Bussnang – Nach dem Einbruch im Vorjahr hat der Zughersteller Stadler Rail im ersten Semester wieder deutlich mehr Gewinn erzielt. Umsatz und Bestellungseingang konnten allerdings mit dem aussergewöhnlichen Vorjahressemester nicht mithalten.
So fuhr Stadler in den ersten sechs Monaten 2023 unter dem Strich einen Reingewinn von 25,8 Millionen Franken ein, wie der Ostschweizer Konzern am Mittwoch bekannt gab. Vor einem Jahr hatten die Frankenstärke und Finanzverluste für einen Gewinntaucher auf 2,4 Millionen Franken gesorgt.
Der Umsatz sank dagegen gegenüber dem Vorjahr um 12 Prozent auf 1,29 Milliarden Franken. Damit sei Stadler zur üblichen Saisonalität zurückgekehrt, wonach im ersten Semester lediglich ein Drittel des Geschäfts anfallen würde und zwei Drittel in der zweiten Jahreshälfte, sagte der neue Konzernchef Markus Bernsteiner in einer Telefonkonferenz.
Im Vorjahr war es mit einem überdurchschnittlichen Umsatz von 1,47 Milliarden Franken zu einer leichten Verschiebung dieser Regel zugunsten der ersten Jahreshälfte gekommen.
Erwartungen teilweise übertroffen
Der Betriebsgewinn EBIT fiel nun um 29 Prozent auf 47,5 Millionen Franken. Grund für den deutlichen Rückgang ist ein Einmaleffekt im Zusammenhang mit der Akquisition der deutschen Signaltechnikfirma BBR, die im Vorjahr das operative Ergebnis um 21,3 Millionen Franken nach oben getrieben hatte. Ohne den Sondereffekt wäre der EBIT um 2 Millionen Franken gestiegen.
Auch der Auftragseingang war nicht mehr so üppig wie vor einem Jahr. Stadler holte in den ersten sechs Monaten Aufträge in Höhe von 4,7 Milliarden Franken herein. Im Ausnahmevorjahr waren es fast 6 Milliarden Franken gewesen dank riesigen Bestellungen unter anderem der SBB und der ÖBB.
Dennoch ist das Orderbuch so voll wie noch nie: Der Auftragsbestand stieg auf ein neues Rekordhoch von 25,4 Milliarden Franken nach 22,0 Milliarden Ende 2022.
Mit den vorgelegten Zahlen hat Stadler die Erwartungen der Finanzgemeinde teilweise übertroffen, teilweise verfehlt. Vor allem der Auftragseingang und der Reingewinn übertrafen selbst die optimistischsten Prognosen der Analysten, hingegen blieb der Umsatz unter den Erwartungen.
Die Investoren reagierten allerdings erfreut. Die Stadler-Aktie kletterte am Mittwoch über 6 Prozent in die Höhe.
Bisherige Ziele bestätigt
Für das Geschäftsjahr 2023 bestätigte Stadler die bisherigen Ziele mit Ausnahme der Investitionen, die nun über 200 Millionen Franken nach oben geschraubt werden. Man werde die Produktion ausbauen, sagte Bernsteiner.
Zudem erwartet Stadler weiterhin einen Umsatz von 3,7 bis 4,0 Milliarden Franken. Die EBIT-Marge soll auf einem vergleichbaren Niveau wie 2022 zu liegen kommen, also etwa bei 5,5 Prozent.
Der Auftragseingang dürfte im Gesamtjahr rund das 1,5-Fache des Umsatzes erreichen. Das wären 5,5 bis 6 Milliarden Franken. In der zweiten Jahreshälfte erwarte Stadler Rail noch weitere grosse Bestellungen, sagte Finanzchef Raphael Widmer, ohne Details zu nennen. Eine Verlangsamung beim Bestellungseingang sehe er nicht. Konzernchef Bernsteiner sagte, er rechne noch im laufenden Jahr mit dem Erstabruf von 16 Batteriezügen des Typs Flirt durch die ÖBB.
Auch an den Zielen für 2025 halten die Ostschweizer fest: «Stadler ist nach wie vor überzeugt, dass unter normalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine EBIT-Marge von 8 bis 9 Prozent erreicht werden kann. Angesichts der aktuellen Kombination aus Inflation, Lieferkettenproblemen, Währungsverwerfungen und geopolitischen Spannungen erachtet Stadler hingegen im Geschäftsjahr 2025 eine EBIT-Marge von 7 bis 8 Prozent als realistisch», sagte Bernsteiner. Der Umsatz soll jährlich im mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen. (awp/mc/pg)