Energieministerin n Doris Leuthard. (Foto: admin.ch)
Bern – Der Ständerat will keinen «Marschhalt» bei der Energiestrategie. Er hat am Montagabend beschlossen, die Beratung der Details in Angriff zu nehmen. Vertreter der SVP und der FDP stellten sich vergeblich dagegen.
Für fast alle im Ständerat steht fest, dass es keine Alternative zur Energiewende gibt. Neue Atomkraftwerke würden in den nächsten Jahrzehnten schon allein aus ökonomischen Gründen nicht gebaut, stellten viele fest. Der Atomstrom müsse also ersetzt oder eingespart werden.
Bereits in der Eintretensdebatte zeichnete sich allerdings ab, dass die Details noch viel zu reden geben werden. Besonders umstritten ist, ob die Laufzeit alter Atomkraftwerke begrenzt werden soll und ob Wasserkraftwerke Subventionen erhalten.
Allein wie auf der Hochjagd
Werner Hösli (SVP/GL) beantragte dem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Energiestrategie sei eine «Überreaktion auf den AKW-Störfall in Japan», befand er. Dem Werkplatz sollten nicht noch mehr Regulierungen und Kosten aufgebürdet werden. Peter Föhn (SVP/SZ) pflichtete ihm bei. Die Energiestrategie sei «absolut wirtschaftsfeindlich».
Bezüglich der Chancen des Antrags machten sie sich indes keine Illusionen. Er werde wohl so allein sein wie auf der Glarner Hochjagd, stellte Hösli fest. Damit sollte er recht behalten: Der Rat lehnte seinen Antrag mit 39 zu 2 Stimmen ab.
Nur eine Stimme mehr erhielt Thomas Hefti (FDP/GL), der dem Rat beantragte, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Er wollte die Kommission beauftragen, die Vorlage so zu überarbeiten, dass die Belastung der Wirtschaft nicht steigt. «Wir beklagen oft abstrakt die zunehmenden Regulierungen», stellte der FDP-Ständerat fest. Hier könne die Politik nun wirken statt reden.
Wasserkraft retten
Davon wollten aber auch viele SVP- und FDP-Vertreter nichts wissen. Offenbar sei die «Rückweisitis» ausgebrochen, kritisierte Georges Theiler (FDP/LU). Eine Rückweisung bringe nichts, die Kommission habe während vieler Stunden beraten.
Roland Eberle (SVP/TG) und Martin Schmid (FDP/GR) sprachen sich ebenfalls dafür aus, die Vorlage zu beraten. Beide wiesen indes darauf hin, dass sich die Lage auf dem Energiemarkt stark verändert habe, seit der Bundesrat diese vorgelegt habe. Das gelte es zu berücksichtigen.
Schmid, der im Verwaltungsrat mehrerer Stromfirmen sitzt, möchte die Wasserkraft stärker fördern und bestehende Wasserkraftwerke subventionieren. «Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Wasserkraft den Bach runter geht», sagte er. Axpo-Verwaltungsrat Eberle dagegen hält es für falsch, auf marktverzerrende Subventionen im Ausland mit Subventionen für die Wasserkraft zu reagieren.
Gegner ohne Alternative
Auch Konrad Graber (CVP/LU) und Werner Luginbühl (BDP/BE) betonten, die Ausgangslage habe sich völlig verändert. Vor vier Jahren sei noch vor einer Stromlücke gewarnt worden. Nun gebe es einen Überhang, die Strompreise seien im Keller, und die Frage nach neuen AKW stelle sich gar nicht mehr.
«Weder Stromkonzerne noch Investoren denken im Traum daran, in den Bau von AKW zu investieren», sagte Luginbühl, der die Kraftwerke Oberhasli präsidiert. Dass nun die Wasserkraft subventioniert werden solle, störe auch ihn. Doch wenn alle Produktionsformen subventioniert würden, müsse die wichtigste Säule der Versorgung geschützt werden.
Didier Berberat (SP/NE) fragte, was eigentlich die Strategie der Gegner sei. Der Status quo sei nämlich keine Option, da die bestehenden Atomkraftwerke ans Ende ihrer Lebensdauer kämen. Die einzige Alternative wäre der Import, und das könne ja wohl nicht das Ziel sein. Die Strategie des Bundesrates sei exzellent.
Ausstieg zu langsam
Robert Cramer (Grüne/GE) zeigte sich weniger begeistert. Für ihn geht die Energiestrategie zwar in die richtige Richtung, ist aber zu zögerlich. Alle 25 Jahre komme es zu einem grossen Atomunfall, gab er zu bedenken. Das Risiko sei real, und die Folgen eines Unfalls in der Schweiz wären katastrophal. Deshalb müsse die Laufzeit der AKW beschränkt werden.
Verena Diener (GLP/ZH) wiederum betonte, die Energiewende habe bereits begonnen. «Auch wenn manche insgeheim noch von Atomkraftwerken träumen: Unsere Zukunft liegt in Wasser, Sonne, Wind, Biomasse und Energieeffizienz.»
Energieministerin Doris Leuthard kritisierte am Ende der Eintretensdebatte den Widerstand aus Wirtschaftskreisen. Die Energiekosten seien heute für die Wirtschaft weniger relevant als noch vor 30 Jahren, gab sie zu bedenken. Ausserdem stelle die Energiestrategie Arbeitsplätze sicher. Weshalb die wenigen Rappen zur Förderung erneuerbarer Energien für die Wirtschaft so schädlich sein sollten, habe ihr economiesuisse nicht erklären können. (awp/mc/ps)