Sika-VRP Paul J. Hälg. (Foto: Sika)
Baar – Die Generalversammlung des Bauchemiekonzerns Sika am Dienstag stand gänzlich im Zeichen des Übernahmekampfes. Beide Seiten, Befürworter und Gegner, nutzten die Plattform um in teils emotionalen Voten ihre Sicht auf den verfahrenen Streit darzulegen. Trotz der hohen Wogen: In der Sache blieb alles beim Alten.
Sämtliche bisherigen Verwaltungsräte wurden wiedergewählt. Paul Hälg bleibt Präsident des Gremiums. Der Verwaltungsrat arbeitet auch künftig ohne Bezahlung. Den unabhängigen Verwaltungsräten wurde erneut die Entlastung verweigert. Und der Entscheid in der Übernahmeschlacht ist nach wie vor eine Sache der Gerichte.
Präsident Hälg sprach zum Schluss der fast sechsstündigen Versammlung in der Waldmannhalle in Baar ZG von einer «nicht nur historischen, sondern auch denkwürdigen Generalversammlung». Er bedankte sich für die «enorme Unterstützung» durch die Aktionäre gegen die «feindliche Übernahme durch Saint-Gobain».
Tatsächlich konnten die unabhängigen Verwaltungsräte, die sich gegen den Verkauf der Kontrollmehrheit an den französischen Bauriesen Saint-Gobain wehren, bei den meisten wichtigen Abstimmungen einen Sieg davon tragen. Dies war jedoch zu grossen Teilen dem Umstand geschuldet, dass der Verwaltungsrat die Stimmrechte der Familienholding zurückband. Diese will die Wahlergebnisse entsprechend anfechten.
Entscheidender Faktor
Ohne diese Massnahme hätte die Erbenfamilie bei sämtlichen Voten ihren Willen durchsetzen können. Denn die Schenker-Winkler-Holding (SWH), über welche die Erben von Firmengründer Kaspar Winkler ihre Aktien halten, kontrolliert mit 16% des Kapitals 53% der Stimmrechte – und damit eindeutig die Mehrheit. Mit der Beschränkung auf 5% aller Namenaktien wurde ihre Stimmkraft jedoch auf marginale 2,7% limitiert. Entsprechend setzten sich die unabhängigen Verwaltungsräte dort durch, wo die Stimmrechte beschränkt wurden.
Sie konnten eine Abwahl der sechs unabhängigen Verwaltungsräte Hälg, Frits van Dijk, Monika Ribar, Daniel Sauter, Ulrich Suter und Christoph Tobler verhindern. Ebenso die von der Familienholding beantragte Neuwahl von Jacques Bischoff.
Entlastung verweigert – VR arbeitet weiterhin gratis
Die Familienholding trug hingegen da einen Sieg davon, wo sie ihr gesamtes Stimmgewicht in die Waagschale werfen konnte – also bei jenen Traktanden ohne direkten Zusammenhang zur Übernahme. So konnte sie den sechs unabhängigen Verwaltungsräten die Entlastung verweigern, den langjährigen unabhängigen Stimmrechtsvertreter abwählen und dem Verwaltungsrat die Vergütung für die letzten und die nächsten zwölf Monate verweigern. Der Verwaltungsrat arbeitet also weiterhin gratis.
Bewährtes Mittel
Dass der Verwaltungsrat bei den wichtigen Abstimmungen wieder die Stimmrechte der Erbenfamilie beschränkt, war im Vorfeld der Generalversammlung allgemein erwartet worden. Das Gremium hatte bereits bei den beiden letzten Generalversammlungen zu diesem Mittel gegriffen. Selbstredend war die Massnahme aber auch dieses Mal höchst umstritten. «Sechs Verwaltungsräte beschliessen ihre Wiederwahl und das machen sie schlicht, indem sie den Hauptaktionär ausschliessen», kritisierte Urs Schenker von der Schenker-Winkler-Holding.
Hälg bezeichnete die Massnahme deshalb als notwendig, um bis zum entscheidenden Gerichtsurteil den Status quo beizubehalten. Der Ball liegt derzeit beim Kantonsgericht Zug. Dieses muss entscheiden, ob der Vinkulierungspassus in den Sika-Statuten in diesem Fall Anwendung findet, ob Sika also Saint-Gobain als neuen Mehrheitseigentümer ablehnen kann.
Meinungsstreit
Bis das Gericht entscheidet, können die beiden Parteien lediglich abwarten und versuchen, die Öffentlichkeit von ihrer Sicht der Dinge zu überzeugen. Und dies taten sie denn am Dienstag auch ausgiebig. Saint-Gobain schaltete ganzseitige Zeitungsinserate, in denen sich der Chef an die Sika-Aktionäre wandte. Die Schenker-Winkler-Holding liess am Bahnhof in Baar ein grosses Plakat mit der Aufschrift «Sika bleibt Sika» anbringen.
Ein Senior Manager holte demgegenüber bei seinem Votum 160 Sika-Führungskräfte auf die Bühne und erklärte, er spreche für sie alle, wenn er sage: «We are not for sale». Er erntete dafür stehenden Applaus, während die Unterstützer der Erbenfamilie – unter ihnen auch die Nationalräte Roger Köppel und Hans-Ueli Vogt (beide SVP/ZH) – von den Kleinaktionären mit Buhrufen bedacht wurden. (awp/mc/upd/pg)