Showdown um Gesundheitskosten, F-35 und Reform der zweite Säule
Bern – Wann werden die Kampfjet-Kaufverträge unterschrieben? Welche Massnahmen braucht es gegen die Biodiversitätskrise? Wie wird die Reform der beruflichen Vorsorge ausgestaltet? Auf diese und weitere Fragen suchen National- und Ständerat in der Herbstsession nach Antworten.
Das Bundeshaus ist vom 12. bis zum 30. September wieder fest in der Hand der 246 Parlamentarierinnen und Parlamentarier. In Bern wird während dreier Wochen über zahlreiche wichtige Themen diskutiert.
Corona wurde in den vergangenen Monaten von anderen Schwerpunktthemen abgelöst. Viele Gesetzesvorlagen, Vorstösse und Voten drehen sich um die direkten und indirekten Folgen des Krieges in der Ukraine.
Nächster Schritt bei Kampfjet-Beschaffung
In der ersten Sessionswoche diskutiert der Nationalrat die Armeebotschaft. Hier geht es unter anderem um die Frage, wann der Bundesrat mit den USA die Verträge zum Kauf von 36 neuen Kampfjets des Typs F-35 unterschreiben soll.
Die bürgerliche Mehrheit macht zusammen mit Verteidigungsministerin Viola Amherd Druck und will das Geschäft schnellstmöglich unter Dach und Fach bringen. Die F-35-Gegner wollen dagegen eine baldige Abstimmung über ihre Volksinitiative erreichen. Letztere sitzen am kürzeren Hebel – auch, weil der Ukraine-Krieg vielen die Notwendigkeit einer Luftwaffe demonstriert hat.
Ebenfalls als Folge des Krieges sind die Preise im täglichen Leben gestiegen. National- und Ständerat werden in jeweils einer ausserordentlichen Debatte über das Thema Kaufkraft diskutieren. Auf dem Tisch liegen verschiedene Vorstösse aus praktisch allen politischen Lagern. Eine der Fragen ist, ob und – wenn ja – wie der Bundesrat die privaten Haushalte und die Unternehmen finanziell entlasten soll.
Schutzschirm für Stromunternehmen
Parlamentarisch verabschiedet werden soll in der Herbstsession der vom Bundesrat entworfene Schutzschirm für Elektrizitätsunternehmen, die wegen der starken Schwankungen auf dem Strommarkt unter Druck geraten sind. Die grosse Kammer diskutiert die Vorlage als Zweitrat. Danach beginnt die allfällige Bereinigung der verbliebenen Differenzen.
Auch während der Lösungssuche im Ständerat, wie bei der Armee und beim Zivilschutz die personellen Engpässe in Zukunft vermindert werden könnten, dürfte die russische Invasion in der Ukraine mitschwingen. Noch offen ist, ob der Nationalrat in der dritten Woche eine zusätzliche sogenannte aktuelle Debatte führen wird. Das entscheidet das Ratsbüro jeweils im Verlauf der ersten Sessionswoche.
Mehr Fläche für Tiere und Pflanzen
Neben dem Krieg geben weitere gewichtige Themen zu reden. Im Nationalrat sind in der ersten Sessionswoche mehrere Stunden für die Debatte um die Biodiversitätsinitiative reserviert. Der Bundesrat schlägt mit der Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes einen indirekten Gegenentwurf zum Volksbegehren vor. Die zuständige Nationalratskommission ist grundsätzlich damit einverstanden.
Gegen Ende der Session ist in der grossen Kammer die Abschaffung des Eigenmietwerts traktandiert. Die Mehrheit der vorberatenden Wirtschaftskommission wünscht einen Systemwechsel bei der Besteuerung von Wohneigentum, der auch Zweitwohnungen einschliesst. Das ging dem Ständerat zu weit.
Reform der zweiten Säule vorantreiben
Im Ständerat steht in der ersten Sessionswoche die Reform der beruflichen Vorsorge im Fokus. Zwölf Tage vor der Volksabstimmung über die AHV-Reform wird die kleine Kammer die Weichen stellen, wie die zweite Säule künftig ausgestaltet wird. Klar ist, dass der Umwandlungssatz gesenkt werden soll. Offen ist dagegen, wie gross die Kompensationsmassnahmen ausfallen sollen. Wie bei der AHV gilt es, einen Leistungsabbau bei den Frauen möglichst zu verhindern.
Weiter beschäftigt sich die kleine Kammer zu Sessionsbeginn mit der Verfassungsgerichtsbarkeit, mit der Ausbildungsoffensive in der Pflege sowie mit der Legalisierung der Eizellenspende. Zudem diskutiert der Ständerat über strengere Regeln für Versicherungsvermittler.
Zwei Initiativen an einem Tag
Die zweite Hälfte der Session steht für den Ständerat im Zeichen der Gesundheitspolitik. Einerseits geht es um die Frage, ob stationäre und ambulante Spitalleistungen künftig gleich finanziert werden sollen. Andererseits sind zahlreiche Vorstösse zum kränkelnden elektronischen Patientendossier hängig.
Ausdauer brauchen die Ständerätinnen und Ständeräte am 26. September. Dann diskutieren sie in einer Open-End-Sitzung über die beiden hängigen Volksinitiativen, welche die Entwicklung bei den Gesundheitskosten bremsen wollen. Wie der Nationalrat pocht auch die Ständeratskommission auf Lösungsansätze auf Gesetzesstufe, um den Volksbegehren den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Umsetzung der globalen Mindeststeuer für Konzerne sind weitere grössere Themen, mit denen sich der Ständerat beschäftigen wird. Fast schon traditionell in der kleinen Kammer ist die Debatte rund um die Wolfsregulierung. Hier soll es aus Sicht der Bergkantone endlich vorwärtsgehen.
Schlussspurt für mehrere Vorlagen
Noch einmal über die Bücher geht das Parlament beim Strassenverkehrsgesetz. Hier sollen die Mindeststrafen für Raser angepasst werden. Geschieht das nicht, haben verschiedene Organisationen ein Referendum gegen die Vorlage angekündigt.
Auf der Zielgeraden sind weitere Vorlagen zum Schutz Jugendlicher vor brutalen Videospielen, zum Abbau der Corona-Schulden oder zum steuerlichen Abzug der familienergänzenden Kinderbetreuung. Definitiv bachab geschickt werden dürfte die vom Bundesrat vorgeschlagene Teilprivatisierung der Postfinance.
Mit den Schlussabstimmungen am 30. September verabschiedet werden soll dagegen der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative. Die Urheber des Volksbegehrens haben einen Rückzug der Initiative in Aussicht gestellt. (awp/mc/pg)