Zürich – Die Ökonomen der Credit Suisse belassen ihre Wachstumsprognosen für die Schweizer Wirtschaft unverändert bei 0,8% für 2015 bzw. bei 1,2% für 2016. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich somit zwar nur leicht beschleunigen, ein eigentlicher Konjunktureinbruch ist aber trotz Frankenstärke wenig wahrscheinlich. Der Anstieg der Arbeitslosenquote sollte zudem nicht so markant ausfallen, dass der Konsum einbricht. In der Herbstausgabe 2015 des «Monitor Schweiz» beantworten die Ökonomen der Credit Suisse zudem elf Fragen zur Zukunft der Schweiz. Demnach wird das Potenzialwachstum der Schweizer Wirtschaft von heute geschätzten 2% bis 2030 auf 1,6% abnehmen. Nach einer Modellrechnung der Ökonomen wird das Gesundheits- und Sozialwesen bis 2030 der grösste Arbeitgeber in der Schweiz sein. Die Industrie soll um 100’000 Stellen schrumpfen.
Die Schweizer Wirtschaft ist trotz Frankenschock nicht in eine Rezession gerutscht. Zum einen ist dies auf die anhaltend gute Binnenkonjunktur zurückzuführen. Zum anderen fakturieren viele Unternehmen im Exportbereich in Fremdwährung und haben im Zuge der Frankenstärke Margenrückgänge in Kauf genommen, um ihre Marktanteile zu halten. Ein solcher Margenschwund geht in der Regel mit einem langsamen aber dafür langanhaltenden Anstieg der Arbeitslosenquote einher. Entsprechend gehen die Ökonomen der Credit Suisse davon aus, dass die Arbeitslosenquote nach 3,3% im laufenden Jahr 2016 auf 3,7% steigen wird.
Arbeitsmarkt ist Zünglein an der Waage zwischen Rezession und Wachstum
Ein solcher Anstieg der Arbeitslosenquote dürfte gemäss Ökonomen das Konsumwachstum zwar bremsen, aber nicht abwürgen, da es durch verschiedene Faktoren gestützt wird: Erstens wird sich die Zuwanderung wohl nur leicht abschwächen. Laut Analyse der Ökonomen der Credit Suisse basierte in den letzten sechs Jahren mehr als ein Viertel des Konsumwachstums auf der Zuwanderung. Entsprechend gehen die Ökonomen davon aus, dass die Zuwanderung auch im kommenden Jahr mehr als eine Milliarde Franken an das Konsumwachstum beitragen wird. Zweitens resultiert selbst unter der Annahme einer nur leichten Zunahme der Lohnsumme um 0,5% dank der zu erwartenden Nullteuerung ein Kaufkraftgewinn um beinahe 2 Milliarden Franken (wobei ein Teil davon ins Ausland abfliessen dürfte). Drittens entlasten die tiefen Hypothekarzinsen die Budgets vieler Hauseigentümer und – dank der Koppelung der Mieten an das Zinsumfeld – zumindest teilweise auch das der Mieter. Viertens animieren Preisnachlässe zum Kauf. So gehen starke Preisnachlässe beispielsweise für Autos in der Regel mit einem Anstieg der Neuzulassungen einher. Insgesamt dürfte der private Konsum 2016 um 1% gegenüber 2015 zunehmen und somit nur unwesentlich schwächer sein als im laufenden Jahr (1,1%).
Im Investitionsverhalten sind für 2016 keine grosse Veränderungen absehbar
Für 2016 prognostizieren die Ökonomen der Credit Suisse eine Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen um 1,6% (2015: 1,8%) und ein Wachstum der Bauinvestitionen um 1% (2015: -1,2%). Tiefe Zinsen und hohe Aktienbewertungen sowie der Druck zur Rationalisierung sprechen für Ausrüstungsinvestitionen, die nach wie vor vorherrschende Unsicherheit sowie die trübe Erlössituation in der Exportwirtschaft wirken jedoch hemmend. Die realen Exporte werden gemäss Prognosen der Ökonomen 2016 um 2% zunehmen (nach einem Rückgang um 0,5% 2015). Das wirtschaftliche Umfeld dürfte sich insbesondere in der Eurozone weiter aufhellen und das US-Wachstum sollte robust bleiben. Zudem sollte sich die Wechselkurssituation für die Exportwirtschaft unter anderem dank dem Beibehalten der Negativzinsen durch die Schweizerische Nationalbank sowie deren sporadischen Fremdwährungskäufen etwas entspannen.
Potenzialwachstum sinkt von 2% auf 1,6% bis 2030
Vor dem Hintergrund der demografischen Alterung und der damit verbundenen Abschwächung des Arbeitsangebots sowie der drohenden Begrenzung der Zuwanderung wird die Steigerung der Produktivität zunehmend zum zentralen Wachstumstreiber. In ihrem Basisszenario zum Potenzialwachstum bis 2030 gehen die Ökonomen der Credit Suisse davon aus, dass die Arbeitsproduktivität in Zukunft im gleichen Umfang wie im Durchschnitt des Zeitraums 1998 bis 2012 zunimmt. Dies bedingt aber, dass die Investitionsneigung höher wird. Zudem sollte die Zuwanderung mindestens 40‘000 bis 50‘000 Personen pro Jahr betragen und die Erwerbsbeteiligung beim inländischen Arbeitskräftepotenzial muss weiter steigen. Selbst unter diesen vergleichsweise optimistischen Annahmen verringert sich aber das Potenzialwachstum gemäss der Schätzungen der Ökonomen demografiebedingt von heute rund 2% bis 2020 auf 1,8%. Bis 2030 wird zudem eine erneute Abschwächung auf eine Wachstumrate von 1,6% erwartet.
Die Publikation «Monitor Schweiz» ist im Internet in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch verfügbar unter: www.credit-suisse.com/research (Credit Suisse/mc/ps)