Ständerat einverstanden mit Gruppenanfragen

Ständerat einverstanden mit Gruppenanfragen

Ständeratspräsident Hans Altherr.

Bern – Der Ständerat hat seinen Widerstand gegen Gruppenanfragen aufgegeben: Er ist einverstanden damit, dass die Schweiz den USA in Fällen von Steuerhinterziehung auch dann Amtshilfe leistet, wenn sich die Anfrage auf eine Gruppe von Personen bezieht und diese nicht über Namen oder Kontonummern, sondern über Verhaltensmuster identifiziert werden.

Die kleine Kammer hat am Dienstag mit 27 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen einer entsprechenden Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit den USA zugestimmt. Dieses ermöglicht Amtshilfe nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung.

Der Bundesrat hatte dem Parlament die Ergänzung vor der letzten Session kurzfristig vorgelegt. Er wollte von den Räten eine explizite Zustimmung dafür, dass die Schweiz auch weiterhin bei Gruppenanfragen Amtshilfe leistet. Dies war nämlich bereits auf Basis des alten Doppelbesteuerungsabkommens zulässig, wie das Bundesverwaltungsgericht 2009 feststellte. Allerdings hatte der Bundesrat dem Parlament beim neuen Abkommen ursprünglich zugesichert, Gruppenanfragen seien ausgeschlossen.

Unmut über Verhalten der Banken
Die Ergänzung soll zu einer Lösung im jüngsten Steuerstreit mit den USA beitragen. Es geht dabei um die Credit Suisse und zehn weitere Schweizer Banken, welchen in den USA Verfahren drohen. Der Ständerat verweigerte in der Herbstsession jedoch seine Zustimmung.

Viele brachten damals ihren Unmut über die Banken zum Ausdruck. Nun hat es sich die Mehrheit anders überlegt. Die Alternative wäre ein neuer Staatsvertrag wie im Fall UBS oder Notrecht, gab Felix Gutzwiller (FDP/ZH) zu bedenken. Das sei nicht sinnvoll.

Veritable Slalomfahrt
Ein Teil des Rates blieb allerdings skeptisch. Das Parlament werde wegen fehlbarer Banken unter Druck gesetzt. Gruppenanfragen entsprächen absolut nicht dem OECD-Standard, stellte Hannes Germann (SVP/SH) fest. «Ich bin nicht bereit, Schweizer Recht zu opfern, damit einige ungesühnt davon kommen.» Zudem führe der Bund offenbar bereits Verhandlungen mit Blick auf einen möglichen neuen Staatsvertrag mit den USA.

Sie sei keine Freundin des «Steuerhinterziehungsgeheimnisses», beteuerte Anita Fetz (SP/BS). «Aber was wir hier machen, ist eine veritable Slalomfahrt.» Immer dann, wenn eine Schweizer Bank amerikanisches Recht breche, müssten die Räte die Kastanien aus dem Feuer holen. Die Banker, die nach dem Fall UBS noch Recht gebrochen hätten, hätten entweder ein Intelligenz- oder ein Risikoproblem.

Nicht die letzte Ergänzung
Kritisiert wurde auch die mangelnde Präzisierung der Verhaltensmuster, die zu Amtshilfe berechtigen sollen. Die vorberatende Kommission hatte diese Muster zunächst umschreiben oder gar einen Beispielkatalog anfügen wollen, verzichtete am Ende aber darauf.

Demnach soll lediglich festgelegt werden, dass das Verhaltensmuster auf eine gesetzeswidrige Handlung deuten muss – und dass die Bank zum Muster «in erheblicher Weise» beigetragen haben muss. Sie wette mit der Finanzministerin eine Flasche Basler Wein, dass dies in ein oder zwei Jahren erneut präzisiert werden müsse, sagte Anita Fetz.

Neuer Staatsvertrag in Sicht
Generell wurden die «Ergänzungen der Ergänzungen» kritisiert. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf räumte ein, damit sei kein Blumentopf zu gewinnen. Doch das Problem müsse nun gelöst werden. «Wir können uns lange unterhalten, ob uns das Freude macht oder nicht.»

Weiter stellte Widmer-Schlumpf klar, dass die neuste Ergänzung des DBA mit den USA noch keine Globallösung für die vergangenen Sünden der Banken darstelle. Eine solche werde natürlich mehr beinhalten. «Das ist ein Vertrag, den wir ihnen vorlegen werden.» Dazu gehöre auch die Regularisierung der Vergangenheit. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

Andere Abkommen unbestritten
Der Ständerat genehmigte am Dienstag auch Änderungen und Ergänzungen einer Reihe weiterer DBA, darunter jene mit Frankreich, dem Vereinigten Königreich und der Republik Korea. Bei einem Teil geht es um die Anpassung an die neuste Interpretation des OECD-Standards.

Diese besagt, dass für die Amtshilfe der Name und die Adresse des mutmasslichen Steuerhinterziehers oder der Bank nicht zwingend sind. Es reicht, wenn der Steuerpflichtige auf andere Weise identifiziert werden kann.

Diese Anpassung schlug der Bundesrat vor, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass die Schweiz wegen einer zu restriktiven Interpretation der Amtshilferegeln unter Druck geraten könnte. Der Ständerat genehmigte die Abkommen mehrheitlich ohne Gegenstimme. Sie gehen nun an den Nationalrat. (awp/mc/pg)

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