Bern – Die SBB hat 2021 weiterhin eine starke Corona-Delle verzeichnet. Das Passagiervolumen lag 33,1 Prozent unter den Werten von 2019 vor der Covid-19-Pandemie. Im Finanzergebnis schlug sich das mit einem Defizit von 325 Millionen Franken nieder.
Immerhin verminderte sich das Defizit von 617 Millionen Franken im Vorjahr deutlich, wie die SBB am Dienstag mitteilte. Zustande kam der Rückgang um 47,3 Prozent dank der Unterstützung durch die öffentliche Hand, höherer Erträge und Sparmassnahmen. Die Subventionen stiegen von 277 Millionen auf 330 Millionen Franken.
Durch die Minus-Ergebnisse 2020 und 2021 stieg die Verschuldung der Bahn um 720 Millionen auf über 11 Milliarden Franken. Der Schuldendeckungsgrad stieg auf 13,7 Prozent und damit auf mehr als das Doppelte der vom Bund vorgegebenen Grenze von 6,5 Prozent. Diese Kennzahl spiegelt das Verhältnis der verzinslichen Schulden zum Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) wider.
Ehrgeizige Sparpläne
Insgesamt dürfte die Pandemie die SBB rund 3 Milliarden Franken kosten, wie sie aufgrund der aktuellen Schätzung mitteilten. Um die Finanzsituation wieder in den Griff zu kriegen, hegen die Bundesbahnen zusammen mit dem Bund als Eigner ehrgeizige Sparpläne: Bis 2030 wollen sie 6 Milliarden Franken weniger ausgeben.
Dazu kommen ab 2024 bis 2030 vom Bund verlangte Kostensenkungen von 80 Millionen im Jahr. Indessen zeigt sich das Unternehmen zuversichtlich: Der Klimavorteil spielt den SBB in die Hände. Langfristig wird die Nachfrage deswegen stark steigen und die SBB wollen veränderten Kundenbedürfnissen mit flexibleren Angeboten entgegenkommen.
Das Reiseverhalten wird den Prognosen zufolge stärker schwanken. Die SBB erwarten in ihrer Strategie 2030 weniger Pendlerinnen und Pendler und dafür mehr Freizeitverkehr. In einem ersten Schritt stabilisieren sie dazu bis 2025 Betrieb und Fahrplan. Auf Basis des Taktfahrplans flexibilisieren sie das Angebot, um dem motorisierten Individualverkehr besser Paroli zu bieten.
2022 wollen die SBB gemäss ihrem kurzfristigen Ziel wegen der Pandemie abgesprungene Passagiere zurück gewinnen. Bewerkstelligt wird das mit dem Test neuer Abonnements, Verbesserungen bei Spartageskarten, besseren Kundeninformationen über Störungen, mehr Veloplätzen und attraktiveren Bahnhöfen.
Ein Drittel weniger Passagiere
Der Kluge reiste 2021 zwar weiterhin im Zuge. Die SBB verzeichneten ein Passagierwachstum um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings lag das Volumen um 33,1 Prozent unter den Werten vor der Pandemie. Insgesamt waren täglich 885’000 Fahrgäste mit den SBB unterwegs. Unter dem Strich blieb im Personenverkehr ein Verlust von 495 Millionen Franken nach 669 Millionen 2020.
Im Regionalverkehr schlug ein Verlust von 21,3 Millionen Franken zu Buche, den 164 Millionen aus dem Covid-Unterstützungspaket wesentlich verminderten. Beim von ihnen selbst finanzierten Fernverkehr fuhren die SBB einen Verlust von 478 Millionen Franken ein. 2020 waren es noch 627 Millionen gewesen.
Die Erholung gegenüber dem Vorjahr geht auf das Konto des Freizeitverkehrs. Im Berufsverkehr arbeiteten 2021 viele weiterhin zuhause. Auch im internationalen Verkehr lag die Auslastung rund ein Drittel unter jener vor der Pandemie, wobei einige Destinationen immerhin wieder das Niveau von 2019 erreichten.
Die Anzahl der Kunden in den Bahnhöfen stieg im Jahresvergleich zwar um 3,6 Prozent. Die Frequenz lag aber 30,5 Prozent unter der von 2019.
Immobilien als Cash Cow
Neben der leichten Erholung im Verkehr und den Subventionen verminderte die Immobilien-Sparte der Bahn das Minus wesentlich. Sie fuhr einen Gewinn von 274 Millionen Franken ein, 30 Millionen mehr als 2020.
Die Güterverkehrstochter SBB Cargo hielt den Umsatz stabil. Dieser lag aber weiterhin 10,3 Prozent unter dem Niveau vor der Pandemie. Der Betriebsverlust sank auf 33 Millionen Franken nach 53 Millionen 2020. Zurückzuführen ist die Verbesserung im wesentlichen auf Subventionen: Für 2020 zahlte der Bund nachträglich 11,6 Millionen Franken aus. Und 2021 steuerte er 29,9 Millionen an die SBB-Cargo-Bilanz bei.
Normaler Fahrplan
Anders als 2020 dünnten die SBB den Fahrplan 2021 nicht aus, erst die Omikron-Welle anfangs 2022 zwang sie zu punktuellen Massnahmen. So erreichten sie 2021 bei der Pünktlichkeit das zweitbeste Resultat in ihrer Geschichte.
Die Kunden waren zwar zufrieden. Abstriche gab es aber in der Westschweiz im zweiten Halbjahr. Tiefpunkt war ein mehrtägiger Totalunterbruch der Hauptachse Lausanne-Genf im November, wo sich in Tolochenaz VD das Gleis abgesenkt hatte. (awp/mc/ps)