Schweizer Wirtschaft 2013: Holprig, aber aufwärts

Schweizer Wirtschaft 2013: Holprig, aber aufwärts

Zürich – Die Schweizer Wirtschaft wird 2013 schneller wachsen als im laufenden Jahr. Die Ökonomen der Credit Suisse prognostizieren für 2013 ein Wachstum von 1,5%. Tiefe Zinsen, eine rege Zuwanderung und der robuste Arbeitsmarkt tragen zu dieser Expansion bei. Die Schweizerische Nationalbank gewährleistet die währungspolitische Schützenhilfe. Unsicherheit und Nervosität bleiben aber auch im nächsten Jahr ständige Wegbegleiter, und nicht alle Branchen können gleichermassen vom leichten, aber holprigen Aufschwung profitieren. Die Teuerung veranschlagen die Ökonomen der Credit Suisse für 2013 auf durchschnittlich 1%.

Die Weltwirtschaft zeichnet sich 2013 durch moderates Wachstum, grosse regionale Unterschiede sowie zahlreiche Unsicherheiten aus. Schwächste Region bleibt die südliche «Peripherie» Europas, die in der Rezession verharrt. Sparmassnahmen, hohe Risikoprämien sowie Engpässe in der Kreditvergabe lassen auch 2013 keine robuste Konjunktur erwarten. Die Realwirtschaft in «Kerneuropa» profitiert von der äusserst lockeren Geldpolitik, weshalb hier mit einem höheren Wachstum zu rechnen ist.

In den USA befinden sich der Immobiliensektor und der Arbeitsmarkt zwar auf Erholungskurs. Doch ist die Unsicherheit über anstehende finanzpolitische Änderungen («Fiscal Cliff») ein Wachstumshemmnis. Die Ökonomen der Credit Suisse gehen jedoch davon aus, dass nach den Wahlen im November ein Kompromiss gefunden wird, der Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen in Grenzen hält. Auch in zahlreichen Schwellenländern, insbesondere China, dürfte sich das Wachstum 2013 nicht merklich beschleunigen. Zu stark spüren sie die Schwäche der Handelspartner in Europa. Angesichts weiter bestehender Inflationsrisiken sind zudem nur in begrenztem Mass geld- und fiskalpolitische Stimulus-Massnahmen zu erwarten.

Das kleine Schweizer Wirtschaftswunder
Die Schweizer Wirtschaft präsentiert sich äusserst robust gegenüber dem Krisenumfeld im Ausland. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) lag im zweiten Quartal 2012 laut Angabe des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco um 0,5% über seinem Vorjahresstand. Der Arbeitsmarkt erweist sich als robust: Die Arbeitslosenquote ist mit unter 3% eine der tiefsten weltweit und allein in den vergangenen zwölf Monaten sind netto knapp 50’000 Stellen geschaffen worden. Zudem ist die vielerorts befürchtete Konsumflaute ausgeblieben und allen Unkenrufen zum Trotz konnte das Exportvolumen gehalten werden. Dank der Stabilisierung des Wechselkurses vor einem Jahr dürfte der Margentiefpunkt im Exportgeschäft durchschritten sein. Die Exporteure konnten seither Preissteigerungen von bis zu 10% durchsetzen und ihre Kosten dank gefallenen Importpreisen senken.

Schweizer Wirtschaft wird 2013 erneut wachsen
Strukturelle Vorteile verschaffen der Schweizer Wirtschaft auch 2013 eine gute Ausgangslage. Dank dem Status als «Sicherer Hafen» und der tiefen Staatsverschuldung ist Kapital so günstig wie nie. Die tiefen Zinsen stützen die Nachfrage nach Bauinvestitionen und verschaffen Haushalten und Unternehmen sowie dem Staat namhafte finanzielle Entlastungen. Der flexibel ausgestaltete Arbeitsmarkt bleibt attraktiv – auch für Zuwanderer. Entsprechend dürfte die Migration rege bleiben. Das dadurch höhere Wachstumspotenzial schlägt sich insbesondere in einer Zunahme des privaten Konsums nieder. Gleichzeitig gibt die Nationalbank durch die Verteidigung der Frankenuntergrenze weiterhin währungspolitische Schützenhilfe, womit sich die Lage für die Schweizer Exporteure weiter verbessert. In Anbetracht dieser Faktoren halten die Ökonomen der Credit Suisse an ihrer Prognose vom 5. März 2012 fest, wonach die Schweizer Wirtschaft 2013 um 1,5% expandieren wird.

