Stadler-Aktionär RAG hat sich von 5,5 Millionen Aktien getrennt
Bussnang – Es geht was beim Ostschweizer Zugbauer Stadler Rail. Erst wirft der Konzernchef das Handtuch, dann zieht sich ein Grossaktionär zumindest teilweise zurück. Mit der deutschen RAG-Stiftung hat Stadler eine besondere Verbindung.
Die Stiftung hält bereits seit 2014 über ihre Beteiligungstochter RSBG einen Anteil an Stadler. Im Sommer 2017 wurde diese auf 10 Prozent aufgestockt. Die Stiftung war damit der einzige externe Aktionär. Bis zum Börsengang vor gut einem Jahr wurden die Stadler-Aktien ansonsten fast ausschliesslich von der Familie Spuhler und den Mitarbeitern der Firma gehalten.
Nun hat die Stiftung aber mehr als die die Hälfte ihrer Beteiligung am Zug-Hersteller zu Geld gemacht. Sie hat 5,5 Millionen ihrer 10 Millionen Aktien bei interessierten Anlegern untergebracht – unter anderem auch bei Stadler-Chef Peter Spuhler selbst. Bei einem Platzierungspreis von 38,10 Franken das Stück hat die RAG-Stiftung damit knapp 210 Millionen Franken eingenommen.
Stadler und das Ende des deutschen Bergbaus
Geld machen ist denn auch der Zweck der Stiftung. Denn sie muss für die Kosten zur Beseitigung der Folgen des Steinkohleabbaus im deutschen Ruhrgebiet aufkommen. Sie war gegründet worden, damit nicht der Steuerzahler für das Abpumpen des Grubenwassers aus den stillgelegten Zechen und für andere dauerhafte Aufgaben aufkommen muss.
Die Stiftung muss laut eigenen Angaben jährlich 220 Millionen Euro für ihre «Ewigkeitsaufgaben» ausgeben. Sie baut dazu ein Milliardenvermögen auf, vor allem aus Dividenden des Chemiekonzerns Evonik, bei dem die Stiftung die Hauptaktionärin ist. Hinzu kommen Investments auf der ganzen Welt wie bei Stadler Rail. Diese sollen eine Rendite abwerfen.
Peter Spuhler engagiert sich stärker
RAG zieht sich also bei Stadler zurück und hält nur noch 4,5 Prozent am Zughersteller. Die Stiftung habe nach wie vor «vollstes Vertrauen» in die Strategie des Unternehmens und werde ein «signifikanter Anteilseigner» bleiben, schreibt eine Pressesprecherin in einer E-Mail an AWP. «Wir freuen uns, wenn sich die Aktie weiter gut entwickelt», so die Sprecherin weiter. Die Stiftung glaube, dass die Transaktion dazu beitragen werde. Sie braucht aber Liquidität für eine andere Transaktion.
Dafür engagiert sich der Firmengründer Peter Spuhler immer stärker in seiner Firma. Der Hauptaktionär hat zugegriffen und über seine Finanzholding 1,5 Millionen Aktien des Zugbauers gekauft, teilte die Stiftung mit. Spuhler halte damit neu 41,5 Prozent an Stadler. Der ehemalige SVP-Nationalrat engagiert sich damit noch stärker bei seinem Lebenswerk. Vor einer Woche bereits hat er das Heft beim Zugbauer wieder selbst in die Hand genommen. Er sah sich dazu gezwungen, weil Konzernchef Thomas Ahlburg das Unternehmen Knall auf Fall verlassen hatte. Spuhler leitet das Unternehmen damit vorübergehend im Doppelmandat, steht er doch auch dem Verwaltungsrat vor.
Im Aufsichtsgremium von Stadler Rail war die RAG Stiftung auch lange mit einem Sitz vertreten. Seit dem Tod von Werner Müller im Sommer 2019 allerdings nicht mehr. Mit ihrem breiten Portfolio könne die RSBG nicht bei jeder Beteiligung und in allen Gremien vertreten sein. «Ihr sei wichtig, dass die Mandate von Fachleuten wahrgenommen werden», so die Sprecherin weiter.
Ende April wurde dann die ehemalige Bundesrätin Doris Leuthard neu in das Aufsichtsgremium gewählt – aber kein RAG-Vertreter mehr.
Volksaktie unter Druck
Die Aktien von Stadler Rail gerieten an der Börse am Mittwoch im frühen Handel unter Druck. Kurz nach 12 Uhr notierten sie aber leicht im Plus bei 39,68 Franken. Das ist etwa das Niveau, das sie kurz nach dem Börsengang als «Volksaktie» im April vergangenen Jahres hatten.
Seit ihrem Allzeithoch von 50,35 Franken Ende Februar haben sie damit rund 20 Prozent an Wert eingebüsst. (awp/mc/pg)