Wirtschaft im vierten Quartal gewachsen – Was bringt Corona?

(Bild: Schlierner / Adobe Stock)

Bern – Die Schweizer Wirtschaft ist im vierten Quartal 2019 weiter gewachsen. Doch dies ist Vergangenheit und interessiert entsprechend wenig. Viel mehr interessiert, welche Auswirkungen das Coronavirus haben wird. Das hängt allerdings von diversen Faktoren ab und ist entsprechend schwierig vorauszusagen.

Das Schweizer Bruttoinlandprodukt, kurz BIP, wuchs mit 0,3 Prozent im Berichtsquartal knapp langsamer als im dritten Quartal (+0,4%), aber doch etwas stärker als von Ökonomen erwartet (0,0-0,2%). Die exportorientierte Industrie schwächte sich im Einklang mit der Weltwirtschaft ab, während die Binnenwirtschaft das Wachstum stützte.

Im Gesamtjahr 2019 ergab sich eine Abschwächung auf 0,9 Prozent von 2,8 Prozent im 2018, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag mitteilte.

«Beobachten Entwicklung genau»
Im aktuellen Umfeld, in dem das Coronavirus allgegenwärtig ist und viele Teile des täglichen Lebens tangiert, stellt sich nun aber die Frage, ob das Wachstum durch die Unterbrüche in den internationalen Produktions- und Lieferketten abgewürgt wird und welchen Effekt all die behördlichen Massnahmen für das Schweizer BIP haben werden.

Der Beginn des neuen Jahres dürften gemäss Frühindikatoren wie Einkaufsmanager-Index oder KOF-Barometer, die zuletzt beide höher ausfielen als in den Vormonaten, noch geglückt sein. Allerdings wurden die entsprechenden Umfragen zur Einschätzung der Lage und Aussichten vor dem grossen Ausbruch des Coronavirus ausserhalb Chinas durchgeführt und müssen entsprechend relativiert werden.

Wie sich das Virus auf die internationale Konjunktur im allgemeinen und auf die Schweizer Wirtschaft im speziellen auswirken wird, darüber zerbrechen sich Ökonomen nun die Köpfe. Das Seco wird in zwei Wochen (17.3.) seine Basisprognose veröffentlichen. «Wir beobachten die Entwicklung sehr genau und sind daran, die Auswirkungen des Coronavirus zu analysieren», sagte Ronald Indergand, Leiter des Ressorts Konjunktur beim Seco, gegenüber der Nachrichtenagentur AWP.

Prognose-Senkung angekündigt
Bereits etwas konkreter wird Claude Maurer, der verantwortliche Ökonom bei der Credit Suisse: «Sicher ist, dass das Wachstum schwächer ausfallen wird als ursprünglich angenommen», sagte er. Angesichts der Produktionsunterbrechungen in China, der anhaltenden Schwäche der Eurozone werde man die Prognosen nach unten revidieren.

Gemäss Indergand vom Seco wird für die weitere Entwicklung einerseits wichtig sein, wie schnell die Produktion in China wieder hochgefahren wird, und andererseits, wie stark sich das Virus in Europa ausbreitet. Hierbei sollte unterschieden werden zwischen direkten Effekten des Virus und sekundären Effekten aus Gegenmassnahmen der Behörden.

Spätestens seit der Bundesrat letzten Freitag Veranstaltungen mit über 1000 Personen für gut zwei Wochen verboten hat, sind die Auswirkungen sehr direkt zu spüren. «Mit dem Ausrufen der ‹besonderen Lage› kommt es in der Schweiz zwangsläufig zu Einschränkungen des öffentlichen Lebens», formuliert es Raiffeisen-Ökonom Alexander Koch.

Kurzfristig seien dies vor allem Einnahmeausfälle aus abgesagten Grossveranstaltungen, die neben den Veranstaltern den Gastronomie- und Beherbergungssektor sowie Verkehrsdienstleistungen träfen. Eine Ausweitung der Quarantänemassnahmen würde sich dann zunehmend auf den Handel und weitere Dienstleistungen auswirken.

«Sehr gravierend»
Gemäss Seco-Ökonom Indergand können sich die indirekten Effekte aus Behörden-Massnahmen «sehr gravierend» auswirken, falls ganze Wirtschaftszentren und Produktionsstätten stillgelegt werden müssten. «Solange dies ’nur› im Ausland passiert, wird einerseits die Nachfrage nach Schweizer Produkten beeinflusst und andererseits werden die Lieferketten gestört und dadurch unter Umständen auch die Produktion in der Schweiz behindert.»

Noch stärker wären seiner Meinung nach die Effekte, wenn sich das Virus in der Schweiz stark verbreiten sollte. Schliesslich könnte die entstandene Unsicherheit die Investitionen drücken und es könnte Aufwertungsdruck auf den Franken entstehen.

Dann käme vor allem die Nationalbank (SNB) ins Spiel, die gemäss Marktspezialisten bereits seit ein paar Wochen aktiv am Devisenmarkt ist und damit einen zu starken Anstieg des Frankens zu verhindern versucht. Die SNB selber äussert sich zu Interventionen zwar nicht direkt, Direktor Fritz Zurbrügg sagte aber am vergangenen Wochenende zur «Finanz und Wirtschaft»: «Anleger suchen in Zeiten der Unsicherheit vermehrt sichere Häfen wie den Franken, was ihn aufwerten kann.»

Auch gemäss Zurbrügg haben sich die konjunkturellen Risiken zuletzt erhöht. Falls sich das internationale Umfeld eintrüben würde, hätte das Auswirkungen auf die Schweiz als kleine, offene Volkswirtschaft, sagte er im Interview weiter. Zudem sei ein direkter Einfluss über Handelspartner wie China möglich. (awp/mc/ps)

Seco

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