Bern – Die SP will bei den Wahlen im Herbst die SVP/FDP-Mehrheit im Nationalrat brechen. Dieses Ziel bekräftigte Parteipräsident Christian Levrat am Montag. Das Rahmenabkommen mit der EU hält er in der jetzigen Form für chancenlos.
Levrat äusserte sich am Dreikönigsapéro, an dem er sich zu Jahresbeginn jeweils den Fragen der Medien stellt. Details zum geplanten Wahlkampf will die Partei erst später bekannt geben. Fest steht aber das Ziel: Die SVP und die FDP sollen in der nächsten Legislatur im Nationalrat keine Mehrheit mehr haben.
Um das zu erreichen, müsse die SP die drei oder vier Stimmen zurückholen, die sie an die Rechte verloren habe, sagte Levrat. Im Ständerat will die Partei ihre Position mindestens halten. Der SP-Präsident hält das Ziel für realistisch, befürchtet aber, dass das Mitte-Links-Lager trotzdem nicht zulegen kann, weil die CVP verliert.
Was die SVP/FDP-Mehrheit im Nationalrat bewirke, habe sich zuletzt beim Klimaschutz gezeigt, sagte Levrat. Insgesamt sei in der Legislatur kaum etwas erreicht worden. Die Steuervorlage sei das einzige, was übrig geblieben sei. Die SP will sich für ein Ja an der Urne einsetzen. Mit den Geldern für die AHV wurde aus ihrer Sicht ein Gleichgewicht gefunden.
Abkommen gescheitert
Zu den weiteren grossen Themen im Wahljahr gehören die Beziehungen zur EU. Für Levrat steht fest, dass das Rahmenabkommen in seiner jetzigen Form nicht mehrheitsfähig ist. Es würde an der Urne abgelehnt, selbst wenn sich die SP nicht dagegen stellte.
Die SP möchte zwar ein Abkommen, will aber keine Konzessionen beim Lohnschutz in Kauf nehmen. Es gehe nicht um eine Kleinigkeit und auch nicht um ein Machtspiel, betonte Levrat. Es gehe darum, im Land mit den höchsten Löhnen und der höchsten Zuwanderungsrate die Löhne wirksam zu schützen.
Andere Kompromisse
Der Bundesrat habe sich ausgerechnet in diesem Punkt für Kompromisse entschieden – und damit die Schweiz in eine schwierige Situation manövriert, kritisierte der SP-Präsident.
Möglich wären aus seiner Sicht Kompromisse beim Mechanismus der Streitbeilegung oder bei den sozialen Rechten von Zuwanderern gewesen – jenen, die sich bereits im Land befinden. Das Arbeitsrecht aber müsse vom Geltungsbereich des Abkommens ausgeschlossen sein. Sonst gerieten die Löhne ins Rutschen.
Sozialpartner am Zug
Levrat sieht nun die Sozialpartner am Zug. Sie sollen eine Lösung entwickeln, mit der das Lohnniveau in der Schweiz gehalten werden kann. Das brauche aber Zeit, sagte der SP-Präsident. «Einen Quick fix wird es nicht geben.»
So oder so werde die nächste Runde mit der neuen EU-Kommission stattfinden. Derzeit sei der Rahmenvertrag in der Schweiz in der Konsultation, und im Mai fänden bereits die Europawahlen statt. Das müsse aber kein Nachteil sein, denn das Thema Lohnschutz werde auch bei den Europawahlen eine Rolle spielen. Europa brauche mehr Lohnschutz, nicht die Schweiz weniger.
«Es wird ein bisschen schütteln»
Dass die Schweiz einen Preis dafür zahlt, wenn sie das vorliegende Rahmenabkommen nicht unterzeichnet, stellte Levrat nicht in Abrede. «Es wird ein bisschen schütteln.» Der SP-Präsident rechnet aber nicht mit einschneidenden Massnahmen der EU. Diese habe derzeit mit den populistischen Bewegungen und dem Brexit andere Probleme.
Levrat wies auch den Vorwurf zurück, die SP spiele auf Zeit und verschiebe ihre Positionierung auf nach den Wahlen vom Herbst. Die Haltung der SP sei klar – und seit Jahrzehnten dieselbe: Die Partei sei für ein institutionelles Rahmenabkommen, aber ebenso für die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit, betonte er.
Soziale und wirtschaftliche Themen
Im Vergleich mit anderen sozialdemokratischen Parteien in Europa steht die SP Schweiz gut da. Das hängt aus Sicht von Levrat zum mit dem politischen System der Schweiz zusammen. Aber auch damit, dass die SP Schweiz die «Irrungen und Wirrungen» des sogenannten dritten Weges – des Kurses von Schröder und Blair – nicht mitmachte.
Die SP Schweiz habe stets auf soziale und wirtschaftliche Themen fokussiert, sagte der Parteipräsident. Das werde sie auch im Wahljahr tun, etwa mit der Initiative zur Begrenzung der Krankenkassenprämien. (awp/mc/ps)