Bussnang – Bei Stadler Rail haben im ersten Halbjahr Aufträge mit hohen Kosten aus vergangenen Jahren als Bremsklötze gewirkt. Zudem gibt der Zughersteller Geld aus, um den rekordhohen Auftragsbestand abarbeiten zu können. In der Folge sank die Profitabilität so tief wie seit Ausbruch der Pandemie nicht mehr. Die Aktie brach ein.
In den ersten sechs Monaten hat Stadler den Umsatz mit 1,3 Milliarden Franken zwar stabil gehalten. Der Betriebsgewinn EBIT sackte aber um 41 Prozent auf 28,2 Millionen Franken ab. Die Betriebsgewinnmarge verschlechterte sich auf 2,2 Prozent von 3,7 Prozent im Vorjahr. Das ist die tiefste Profitabilität seit dem ersten Semester 2020.
Ein Grund sei, dass Stadler gerade Aufträge abarbeite, die vor drei bis vier Jahren zu den damals höheren Kosten und Wechselkursen gebucht worden seien, erklärte Finanzchef Raphael Widmer am Mittwoch in einer Telefonkonferenz: «Jetzt müssen wir die noch rausschwitzen.»
Der andere Grund seien höhere Kosten für Entwicklung, Vertrieb und Verwaltung, die im ersten Halbjahr zu Buche geschlagen hätten. Diese seien Investitionen in die Zukunft, sagte Konzernchef Markus Bernsteiner. Denn für die nächsten zwei Jahre erwarte Stadler einen starken Umsatzanstieg. «Hierfür müssen wir in Vorleistung gehen.» Die Kosten für das Wachstum würden heute schon anfallen, während die Umsätze später hereinkommen würden.
Zudem hatte Stadler Pech mit dem Lieferanten Constellium, der Aluminiumstrukturprofile für Wagenkästen herstellt. Beim Rhone-Hochwasser seien zwei Werke von Constellium im Wallis überschwemmt worden, was zu Produktionsunterbrüchen und Lieferverzögerungen geführt habe. Stadler arbeite nun eng mit Constellium zusammen, um die Produktion im Werk im deutschen Singen hochzufahren, hiess es.
Aktie sackt ab
Die Finanzgemeinde reagierte ungnädig: Denn Stadler hat die Erwartungen der Analysten für Betriebsgewinn und EBIT-Marge weit verfehlt. Die Aktie tauchte in einem freundlichen Gesamtmarkt bis zum Börsenschluss um knapp 3 Prozent.
Da half es auch nicht, dass der Konzern trotz dem operativem Knick den Reingewinn um 7 Prozent auf 27,5 Millionen Franken steigern konnte. Ein positives Zinsergebnis und positive Währungseffekte hätten das Konzernergebnis gestützt. Zudem seien die Steuern tiefer ausgefallen als in der Vorjahresperiode, hiess es.
Auftragseingang schwächer
Auch der Auftragseingang war nicht mehr so üppig wie vor einem Jahr. Stadler holte in den ersten sechs Monaten Aufträge in Höhe von 2,5 Milliarden Franken herein. Im Vorjahr hatte ein Riesenauftrag aus Kasachstan den Bestellungseingang auf 4,7 Milliarden Franken anschwellen lassen. Dagegen «kam es im ersten Halbjahr 2024 zu mehreren Verschiebungen von Vertragsunterzeichnungen ins zweite Halbjahr», schrieb Stadler.
Immerhin ist ein Grossauftrag der österreichischen Staatsbahn ÖBB, der im letzten Jahr verschoben worden war, mittlerweile unter Dach und Fach. Der Vertrag über die Lieferung von 47 Fahrzeugen mit einem Wert von 600 Millionen Euro sei unterschrieben, sagte Bernsteiner.
Und der Konzern rechnet mit weiteren Unterschriften. «Wir erwarten ein sehr starkes zweites Halbjahr mit einem Bestellungssteingang von deutlich über 3 Milliarden Franken», sagte Finanzchef Widmer. Damit würde das zweite Halbjahr 2024 deutlich stärker ausfallen als das zweite Halbjahr 2023.
Ziele unverändert
An den bisherigen Finanzzielen hält Stadler fest. Der Konzern erwartet im laufenden Jahr einen Umsatz von 3,5 bis 3,7 Milliarden Franken und eine EBIT-Marge auf einem vergleichbaren Niveau wie 2023 (5,1 Prozent). Für das Gesamtjahr 2024 habe man schon 98 bis 99 Prozent des Umsatzes in den Büchern, sagte Widmer.
Für 2025 seien schon über 90 Prozent des Umsatzes hereingeholt und für 2026 70 bis 80 Prozent, sagte Widmer weiter. Der Stadler-Umsatz soll im nächsten Jahr auf 4,0 und 4,2 Milliarden Franken steigen und im 2026 dann auf 5,0 und 5,5 Milliarden Franken klettern. Bis 2026 soll sich die EBIT-Marge auf 7 bis 8 Prozent verbessern. (awp/mc/pg)