Ständeratskommission will Nahrungsmittelspekulation eindämmen

Lebensmittel-Industrie

Bern – Der Spekulation mit Nahrungsmitteln sollen Grenzen gesetzt werden. Dafür hat sich die Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK) ausgesprochen. Der Nationalrat hatte entsprechende Bestimmungen im Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) abgelehnt. Die Ständeratskommission dagegen stimmte der Regulierung deutlich zu – mit 9 zu 2 Stimmen, wie die Parlamentsdienste am Mittwoch mitteilten. Im FinfraG sollen Positionslimiten für Warenderivate verankert werden. Damit könnten die Einflussmöglichkeiten einzelner Marktteilnehmer begrenzt werden.

Gemäss der geplanten Bestimmung könnte der Bundesrat Limiten einführen für die Grösse der Nettopositionen in Warenderivaten, die eine Person halten darf. Voraussetzung wäre, dass die Einführung von Positionslimiten internationalen Standards entspricht und in der Schweiz zusätzlich ein konkreter Handlungsbedarf zur Herstellung der Konvergenz zwischen Derivatmarkt und Basismarkt notwendig wird.

Reputationsschaden vermeiden
Die Mehrheit der Kommission hält die Bestimmung insbesondere im Hinblick auf die internationalen Standards und die Regulierung in der EU und den USA für sinnvoll. Damit solle vermieden werden, dass Derivatgeschäfte auf Handelsplattformen in der Schweiz verschoben würden, um ausländische Positionslimiten zu umgehen, was für die Reputation des Finanzplatzes schädlich wäre. Ausserdem sei der Schritt für die Äquivalenzanerkennung wichtig – also für den Marktzugang der Schweizer Finanzdienstleister. Die Gegner kritisieren, dass die Bestimmung in der Vernehmlassung zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz noch nicht vorgesehen war. Der Bundesrat hatte die Positionslimiten erst im Verlauf der Beratungen in der Nationalratskommission vorgeschlagen.

Rasche internationale Entwicklung
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf begründete das Vorgehen im Nationalrat mit der raschen internationalen Entwicklung. Die EU-Staaten hätten bis nächstes Jahr Zeit, die notwendigen Bestimmungen zu erlassen. Hier bestehe nun die Möglichkeit für die Schweiz, eine solche Bestimmung im Grundsatz aufzunehmen. Die konkrete Ausgestaltung würde dann auf Verordnungsstufe erfolgen, in Abstimmung mit der Entwicklung im Ausland.

Mit einer Regulierung wäre die Schweiz «einmal nicht zu spät und auch nicht zu früh, sondern genau rechtzeitig», sagte Widmer-Schlumpf. Die Finanzministerin wies ferner darauf hin, dass es vor den 1990er-Jahren bereits solche Regulierungen gegeben habe. Im Zuge der Deregulierung seien diese aber aufgehoben worden.

NEIN zu Volksinitiative
Die Spekulation mit Nahrungsmitteln ist auch Thema einer Volksinitiative, welche die JUSO gemeinsam mit der SP, den Grünen und mehreren Hilfswerken lanciert haben. Die Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» verlangt ein Verbot für Banken, Vermögensverwalter oder Versicherungen, in Finanzinstrumente zu investieren, die sich auf Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel beziehen. Ausserdem soll sich der Bund dafür einsetzen, dass die Spekulation mit Nahrungsmitteln weltweit wirksam bekämpft wird.
Das geht der Wirtschaftskommission des Ständerats zu weit. Sie hat sich mit 9 zu 4 Stimmen gegen die Initiative ausgesprochen, die auch der Bundesrat ablehnt. Die Mehrheit hält das Volksbegehren nicht für den richtigen Weg, um Armut und Hunger in der Welt zu bekämpfen.

Ausnahmen bei den neuen Pflichten
Die übrigen Bestimmungen des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes hatte die Kommission schon in einer früheren Sitzung beraten. Kernstück sind Regeln für den ausserbörslichen Handel mit Finanzderivaten. Es geht um Finanzinstrumente wie Zertifikate, Optionen, Futures und Swaps, deren Preise von den Kursschwankungen und Preiserwartungen anderer Werte abgeleitet werden. Sie dienen sowohl der Absicherung gegen Risiken als auch der Spekulation. Mit dem FinfraG will der Bundesrat in der Schweiz ähnliche Regeln erlassen wie die G-20-Staaten beschlossen haben. Im Gegensatz zum Nationalrat ist die WAK des Ständerates bereit, Geschäfte zwischen nichtfinanziellen Gegenparteien der Meldepflicht zu unterstellen. Dagegen beantragt sie ihrem Rat eine Ausnahme für Rohstoffderivate. Damit sollen Derivate, bei denen es sich um aufgeschobene Kaufgeschäfte für Rohwaren handelt, nicht den Pflichten im Derivatehandel unterstellt werden. Der Ständerat wird sich in der kommenden Sommersession mit dem Gesetz befassen. (awp/mc/cs)

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