Roger de Weck, SRG-Generaldirektor. (Foto: SRG SSR/Marcel Grubenmann)
Bern – Die SRG darf im Internet künftig kurze Texte veröffentlichen, die keinen Bezug zu Radio- oder Fernsehsendungen haben. Ferner darf sie wichtige Ereignisse im Internet live übertragen. Der Bundesrat hat am Mittwoch eine Konzessionsänderung verabschiedet.
Der Streit tobt seit Jahren: Die SRG möchte ihre Angebote im Internet ausbauen. Die Verleger wehren sich gegen gebührenfinanzierte Konkurrenz. Weil sich die beiden Parteien nicht einigen konnten, musste der Bundesrat eingreifen.
Stärkung des Service public
Die Regierung spricht von einer «moderaten Öffnung» des Internets für die SRG. Damit solle der Service public gestärkt werden, schreibt das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) in einer Mitteilung. Zum Schutz anderer Medien würden der SRG aber klare Grenzen gesetzt. Es handle sich um einen Kompromiss, sagte Bundesratssprecher André Simonazzi vor den Medien.
Schwerpunkt audiovisuelle Inhalte
Bereits letzten Herbst hatte der Bundesrat beschlossen, dass die SRG auch in Zukunft keine Werbung im Internet verkaufen darf. Im Gegenzug stellte er dem Unternehmen aber eine Lockerung der Regeln für das publizistische Angebot in Aussicht. Die revidierte Konzession legt nun die Regeln fest. Damit soll sichergestellt werden, dass der Onlineauftritt der SRG nicht die Form eines Nachrichtenportals annimmt. Den Schwerpunkt der Online-Angebote sollen audiovisuelle Inhalte bilden: Drei Viertel aller Texte im Internet, die nicht älter als 30 Tage sind, müssen mit audiovisuellen Inhalten verknüpft sein.
In diesem Punkt ist der Bundesrat den Verlegern nach der Konsultation etwas entgegen gekommen. Ursprünglich hatte er vorgeschlagen, dass nur zwei Drittel der Online-Texte einen Bezug zu einer Sendung haben müssen.
Texte mit maximal 1000 Zeichen
Texte ohne Bezug zu einer Sendung dürfen maximal 1000 Zeichen umfassen. Hier ist der Bundesrat bei seinem ursprünglichen Vorschlag geblieben. Die SRG hatte sich gegen dieses Korsett gewehrt. Die Medienverbände forderten eine maximale Länge von 600 Zeichen.
Texte mit Sendungsbezug müssen einen zeitlichen sowie thematischen Bezug zu Sendungen aufweisen, und dieser muss klar deklariert werden. Ein zeitlich direkter Bezug ist gegeben, wenn die Inhalte nicht früher als rund 30 Minuten vor der Ausstrahlung der Sendung im Internet publiziert werden.
Wie lange nach der Ausstrahlung Onlineinhalte noch einen Sendungsbezug aufweisen können, lässt die Konzession offen. Der Bundesrat geht allerdings davon aus, dass «eine gewisse zeitliche Nähe gegeben sein muss», wie er in den Erläuterungen zur Konzession schreibt. Ein rein formaler Bezug auf eine bereits vor langer Zeit ausgestrahlte Sendung genüge nicht.
Live-Streaming bei wichtigen Ereignissen
Weiter hat der Bundesrat entschieden, dass die SRG künftig wichtige politische, wirtschaftliche, sportliche und kulturelle Ereignisse direkt über das Internet übertragen darf, via Video-Live-Stream. Diese Übertragungen entsprächen einem breiten Publikumsbedürfnis, schreibt das UVEK. Bisher waren solche Live-Stream-Übertragungen nur bei gleichzeitiger Übertragung in einem Fernsehprogramm oder nach einer Meldung beim Bundesamt für Kommunikation möglich. Mit dem heutigen Entscheid anerkenne der Bundesrat das Internet als selbständigen Verbreitungskanal in der Konzession, heisst es in der Mitteilung.
Der Bundesrat erfüllt damit auch eine Forderung aus dem Parlament. Die Räte hatten eine Motion für eine generelle Lockerung beim Live-Streaming überwiesen. Der Bundesrat hätte die Lockerung eigentlich auf Politik- und Wirtschaftsereignisse beschränken wollen.
Kein englischsprachiges Radio mehr
Spiele und Publikumsforen sind auch weiterhin nur möglich, wenn sie sich auf eine Sendung beziehen. Virtuelle Marktplätze, auf welchen Zuschauer Produkte kaufen, verkaufen oder tauschen können, bleiben verboten – egal, ob sie einen Sendungsbezug haben oder nicht.
Die Änderungen treten per 1. Juni in Kraft. Per Ende August entbindet der Bundesrat die SRG zudem von der Verpflichtung, ein englischsprachiges Radioprogramm anbieten zu müssen. In den fünf Jahren des Betriebs von World Radio Switzerland (WRS) habe das anglophone Zielpublikum in der Schweiz nicht erreicht werden können, hält das UVEK fest. Der Service-public-Effekt sei zu gering. Die SRG kann die Radiostation nun einer privaten Gesellschaft übertragen. (awp/mc/pg)