Zürich – Schweizer Unternehmen haben im vergangenen Jahr ihre Übernahme- und Fusionstätigkeit auf hohem Niveau gehalten. Rekordhohe Private-Equity-Aktivitäten sowie ein zunehmender Innovations- und Transformationsdruck sind gemäss einer am Dienstag veröffentlichten Studie von KPMG die Gründe für die regen M&A-Aktivitäten. Auch 2018 dürfte es zu weiteren Transaktionen kommen.
Insgesamt 395 Transaktionen mit Schweizer Beteiligungen zählte KPMG im vergangenen Jahr. Das sind 9% mehr als im Vorjahr und entspreche der zweithöchsten Transaktionsanzahl seit 2007, sagte Patrik Kerler, Leiter M&A von KPMG Schweiz, anlässlich einer Medienkonferenz zur Studie.
Rückläufig war hingegen das Transaktionsvolumen, das mit 101,5 Mrd USD um 15% geringer als 2016 ausfiel. Berücksichtigt werden müsse allerdings, dass das Volumen 2016 durch die Grossübernahme von Syngenta durch ChemChina stark beeinflusst worden war.
Schweizer Firmen aktiv im Ausland
Schweizer Firmen haben dabei doppelt so viele Übernahmen im Ausland getätigt, wie ausländische Gesellschaften in der Schweiz. 2017 wurden in 188 Fällen ausländische von Schweizer Unternehmen und in 91 Fällen einheimische von ausländischen Gesellschaften erworben. Dabei tätigten Schweizer Firmen Transaktionen im Umfang von 11,9 Mrd USD in Westeuropa, 11,3 Mrd in Nordamerika und 4,1 Mrd in Asien/Pazifik.
Nach Branchen betrachtet sei es insbesondere in der Konsumgüter-, Technologie- & Medien- sowie Pharmaindustrie zu bemerkenswerten Transaktionen gekommen, so Kerler weiter. Die gemessen am Volumen mit Abstand grösste Transaktion war die Akquisition von Actelion durch Johnson & Johnson in der Höhe von knapp 30 Mrd USD. Damit reiht sie sich gemäss KPMG in die fünf grössten Schweizer M&A-Aktivitäten aller Zeiten ein.
Als ebenfalls bemerkenswert bewertet das Beratungsunternehmen eine Reihe von Übernahmen in der Nahrungsmittelindustrie. Diese Transaktionen würden zeigen, wie Wertschöpfungsketten ineinander fliessen bzw. integriert werden, wenn sich Nahrungsmittelindustrie, Detailhandel und Gesundheitssektor annäherten.
Beispielhaft für diesen Trend stehe die M&A-Aktivitäten von Nestlé im vergangenen Jahr. So übernahm der Konzern das kalifornische Kaffeehaus-Startup Blue Bottle Coffee, den Hersteller pflanzlicher Nahrungsmittel Sweet Earth sowie den Vitaminproduzenten Atrium Innovations. «Diese Deals verdeutlichen, wie veränderte Konsumentenwünsche zu interessanten M&A-Transaktionen führen», heisst es in der Studie.
Auch der dramatische Wandel in der Medienbranche zwang die Unternehmen zu einer Anpassung ihrer Modelle, was unter anderem dazu führte, dass die Mediengruppen NZZ und AZ ein Joint Venture gründeten, um ihr regionales Verlagsgeschäft zu stärken. Weiter kündigte Tamedia ein öffentliches Übernahmeangebot für die integrierte Vermarktungsgesellschaft Goldbach an.
Verstärkte M&A-Aktivitäten in der Industrie
Für 2018 könne branchenübergreifend mit einer verstärkten Überarbeitung der Geschäfts- und Betriebsmodelle gerechnet werden, prognostiziert Kerler. Dies werde zu weiteren strategischen Partnerschaften, Joint Ventures und Akquisitionen führen.
Insbesondere in der Industrie, dem Rohstoffsektor und in der Technologie-, Medien- und Telekommunikationsbranche erwartet Kerler verstärkte M&A-Aktivitäten. In der Industrie dürften Unternehmen wie ABB oder Oerlikon ihre strategische Ausrichtung weiter überprüfen, was gemäss Kerler zu einer erhöhten Anzahl und einigen für den Sektor prägenden Transaktionen führen könnte.
Der Rohstoffbereich dürfte angesichts der Liberalisierung und Privatisierung in verschiedenen Regionen Schweizer Rohstoffhändlern M&A-Gelegenheiten bieten. Zudem rechnet Kerler damit, dass chinesische Firmen weiterhin Ausschau nach Übernahmezielen halten werden.
Im Zuge der Digitalisierung dürften gemäss Kerler Software- als auch Fintech-Unternehmen Akquisitionen und Fusionen antreiben. Unternehmen wie Luxoft, Kudelski oder Logitech dürften nach Ansicht von KPMG weiterhin als Akquisiteure auftreten. Im Bereich Telekom schliessen die Experten nicht aus, dass Salt eine aktivere Rolle einnehmen und ein Auge auf das Schweizer Geschäft von UPC werfen könnte. (awp/mc/ps)