Konjunkturerholung setzt sich trotz gesenkter BIP-Prognose fort

Konjunkturerholung setzt sich trotz gesenkter BIP-Prognose fort
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Bern – Die Konjunkturexperten des Bundes revidieren ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr deutlich nach unten. Ein Sondereffekt im ersten Halbjahr ausgeklammert, setzt sich die moderate Konjunkturerholung jedoch fort.

Im Juni rechnete das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) für 2017 einer Wachstumsrate der Schweizer Wirtschaft von 1,4%. Neu liegt die Prognose noch bei 0,9%. Wie die anderen Konjunkturforschungsstellen hat auch dem Seco das unerwartet schwache erste Halbjahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Von Januar bis März wuchs das Bruttoinlandprodukt nur gerade um 0,1%. Von April bis Juni waren es 0,3%.

Gute Aussichten
Dennoch rechnet das Seco dank der guten konjunkturellen Grosswetterlage mit einer baldigen Wachstumsbeschleunigung. Für 2018 erhöht die Bundesstelle ihre Prognose gar von 1,9% auf 2,0%. Die grossen Industrieländer wie die USA und Deutschland seien bis zuletzt robust gewachsen. Das gleiche gelte für die meisten Schwellenländer, insbesondere China, heisst es in einer Mitteilung am Donnerstag.

Für die Schweizer Exporteure und Touristiker sind das gute Nachrichten, zumal sich der Frankenkurs in den vergangenen Monaten deutlich normalisiert hat. Auch vom inländischen Konsum erhoffen sich die Experten positive Impulse. Zwar steigen die Löhne nur sehr zögerlich. Doch wächst die Bevölkerung weiter und am Arbeitsmarkt hellt sich die Lage auf.

Für 2017 rechnet das Seco mit einem Beschäftigungswachstum von 0,3%, im kommenden Jahr sollen es gar 0,8% sein. Gleichzeitig dürfte die Arbeitslosigkeit weiter zurückgehen, so dass 2017 eine Arbeitslosenquote von 3,2% und 2018 eine Quote von 3,0% zu erwarten ist.

Gewichtiger Sondereffekt
Der positive Ausblick bei gleichzeitiger Senkung der Jahresprognose 2017 begründet das Seco mit einem Sondereffekt in der Branche «Unterhaltung und übrige Dienstleistungen», der die revidierten BIP-Zahlen zum Jahreswechsel 2016/17 nach unten drückte. Dabei geht es namentlich um den Wegfall von Einnahmen aus dem Rechteverkauf bei Sportgrossanlässen, wie Eric Scheidegger, Leiter der Direktion Wirtschaftspolitik beim Seco auf Anfrage erklärte.

Weil im vergangenen Jahr eine Fussballeuropameisterschaft und Olympische Sommerspiele stattfanden und die Schweiz sowohl den Europäischen Fussballverband (UEFA) als auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) beheimatet, wurden die Lizenzeinnahmen in der Schweiz verbucht. Der Effekt ist nicht zu vernachlässigen, er beeinflusste das BIP-Wachstum 2016 um 0,3%.

Entsprechend drückt der Wegfall dieses Sonderpostens im laufenden Jahr die Prognose. Hinzu kommt, dass sich im zweiten Quartal insbesondere die binnenorientierten Branchen wie die staatsnahen Sektoren oder der Detailhandel schwächer als erwartet entwickelten.

Auch andere krebsen zurück
Die Revision der Wachstumszahlen in den ersten beiden Quartalen nötigte jüngst auch andere Konjunkturforscher dazu, ihre Jahresprognosen nach unten anzupassen. So die Schweizerische Nationalbank (SNB), BAK Basel oder die Grossbank Credit Suisse. Letztere senkte das erwartete BIP-Wachstum für das laufende Jahr am Dienstag auf 1,0%.

Dabei habe man aufgrund verschiedener wirtschaftlicher Indikatoren eigentlich an eine Erhöhung der Prognose gedacht. «Die aktuellen Statistiken zeigen ein deutlich positiveres Bild», schrieb die Bank. Konsumentenstimmung, Einkaufsmanagerindex, Tourismuszahlen und die Auslastung der Industrie deuteten auf eine expandierende Wirtschaft hin.

Er sehe bis jetzt keinen realen Grund, warum die Indikatoren und das gemessene Wachstum so stark auseinanderklaffen sollten, sagte Claude Maurer, Leiter Konjunkturanalyse Schweiz bei der CS an einer Medienkonferenz in Zürich. Mit der Erklärung des Seco eines Sondereffekts durch Lizenzeinnahmen aus Sportanlässen dürfte dieser Grund nun gefunden sein. (awp/mc/pg)

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