Ständerat zieht Schraube bei Börsendelikten an
Finanzministerim Eveline Widmer-Schlumpf.
Bern – In Zukunft wird auf dem Finanzplatz Schweiz härter gegen Börsendelikte vorgegangen. Als Erstrat hat der Ständerat am Dienstag die Vorschläge des Bundesrats einstimmig und ohne Abstriche gutgeheissen. Damit werden Insidervergehen und Kursmanipulationen künftig als Verbrechen geahndet. Unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch den Zweitrat werden Insiderhandel und Kursmanipulationen aufsichtsrechtlich neu für sämtliche Marktteilnehmer verboten, auch für Hedge-Fonds und private Investoren.
Beide Tatbestände werden vom Strafgesetzbuch ins Börsengesetz überführt. Sie gelten neu nicht nur als Verbrechen, sie werden auch als Vortaten der Geldwäscherei gewertet. Heute ist im Gesetz eng umschrieben, wer als Insider gelten kann. So macht sich etwa eine Person, die zufällig von einer Insiderinformation Kenntnis erhält und diese ausnutzt, nicht strafbar. Als verbotene Marktmanipulationen gelten sollen neben Scheingeschäften auch sämtliche echten Transaktionen mit manipulatorischem Charakter.
Höhere Bussen für Verstösse gegen Offenlegungspflichten
Es werden auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass schärfer gegen Verletzungen der Offenlegungspflichten vorgegangen werden kann. So soll mit einer Busse von bis zu 10 Mio CHF bestraft werden können, wer die Pflicht zur Offenlegung von Beteiligungen nicht befolgt. Diese Höchstbusse droht auch Personen, die einer rechtskräftig festgestellten Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebots keine Folge leisten. Zur Durchsetzung der Verbote und der Bestimmungen über die Offenlegung der Beteiligungen kann die Finanzmarktaufsicht FINMA fortan nicht mehr nur gegenüber den Beaufsichtigten, sondern auch gegenüber den übrigen Marktteilnehmern die Aufsichtsinstrumente einsetzen.
Vorbehalte zu Kontrollprämien
Die Vorschläge waren im Ständerat im Grundsatz unumstritten. Luc Recordon (Grüne/VD) hielt im Namen der vorberatenden Kommission fest, dass dank der schärferen Regeln die Glaubwürdigkeit und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes gestärkt werde. In Frage gestellt wurden im Ständerat nur zwei Elemente der Vorlage. Zum einen versuchte Georges Theiler (FDP/LU) in einer Frage des Übernahmerechts eine Kurskorrektur. Er forderte in einem Einzelantrag, dass die sogenannten Kontrollprämie nicht abgeschafft wird. Heute muss ein Aktionär, der einen Drittel oder mehr eines börsenkotierten Unternehmens erwirbt, den anderen Aktionären ein öffentliches Kaufangebot unterbreiten. Um die Kontrolle über das Unternehmen gewinnen zu können, darf er grossen Aktionären einen höheren Preis pro Aktie anbieten als Kleinaktionären. Der höhere Preis entspricht der Kontrollprämie.
Rat folgt Widmer-Schlumpf
Werde sie abgeschaffen, führe dies zu einer Ungleichbehandlung der Finanzplätze, sagte Theiler, der darin von Primin Bischof (CVP/SO) unterstützt wurde. In gewissen Staaten in den USA, etwa Delaware, seien Kontrollprämien erlaubt. Auch Japan gestatte sie, sagte Bischof. Für Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf verstösst die Kontrollprämie aber gegen das Prinzip der Gleichbehandlung der Aktionäre. Zudem gebe es sie in der EU nicht mehr. Die Kleinaktionäre müssten in dieser Frage besser geschützt werden. Der Rat folgte diesen Argumenten und lehnte den Einzelantrag Theiler mit 21 zu 11 Stimmen ab.
Keine Selbstbelastung
Mit 22 zu 8 Stimmen wurde auch ein zweiter Einzelantrag abgelehnt. Hannes Germann (SVP/SH) wollte im Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren ausdrücklich festhalten, dass Personen, die in ein Strafverfahren verwickelt sind, von den Mitwirkungspflichten im Rahmen des Börsengesetzes entbunden werden. Er wollte damit den Grundsatz festhalten, dass sich niemand selbst belasten muss. Das Aufsichtsrecht müsse deshalb klar vom Strafrecht abgegrenzt werden. Laut Bundesrätin Widmer-Schlumpf wird diesem Grundsatz bereits im Strafprozessrecht Rechnung getragen. (awp/mc/ps)