Grosse Unterschiede zwischen den Branchen und hohe Volatilität
Trotz intakter Aussichten bleiben Unsicherheit und Nervosität 2013 ständige Wegbegleiter. Das Jahreswachstum verbirgt die zu erwartende hohe Volatilität. Von Monat zu Monat sind grosse Schwankungen zu erwarten. Auch versperrt das Durchschnittswachstum den Blick auf «Einzelschicksale». So können sich beispielsweise nicht alle Exportbranchen gleich gut behaupten. Die positive Umsatzentwicklung wurde stark durch die Uhren- und die Nahrungsmittelindustrie getrieben, während andere Branchen – wie die Maschinenindustrie – einen Rückgang im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen mussten. Auch das Beschäftigungswachstum ist alles andere als breit abgestützt. Der Stellenzuwachs ist nur wenigen Branchen zu verdanken, namentlich dem Gesundheitswesen, dem Bau und damit verbundenen Branchen, der Verwaltung und der Uhrenindustrie.

Krisenmodus birgt Risiken
Darüber hinaus türmen sich aufgrund des nunmehr fünf Jahre dauernden ständigen Krisenmodus zahlreiche Risiken auf. Die Geldschwemme, welche die Nationalbank zur Verteidigung der Wechselkursuntergrenze von CHF 1.20 pro Euro schafft, birgt ein hohes Inflationspotenzial. Zwar wird die Liquidität derzeit gehortet und entsprechend gering ist ihr Einfluss auf die Realwirtschaft. Doch im Zuge einer allfälligen Erholung der Weltwirtschaft müsste die Geldmenge zweifellos rasch wieder abgeschöpft werden. Die Kunst wird darin bestehen, den richtigen Zeitpunkt zu treffen. Gleichzeitig nimmt mit steigenden Immobilienpreisen die Sorge vor einer Immobilienblase zu. Dabei sind die Preissteigerungen Folge einer nachfragegetriebenen Überbewertung und keine spekulative Preisblase. Und einer der wichtigsten Wachstumspfeiler der letzten Jahre gerät unter Druck: Die Zuwanderung wird mehr und mehr zu einem Politikum. Darüber hinaus nimmt der internationale politische Druck auf die Schweiz zu, was unserem Land ebenso viel Diplomatie wie auch Standfestigkeit abverlangt.

Preisniveau steigt 2013 wieder
Die Teuerung dürfte 2013 im Jahresdurchschnitt um 1% über dem Vorjahreswert zu liegen kommen, nach einem Rückgang von 0,3% in diesem Jahr. Die derzeit negative Teuerungsrate ist eine verzögerte Auswirkung der Frankenaufwertung bis zur Einführung des Mindestkurses vor einem Jahr sowie das Resultat der Preiseinbrüche auf den Rohstoffmärkten – namentlich von Erdöl – im Frühling. Durch die Stabilisierung des Wechselkurses hat der Franken an preissenkender Wirkung verloren. Die Zeit starker Preisrückgänge auf Importprodukten nähert sich demnach ihrem Ende. Zudem haben sich die Rohstoffpreise wieder erholt, was das Preisniveau in der Schweiz in die Höhe treibt. Doch auch wenn die Teuerungsraten wieder positive Vorzeichen aufweisen werden, dürfte das milde Teuerungsklima noch eine ganze Weile anhalten. Dies allein schon deshalb, weil sich die wiederholten Zinssenkungen aufgrund der expansiven Geldpolitik der Nationalbank über den träge reagierenden Referenzzinssatz mietpreissenkend auswirken. Und da im Urteil der Ökonomen der Credit Suisse in den nächsten zwölf Monaten nicht mit einer Zinsstraffung zu rechnen ist. (Credit Suisse/mc/pg)

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