Schweizer Wirtschaft trotz Krieg mit solidem Wachstum im 2022

Schweizer Wirtschaft trotz Krieg mit solidem Wachstum im 2022
(Bild: Schlierner / Adobe Stock)

Bern – Die Schweizer Wirtschaft hat im vierten Quartal zwar stagniert, im Gesamtjahr 2022 hat sie aber trotz herausforderndem internationalen Umfeld mit Krieg, Inflation und hohen Energiepreisen ein solides Wachstum erzielt.

Nach einem Plus von 0,2 Prozent im dritten Quartal hat sich die Wachstumsrate des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) in der Periode von Oktober bis Dezember auf 0,0 Prozent abgeflacht, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag mitteilte. Dieser Vorquartalsvergleichs-Wert lag etwas unter den Schätzungen: Von AWP befragte Ökonomen hatten ein BIP-Wachstum zwischen +0,1 bis +0,3 Prozent erwartet.

Relativ gut sieht es aber aus für das Gesamtjahr 2022. Gemäss den ersten Schätzungen des Seco lag das BIP-Wachstum bei 2,1 Prozent. Damit konnte die nach Kriegsbeginn noch erwartete Rezession klar verhindert werden, auch wenn sich das Wachstum im Vergleich zu 2021 (+4,2%) halbierte.

Das Jahr war allerdings etwas zweigeteilt. Während die konjunkturelle Entwicklung im ersten Halbjahr und vor allem im ersten Quartal noch von der anhaltenden Erholung von der Corona-Krise geprägt war, lasteten der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die angespannte Energielage in Europa auf der weiteren Entwicklung.

Das zeigt sich eindrücklich an den BIP-Zahlen im Vergleich zum jeweils entsprechenden Vorjahreszeitraum: So wuchs etwa das BIP im ersten Quartal um 4,4 Prozent, im zweiten Quartal waren es dann nur noch 2,4 Prozent und in den Jahresabschnitten drei und vier noch je 0,8 Prozent. Die Industrie etwa entwickelte sich bereits ab dem zweiten Quartal negativ.

Gastgewerbe immer noch im Rückstand
Corona-Aufholeffekte waren vor allem noch im Gastgewerbe zu sehen: so stieg die Wertschöpfung in dieser Branche um 52,4 Prozent an. Aber auch die Branche Kunst, Unterhaltung und Erholung (+23,7%) sowie der Bereich Transport und Kommunikation (+6,8%) wuchsen noch relativ stark. Insgesamt gehen laut Seco rund 1,3 Prozentpunkte des BIP-Wachstums 2022 auf diese drei Bereiche zurück. Interessant dabei ist, dass das Vorkrisenniveau der Wertschöpfung bislang aber weder im Gastgewerbe noch in der Unterhaltungsbranche wieder erreicht ist.

Grundsätzlich sei aber mit keinen weiteren grösseren Corona-Aufholeffekten zu rechnen, sagte Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik, an einer Videokonferenz. Dies lässt sich auch daraus ablesen, dass das Niveau des Schweizer BIP aktuell wieder 2,7 Prozent über dem Niveau des vierten Quartals 2019 – also dem letzten Quartal vor Corona – liegt.

Im internationalen Vergleich hat sich die Schweiz damit sehr gut erholt. Einzig in den USA liegt der Wert mit +5,1 Prozent noch deutlich höher. Gewisse Länder wie etwa Spanien oder Grossbritannien liegen gar noch immer noch unter dem Vorcorona-Niveau.

Wendepunkt erreicht?
Trotz der Stagnation im letzten Quartal zeigt sich das Seco einigermassen optimistisch für den weiteren Konjunkturverlauf. Die Stimmungsindikatoren etwa hätten sich nach einem starken Rückgang zuletzt stabilisiert und könnten darauf deuten, dass die Konjunktur am Wendepunkt zu wieder mehr Wachstum angelangt sei, sagte Scheidegger.

Auch der wöchentlich vom Seco berechnete Indikator für die Wirtschaftsaktivität in der Schweiz zeige im Vorjahresvergleich aktuell ein Wachstum von 1,3 Prozent. Und auch die Einkaufsmanagerindizes in den meisten anderen Ländern stünden über 50 Punkten und würden entsprechend auf ein Wachstum hindeuten.

Hintergrund sei sicher vor allem, dass es diesen Winter nicht wie befürchtet zu einer Energiemangellage gekommen sei. Eine Versorgungskrise dürfte ausbleiben, so die Seco-Verantwortlichen. Dazu habe sicher der bisher milde Winter beigetragen. Zwar drohe auch im nächsten Winter ein ähnliches Szenario wie es für diesen Winter nun ausgeblieben sei. «Eine Rezession würde ich aus heutiger Sicht für dieses Jahr aber ausschliessen», sagte Scheidegger. (awp/mc/ps)

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