Kampagne für Massentierhaltungsinitiative zielt auf Fleischkonsum
Bern – «Raus aus der Massentierhaltung»: Unter diesen Slogan stellt das Komitee der Massentierhaltungsintiative seine Ja-Kampagne. Über die Initiative, die die Würde der Nutztiere in der Verfassung verankern will, wird am 25. September abgestimmt.
Im Fokus haben die Initiantinnen und Initianten die Landwirtschaft, und ansetzen wollen sie bei der industriellen Tierproduktion und vor allem dem in ihren Augen zu hohen Fleischkonsum. Am Montag stellten sie in Bern ihre Argumente den Medien vor.
Die Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» fordert für landwirtschaftliche Nutztiere eine tierfreundliche Umgebung, Einstreu, Beschäftigungsmöglichkeiten. Auch sollen alle Tiere Zugang zu einer Weide haben. Geschlachtet werden sollen Tiere – nach kurzem Transportweg – auf schonende Weise.
Die Tierwohl-Standards sollen sich an den Bio-Suisse-Richtlinien von 2018 orientieren, etwa bei der Grösse der Tiergruppen pro Stall. Beispielsweise für Legehennen erlauben die Bio-Suisse-Richtlinien bis zu 2000 Tiere pro Stall und bis zu 4000 Tiere pro Betrieb.
Auflagen für Importe
Damit inländische Bauern nicht benachteiligt werden, sollen laut Initiative nur noch nach Schweizer Standard produzierte Tiere und Tierprodukte importiert werden dürfen. Solche Verbote seien WTO-konform, wies der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch ein Argument der Gegnerschaft ab. «Es hat Platz im internationalen Recht, um unsere Werte zum Ausdruck zu bringen.»
Im Auge haben die Initiantinnen und Initianten in erster Linie den in ihren Augen zu hohen Fleischkonsum. Um die Klimaziele zu erreichen, müsste etwa ein Drittel weniger Fleisch gegessen werden, sagte etwa Nationalrätin Delphine Klopfenstein (Grüne/GE).
Auf der Hälfte der Ackerflächen werde heute Futter produziert statt dass sie für den Anbau pflanzlicher Nahrungsmittel genutzt würden und damit viel mehr Nahrung liefern und zur Ernährungssicherheit beitragen könnten. Fleisch solle vorwiegend auf Weiden im Berggebiet produziert werden.
«Subventionieren Umweltzerstörung»
Die Subventionen für die Landwirtschaft landeten zu einem grossen Teil via Landwirte bei Stall- und Strassenbauern sowie bei Produzenten und Verkäufern von Pestiziden, Futter und Maschinen, kritisierte Nationalrätin Kathrin Bertschy (GLP/BE). Doch diese Kreise hätten die Debatte über die Agrarpolitik ab 2022 verhindert. «Wir subventionieren unsere eigene Umweltzerstörung.»
Vera Weber, Präsidentin der Fondation Franz Weber, forderte eine Proteinwende. Ein zu hoher Konsum von tierischen Produkten könne zu Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes und auch Übergewicht führen. Die Haltung von Tieren in riesigen Ställen sei zudem ein Pandemierisiko.
«Esst weniger Eier»
«Esst weniger Eier, aber zahlt mehr dafür», sagte Landwirt Fritz Sahli, der einen Bio-Betrieb mit 2000 Legehennen führt. Er brach eine Lanze für kleinere Betriebe. Diese könnten für nicht mehr benötigten Legehennen bessere Lösungen finden statt die Tötung und Entsorgung nach dem ersten Lebensjahr.
Zurzeit importiere die Schweiz jedes Jahr 1,4 Millionen Tonnen Futtermittel. Das erlaube es, viel mehr Tiere zu halten als es dem Standort angemessen wäre, sagte Sahli.
Die meisten in der Landwirtschaft gehaltenen Tiere müssten den grössten Teil ihres Lebens auf Betonböden und mit wenig Platz in Ställen oder Hallen verbringen, machten die Initiantinnen und Initianten geltend. Möglichkeiten, sich zu beschäftigen hätten sie kaum, und nur rund jedes achte Tier könne regelmässig ins Freie.
Lanciert von Verein Sentience
Das Argument der Gegner, wonach die Schweiz eines der strengsten Tierschutzgesetze habe, wollen die Initianten nicht gelten lassen. Die heutige Gesetzgebung reiche nicht aus, um drastische Einschnitte in das Wohlbefinden und die Würde der Tiere zu verhindern.
Lanciert wurde die Initiative vom Verein Sentience. Zur Trägerschaft gehören die Fondation Franz Weber, Vier Pfoten und Greenpeace; unterstützt wird die Initiative unter anderem vom Schweizer Tierschutz, der Stiftung für das Tier im Recht, Kag Freiland, der Kleinbauernvereinigung Grünen und Jungen Grünen. Die Ja-Parole beschlossen haben auch die SP. Bei den Grünliberalen beantragen Vorstand und Fraktion ebenfalls die Ja-Parole. (awp/mc/pg)