Bern – Die seit längerer Zeit hervorragenden Indikatoren schlagen sich jetzt auch im Schweizer Wirtschaftswachstum nieder. Das Wachstum war breit über die Sektoren hinweg abgestützt, und der deutliche Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen lässt einen in den nächsten Monaten weiterhin dynamischen Wirtschaftsgang erwarten.
Nach eher enttäuschenden Wachstumsraten zu Jahresbeginn ist das Bruttoinlandprodukt (BIP) in den Sommermonaten Juli bis September um 0,6% gewachsen – so stark wie in keinem anderen Quartal seit Ende 2014. Gegenüber dem Vorjahresquartal betrug das Wachstum 1,2%. Das zeigen die aktuellen Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), die am Donnerstag veröffentlicht wurden.
Damit ist die Schweizer Wirtschaft nicht länger das Schlusslicht: Mit dem Wachstum im dritten Quartal habe die Schweiz zu ihren wichtigsten Handelspartnern aufgeschlossen, sagte Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Zeichen stehen schon länger auf Wachstum
Es war das stärkste Quartalswachstum seit Ende 2014. Die Euro-Zone und die USA legen schon seit längerem höhere Wachstumsquoten vor. Zu Jahresbeginn waren die Ökonomen noch enttäuscht worden. Im ersten Quartal wuchs die Wirtschaft um 0,1%, im zweiten Quartal wurde zunächst ein Plus von 0,3% ausgegeben, das das Seco nun aber auf 0,4% revidiert hat.
Das schleppende Wachstum stand in starkem Kontrast zu Frühindikatoren wie dem Einkaufsmanagerindex (PMI) oder dem KOF-Konjunkturbarometer. Diese signalisierten schon seit Anfang Jahr einen kräftigen Aufschwung. Allerdings hatte in der ersten Jahreshälfte noch eine neue Berechnungsmethode des BIP, die Sportanlässe berücksichtigt, die Zahlen gedämpft.
Starke Industrie
Insbesondere die Industrie konnte im dritten Jahresviertel 2017 stark zulegen und wuchs mit 2,2% noch stärker als im Vorquartal. «Das bestätigt, dass sie den Frankenschock soweit überwunden hat», so Scheidegger. Da nun auch der Handel (+0,6%) und das Gastgewerbe (+0,5%) anzögen, sei die Überwindung des Frankenschocks breit abgestützt.
Auf der Verwendungsseite des BIP zeigte sich, dass der private Konsum eine Wachstumsstütze war. Er legte mit 0,4% ähnlich stark zu wie im langfristigen Mittel. Der Staatskonsum fiel mit 0,5% ebenfalls durchschnittlich aus. Die Ausrüstungsinvestitionen setzten mit 0,9% das leicht überdurchschnittliche Expansionstempo des Vorquartals fortgesetzt.
Investitionen eine «überaus gute Nachricht»
Besonders die zunehmend wichtige Rolle der Investitionen sei eine «überaus gute Nachricht», urteilt Thomas Gitzel, Chefökonom bei der VP Bank. Denn so könne sich ein selbsttragender Aufschwung entwickeln. Die hiesige Volkswirtschaft profitiere aber auch massgeblich von der Erholung der angrenzenden Eurozone.
Ebenfalls breiter sind die Ausfuhren: Im dritten Quartal wurden neben pharmazeutischen Produkten auch mehr Maschinen verkauft. «Was nun noch fehlt, ist der Schwung bei der Beschäftigung», sagte Scheidegger. Dieser sei bislang ausgeblieben, was auch die Schwäche in den binnenorientierten Branchen in den letzten Quartalen erkläre. Immerhin seien im 3. Quartal nun erstmals deutliche Impulse gekommen und das Seco erwarte, dass die Beschäftigung im kommenden Jahr deutlicher nachziehe.
SNB kann zuwarten
Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) sind die heutigen Wachstumszahlen eine vorweihnachtliche Bescherung, resümiert Gitzel. Der Franken laste nicht mehr auf der Schweizer Volkswirtschaft. Allerdings sollten daraus keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Eine Zinsanhebung liege noch in weiter Ferne. Der starke Euro erlaube es der SNB, passiv zu bleiben, ergänzt Janwillem Acket von Julius Bär. (awp/mc/pg)