Wirtschaft kommt nach Frankenschock mit blauem Auge davon

Wirtschaft kommt nach Frankenschock mit blauem Auge davon

Bern – Die Schweizer Wirtschaft hat den Frankenschock etwas besser verdaut als von Experten erwartet. Statt einer Stagnation resultierte 2015 ein leichtes Wachstum. Besonders der private und der staatliche Konsum stützten die Konjunktur.

Nach vorläufigen Zahlen wuchs das Bruttoinlandprodukt (BIP) 2015 real um 0,9%, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Mittwoch mitteilte. Das ist zwar eine deutliche Abschwächung im Vergleich zum Vorjahr mit einem Plus von 1,9%, aber dennoch deutlich besser als die Prognosen der Ökonomen. Diese waren in ihren Schätzungen von einem Wert von -0,2% bis +0,1% ausgegangen.

Damit sei die Schweizer Wirtschaft mit einem blauen Auge davongekommen, kommentierte Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik beim Seco, die Zahlen auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

Einerseits sei es erfreulich, dass es nach der Aufgabe des Mindestwechselkurses durch die Schweizerische Nationalbank im Januar 2015 nicht zu einer Rezession kam. Andererseits sei der Rückgang des Wachstums durch die Franken-Aufwertung beträchtlich. Vor der Aufhebung hatten die Ökonomen noch ein Wachstum von 2,1% vorausgesagt.

Zudem habe sich der Arbeitsmarkt schlechter als erwartet entwickelt. Statt eines Rückgangs der Arbeitslosigkeit auf unter 3% wird dieses Jahr eine Arbeitslosenquote von 3,6% erwartet.

Leicht kritischer als das Seco beurteilt die Credit Suisse das erreichte Wirtschaftswachstum. So habe sich das Plus von 0,9% einzig aus dem statistischen Überhang ergeben, der durch das starke zweite Halbjahr 2014 entstand, heisst es in einer Mitteilung. Ansonsten sei die Schweizer Wirtschaft im Laufe des Jahres kaum gewachsen.

Solide Binnenwirtschaft
Dass der Frankenschock die Schweizer Wirtschaft nicht so stark traf, lag vor allem am privaten und staatlichen Konsum. Die Konsumausgaben des privaten Sektors, die mehr als die Hälfte des BIP ausmachen, stiegen im vergangenen Jahr um 1,1%. Die Konsumausgaben des Staates, im langjährigen Schnitt rund 10% des BIP, stiegen im gleichen Zeitraum um 1,7%.

Beim Aussenhandel leistete die Chemie – und Pharmabranche einen positiven Beitrag, die weniger als andere Wirtschaftszweige von Wechselkursen abhängig ist. Chemie und Pharmaprodukte machen über 40% der Warenexporte aus.

Zudem brachen die Warenexporte insgesamt nicht so stark ein, weil zahlreiche Unternehmen rasch mit Preisabschlägen auf den Frankenschock reagiert hatten. Wie erwartet kam es dagegen zu einem Ende des Baubooms. Die Bauinvestitionen sanken im vergangenen Jahr um 1,2%.

Auf der Produktionsseite des BIP wuchsen die Wertschöpfung besonders im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im verarbeitenden Gewerbe mit einem Plus von 5,3% beziehungsweise 3,1%. Negativ entwickelten sich indes der Handel mit einem Minus von 2,8% und die Finanzdienstleistungen mit einem Rückgang von 2,1%.

Steigerung zum Schluss
Nach einer Stagnation im dritten Quartal hatte das Wachstum der Schweizer Wirtschaft zum Jahresende hin wieder leicht an Tempo zugelegt. Eine solide Binnenwirtschaft verschaffte der Schweiz einen BIP-Zuwachs von 0,4%. Damit lag das Wachstum ebenfalls am oberen Ende der Erwartungen. Als Stützen des Wachstums erwiesen sich wie im Gesamtjahr die Konsumausgaben und die Chemie- und Pharmabranche.

Bedenklich stimme besonders die schwache Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen, heisst es in einem Kommentar von Bakbasel. Zudem zeige die Zurückhaltung der Unternehmen, dass die Sorgen über die weitere Konjunkturentwicklung berechtigt seien. Weiter stütze sich die wieder etwas dynamischere Aussenhandelsentwicklung bisher einzig auf die Chemie- und Pharmabranche ab. Das sei eine sehr schmale Basis für eine durchgreifende Erholung.

Weltwirtschaft als Risiko
Nach Ansicht des Seco bleibt der starke Franken eine Herausforderung für die Schweizer Wirtschaft. Für die Exporteure ebenso wichtig sei jedoch die weltweite Konjunktur. Ein erhebliche Abkühlung der Weltwirtschaft stelle deshalb für die Schweizer Wirtschaft ein weiteres Risiko dar, sagte Scheidegger.

Eine starke Stütze bleibe der Privatkonsum. Die Konsumentenstimmung sei zwar derzeit verhalten, aber es gebe zwei stützende Faktoren: die Zuwanderung und die Aussicht auf eine positive Reallohnentwicklung. (awp/mc/upd/ps)

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