Standortqualität: Basel-Stadt wird Kanton Zürich überholen
Zürich – Das langfristige Wirtschaftspotenzial der Schweizer Kantone wird massgeblich durch die Rahmenbedingungen für Unternehmen geprägt. Der diesjährige Standortqualitätsindikator der Credit Suisse zeigt die Kantone Zug und Zürich unverändert an der Spitze des Rankings. Bei verschiedenen Komponenten der Standortqualität sind allerdings deutliche Veränderungen absehbar. Zum einen findet mit der Unternehmenssteuerreform (USR) III voraussichtlich ein fundamentaler Umbau der Unternehmensbesteuerung statt. Zudem wird mit der vollständigen Eröffnung der NEAT ab 2020 die Erreichbarkeit der Zentral- und Südschweiz verbessert. Die Ökonomen der Credit Suisse wagen den Ausblick auf die Standortqualität im Jahr 2020: Basel-Stadt überholt Zürich, Genf verzeichnet den grössten Ranggewinn.
Der intensive Standortwettbewerb zwingt die Schweizer Kantone und Regionen, ihre Attraktivität im Rahmen des Möglichen zu optimieren. Der jährliche Standortqualitätsindikator (SQI) der Credit Suisse misst die Attraktivität der Schweizer Regionen und Kantone für Unternehmen. Er fokussiert auf sieben «harte» Standortfaktoren und ist damit einerseits ein Wegweiser für Unternehmen, die verschiedene Standorte evaluieren. Andererseits kann er als Benchmarking-Instrument für die Optimierung der kantonalen oder regionalen Standortpolitik dienen.
Zug und Zürich auch 2016 an der Spitze
Die höchste Standortqualität weist mit einigem Vorsprung der Kanton Zug auf, gefolgt von Zürich. Darauf folgt ein Feld von fünf Verfolgern: die Kantone Aargau, Basel-Stadt, Nidwalden, Luzern und Schwyz. Im breiten Mittelfeld positionieren sich diverse Agglomerationskantone sowie der Stadtkanton Genf. Unterhalb des Landesmittels kommen ländliche und gebirgige Kantone zu liegen. Deren natürliche Rahmenbedingungen – z.B. die Topografie und die Distanz zu den grösseren Wirtschaftszentren – erschweren die Standortpolitik und sind weitgehend unveränderbar. Gleichwohl lässt sich die Positionierung beeinflussen, wie etwa das Beispiel des Kantons Uri zeigt, der sich deutlich günstiger positionieren kann als andere Bergkantone. Zudem positionieren sich die Zentrumskantone Bern und Waadt ebenfalls unter dem Schweizer Durchschnitt.
Regionale Sicht: Erhebliche Unterschiede innerhalb von Kantonen
Die Betrachtung auf Ebene der Kantone greift in grösseren, heterogenen Kantonen – etwa Bern, Waadt, Tessin oder Graubünden – zu kurz. Aus diesem Grund betrachten die Ökonomen der Credit Suisse die Standortqualität zusätzlich auf Ebene der 110 Wirtschaftsregionen. Die Zentren Zürich, Zug, Baden, Luzern, Basel und Bern sowie die Agglomerationen zählen zu den attraktivsten Regionen für Unternehmen, was hauptsächlich deren verkehrstechnischer Erreichbarkeit zu verdanken ist. In der Romandie kann sich Nyon deutlich von seinen Nachbarregionen distanzieren, im Tessin tun dies die Regionen Mendrisio und Lugano. Die Regionen im Alpen- und Jurabogen sind aus Sicht der Unternehmen klar weniger attraktiv, was durch ihre Topografie und die teilweise beträchtlichen Fahrzeiten in die Ballungszentren bedingt ist.
USR III: Steuerpolitik auf neuem Fundament
In den kommenden Jahren werden sich einige Komponenten der Standortqualität deutlich verändern. Zum einen findet mit der Unternehmenssteuerreform III voraussichtlich ein fundamentaler Umbau der Unternehmensbesteuerung statt. Zudem wird mit der vollständigen Eröffnung der NEAT ab 2020 die Erreichbarkeit der Zentral- und Südschweiz verbessert. Basierend auf den bis zum heutigen Tag angekündigten Gewinnsteuersenkungen der Kantone und den Veränderungen bei der verkehrstechnischen Erreichbarkeit haben die Ökonomen der Credit Suisse den Standortqualitätsindikator für das Jahr 2020 vorausschauend berechnet.
Standortqualität 2020: Basel-Stadt wird Kanton Zürich überholen
Wie heute angekündigt, plant der Kanton Basel-Stadt eine Reduktion des Gewinnsteuersatzes auf 13%. Zudem soll der heute mit 5.25 Promille relativ hohe Kapitalsteuersatz auf 1 Promille gesenkt werden. Damit würde Basel-Stadt den heutigen Nachteil der hohen ordentlichen Unternehmenssteuern wettmachen und im Standortqualitätsindikator an Zürich vorbei auf Rang 2 vorrücken. Die Kantone Genf und Waadt, die steuerlich ebenfalls deutlich attraktiver werden möchten, verzeichnen die höchsten Ranggewinne. Im Indikator der Credit Suisse läge Genf neu auf dem 4. Rang (+9) und Waadt auf dem 11. Rang (+6). Die Verbesserungen der ÖV-Erreichbarkeit durch die Eröffnung der Basistunnels am Gotthard und Monte Ceneri wirken sich im Vergleich zu den Steuersenkungen nur geringfügig auf den SQI aus. Gleichwohl dürfte sich die NEAT im Tessin und in Uri auf spezifische Branchen – etwa den Tagestourismus, Logistikanbieter und den Immobilienmarkt – förderlich auswirken.
Steigende Qualifikationsniveaus der Arbeitskräfte, regionale Unterschiede bleiben
Gemäss den Ökonomen der Credit Suisse zeigt sich ein Stadt-Land-Graben bei der Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften. Mit 51.8% Hochqualifizierten ist die Stadt Zürich Spitzenreiter unter den 110 Wirtschaftsregionen der Schweiz. Auch die anderen Zentrumsregionen (Genf, Lausanne, Bern, Basel) sowie die näheren Agglomerationsräume am Zürich- und Genfersee verfügen über einen vergleichsweise grossen Pool an Personen mit Tertiärabschluss. Bei der Verfügbarkeit von Fachkräften mit einer abgeschlossenen Berufslehre zeigt sich hingegen ein deutliches Ost-West-Gefälle. In den französischsprachigen Kantonen sowie im Tessin sind solche Fachkräfte vergleichsweise rar. (CS/mc/ps)
Die Publikation «Standortqualität 2016» ist im Internet verfügbar in Deutsch, Französisch, Englisch und Italienisch.
Der Standortqualitätsindikator der Credit Suisse
Seit 1997 zählen die quantitative Analyse der Standortqualität der Schweizer Kantone und Regionen sowie die jährliche Veröffentlichung der Resultate zum Research-Angebot der Credit Suisse. Unser Standortqualitätsindikator (SQI) wurde entwickelt, um die Attraktivität der Schweizer Regionen und Kantone aus Unternehmersicht zu messen. Dieser stellt die Attraktivität eines Gebiets in Form eines relativen Index dar und basiert auf den folgenden sieben quantitativen Teilindikatoren: Steuerbelastung der natürlichen und juristischen Personen, Verfügbarkeit von Hochqualifizierten und Fachkräften sowie Erreichbarkeit der Bevölkerung, der Beschäftigten und von Flughäfen.