Neuenburg – Die Schweizer Wirtschaft verzeichnete 2015 einen Anstieg des Bruttoinlandproduktes (BIP) zu Preisen des Vorjahres um 0,8 Prozent (2014: +2,0%). Angesichts der Abschwächung des allgemeinen Preisniveaus stieg das BIP zu laufenden Preisen um 0,3 Prozent (2014: +1,4%). Dieses verhaltene Wachstum erfolgte in einem schwierigen Währungsumfeld. Das Bruttonationaleinkommen (BNE) zu laufenden Preisen nahm um 1,6 Prozent zu, was auf einen verbesserten Saldo der Einkommensbilanz mit dem Ausland zurückzuführen ist. Diese Ergebnisse gehen aus den ersten Schätzungen des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor.
2015 war die Schweizer Wirtschaft von der im Januar beschlossenen Aufhebung des Mindestkurses des Frankens zum Euro, dem Einbruch der Erdölpreise sowie von Umstrukturierungen im Bankensektor gekennzeichnet. Da die Resultate der grossen Erhebungen und auch bestimmte administrative Daten erst 2017 vorliegen, erschweren diese Ereignisse die Schätzung des BIP 2015 zusätzlich. Die vorliegenden Ergebnisse sind deshalb als provisorisch zu betrachten.
Rückgang der Handelsbilanz
Ohne Berücksichtigung des Nichtwährungsgoldes verringerte sich der Saldo der Bilanz aus dem Waren- und Dienstleistungshandel 2015 um 3,4 Prozent (sofern nicht anders vermerkt, sind die Ergebnisse zu Preisen des Vorjahres ausgedrückt). Eine Erklärung dafür ist der drastisch gesunkene Saldo der Dienstleistungsbilanz. Dieser ergibt sich daraus, dass die Importe stärker angestiegen sind als die Exporte (+9,0% gegenüber +1,6%). 2015 haben die Tourismusausgaben der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland sowie die Importe von Dienstleistungen für Unternehmen und von Telekommunikations-, Computer- und Informationsdiensten deutlich zugenommen.
Der Saldo der Warenbilanz (ohne Nichtwährungsgold) erhöhte sich hingegen um 8,2 Prozent, was darauf zurückzuführen ist, dass die Exporte dynamischer ausfielen als die Importe (+1,9% bzw. +0,3%). Hauptverantwortlich für den Anstieg der Exporte waren der Transithandel und die Pharmaindustrie.
Endkonsum der privaten Haushalte mit leichtem Wachstum
Die Konsumausgaben der privaten Haushalte und der privaten Organisationen ohne Erwerbszeck, die rund 55 Prozent des BIP ausmachen, verzeichneten im zweiten Jahr in Folge eine moderate Zunahme um 1,1 Prozent (2014: +1,2%). Trotz einer leichten Aufhellung Ende Jahr blieb die Konsumentenstimmung aufgrund der Sorgen der Haushalte um die Arbeitsmarktentwicklung und deren Pessimismus hinsichtlich der Konjunkturentwicklung gedämpft.
Nach einer markanten Erholung im Jahr 2014 verlangsamte sich das Wachstum der Investitionen (+1,6%). Beide Bestandteile der Investitionen schwächten sich ab: Das Baugewerbe, das seit mehreren Jahren Wachstumsquoten von über 3 Prozent aufwies, stand mit 2,2 Prozent im Plus und die Ausrüstungsgüter registrierten eine Zunahme von 1,3 Prozent (2014: +2,6%).
Industrie im Minus, Dienstleistungen im Plus
Nach einem kräftigen Wachstum im Jahr 2014 erlitt die verarbeitende Industrie durch die Aufhebung des Mindestkurses EUR/CHF einen Rückschlag und verbuchte eine leicht negative Entwicklung (-0,9%) ihrer Wertschöpfung. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass sich die einzelnen Wirtschaftszweige sehr unterschiedlich verhielten und zum Beispiel die Pharmaindustrie stark zulegte.
Die Wertschöpfung der Dienstleistungen (einschliesslich Handel) erhöhte sich indessen moderat. Positiv war sie auch im Grosshandel, der vom Transithandel getragen wurde, und in wichtigen binnenmarktorientierten Branchen (Gesundheits- und Sozialwesen usw.). Das Gastgewerbe registrierte hingegen rückläufige Zahlen (-3,0%).
Im Finanzsektor (Banken und Versicherungen) fiel das Wachstum nach einer Verlangsamung im Jahr 2014 negativ aus (-1,7%). Dieses Ergebnis lässt sich mit dem schwachen Abschneiden des Bankensektors und dem starken Wachstum der Versicherungen erklären.
Anstieg des Bruttonationaleinkommens (BNE)
Das BNE zu laufenden Preisen, das die Summe der Einkommen der gebietsansässigen Einheiten misst, fand 2015 nach einem schwachen Jahr auf den Wachstumspfad zurück (+1,6%). Die Steigerung im Jahr 2015 resultiert aus der stärkeren Abnahme der ans Ausland geleisteten Vermögenserträge (-22,7%), die durch den Rückgang der aus dem Ausland zugeflossenen Vermögenserträge (-11,5%) nur teilweise kompensiert wurde. Demgegenüber reichte die massive Erhöhung des aus dem Ausland zugeflossenen Erwerbseinkommens (+10,7%) nicht aus, um den konstanten Anstieg der bedeutend umfangreicheren Lohnzahlungen an im Ausland ansässige Personen (+4,5%) auszugleichen.
Die Verringerung der ans Ausland geleisteten Vermögenserträge ist auf die stark rückläufigen Einnahmen aus den ausländischen Direktinvestitionen zurückzuführen, nachdem diese im Vorjahr noch kräftig angestiegen waren.
Insgesamt ergab sich ein deutlicher Anstieg des Saldos der vom Ausland erhaltenen und ans Ausland bezahlten Faktoreinkommen (Arbeits- und Kapitaleinkommen) um 8,8 Milliarden Franken, wodurch dieser wieder das Niveau von 2012 und 2013 erreichte. Der Einkommensbilanzüberschuss belief sich 2015 somit auf 14,8 Milliarden Franken. (BFS/mc/ps)