Bussnang – Der Ostschweizer Zughersteller Stadler darf für die SBB 286 einstöckige Triebzüge bauen. Der französische Konkurrent Alstom ist mit einer Beschwerde gegen die Vergabe des über zwei Milliarden teuren Auftrags vor dem Bundesverwaltungsgericht abgeblitzt.
Das Gericht habe die Vergabe des Auftrags an Stadler vom Oktober 2021 bestätigt und die Beschwerde abgewiesen, teilten die SBB und Stadler am Mittwoch mit. Man habe während des Ausschreibeverfahrens die beschaffungsrechtlichen Vorgaben und die Gleichbehandlung der Anbieter eingehalten, schrieb das Bahnunternehmen.
Keine Verfahrensfehler
Die Alstom hatte kritisiert, die Vergabestelle habe zwei wesentliche Verfahrensfehler begangen. In seinem am Mittwoch veröffentlichten Urteil kommt das Bundesverwaltungsgericht jedoch zu einem anderen Schluss.
Entgegen der Ansicht des französischen Unternehmens sei es zulässig gewesen, nach einem Bereinigungsverfahren die Einreichung einer neuen Preisofferte auf das Kriterium der Investitionskosten zu beschränken. Die Firma wollte ihre Offerte noch in weiteren Punkten überarbeiten.
Auch die Änderung der Anforderungen zu den sogenannten Zuverlässigkeitszielen durch die Vergabestelle während des Verfahrens sei zulässig gewesen, schreibt das Gericht. Dies sei sachlich begründet worden und habe nicht zu einer Bevorteilung von Stadler geführt.
Eine weitere Rüge der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Beurteilung verschiedener Zuschlagskriterien, wie beispielsweise Energiekosten oder Reifegrad von Systemen, wies das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls ab.
Produktion verspätet sich
Nach Unterzeichnung des Vertrags kann Stadler den SBB-Angaben zufolge mit dem Bau der 286 Triebzügefür den Regionalverkehr starten. Das Gerichtsverfahren verzögert jedoch die Auslieferung der Fahrzeuge. Sie würden nun erst im Laufe des Jahres 2026 den Betrieb aufnehmen, anstatt ab Ende 2025 wie ursprünglich geplant.
Die neuen Züge vom Typ Flirt verfügten über mehr Stauraum für Velos, Kinderwagen und grosse Gepäckstücken, böten guten Mobilfunk für unterwegs und Steckdosen in allen Abteilen, hiess es weiter. Pro Zug gebe es zwei Rollstuhlplätze und ein entsprechendes WC. Und neu werde es auch in der 1. Klasse Rollstuhlplätze haben.
Mehr Stauraum
Stadler hatte sich im Oktober 2021 gegen seine Konkurrentinnen Alstom und Siemens durchgesetzt. Der Auftrag war einer der grössten, den die SBB jemals vergeben hatte.
Die Beschaffung der neuen Züge erfolgt gemeinsam mit den Tochterunternehmen Thurbo in der Ostschweiz und Regionalps im Wallis. Die drei Bahngesellschaften wollten damit den von Bund und Kantonen geplanten Ausbau des Bahnangebots umsetzen. Gemäss Stadler beinhaltet der Vertrag eine Option für bis zu 224 weitere Flirt-Züge.
SBB-Chef Vincent Ducrot begründete den Kauf im Oktober letzten Jahres auch mit dem Ersatz von bestehendem Rollmaterial. Bis 2035 kämen zahlreiche Züge der SBB, der Thurbo und der Regionalps ans Ende ihrer Lebensdauer.
Sieben Millionen pro Zug
Der Preis für einen einzelnen neuen Flirt-Zug beträgt laut Angaben der SBB rund sieben Millionen Franken. Der Grossauftrag bringe auch eine Vereinheitlichung beim Rollmaterial. Eine grosse Menge gleicher Züge ermögliche einen flexibleren Betrieb und tiefere Kosten beim Unterhalt.
Gemäss früheren Angaben von Stadler sollen die neuen Züge komplett im Thurgau hergestellt werden. Der Schweizer Wertschöpfungsanteil beträgt demnach gegen 75 Prozent. Das vorliegende Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann beim Bundesgericht angefochten werden. (awp/mc/pg)