produktion im Hochpreisland Schweiz zu sichern, so Adrian Hunn, Direktor von Swiss Medtech.
Allerdings bringe dieser Prozess auch Herausforderungen mit sich: So müssten die Unternehmen in Sicherheitssysteme und Datenschutzmassnahmen investieren sowie rechtliche Fragen berücksichtigen.
Umfrage mit 470 Unternehmen
Die Branchenstudie des Verbands Swiss Medtech in Zusammenarbeit mit der Helbling Gruppe erscheint im Zweijahresrhythmus. Der Studie basiert auf einer Umfrage, an der den Angaben zufolge über 470 in der Schweiz tätige Medtech-Unternehmen teilgenommen haben. (awp/mc/ps)