Steuerabkommen mit Deutschland unterzeichnet
Staatssekretär Michael Ambühl unterzeichnete das Abkommen für die Schweiz.
Bern – Die Schweiz und Deutschland haben am Donnerstag das Ergänzungsprotokoll zum umstrittenen Steuerabkommen unterzeichnet. Mit den Änderungen macht die Schweiz im Steuerstreit mit Deutschland weitere Zugeständnisse. Wie aus dem am Donnerstagmittag veröffentlichten Abkommenstext hervorgeht, hat sich die Schweiz insbesondere bei den Sätzen bewegt, mit denen deutsches Schwarzgeld nachträglich besteuert werden soll.
Je nachdem wie lange die Schwarzgeld-Konten bereits bestehen und welche Vermögensveränderungen in den letzten Jahren auf diesen Guthaben verzeichnet wurden, sollen Steuersätze von 21 bis 41% erhoben werden. In dem letzten August unterzeichneten Abkommen hatten sich die Schweiz und Deutschland zunächst auf Sätze zwischen 19 und 34% geeinigt. Damit waren aber mehrere von rot-grünen Koalitionen geführte Bundesländer nicht einverstanden. Da sie drohten, das Abkommen im deutschen Bundesrat abzulehnen, musste nachgebessert werden.
Steuer auf Kapitalerträgen bleibt gleich
Keine Konzession machte die Schweiz dabei aber beim Satz für die Abgeltungssteuer, die künftig auf Kapitalerträgen deutscher Bankkunden in der Schweiz erhoben werden soll. Wie letzten August ausgemacht, soll dieser Satz 26,375% betragen.
Mehr Auskunftsgesuche möglich
Hingegen ist die Schweiz darauf eingestiegen, Deutschland zusätzliche Möglichkeiten einzuräumen, um nach Konten von in Deutschland steuerpflichtigen Personen suchen zu lassen. Die Anzahl Auskunftsmöglichkeiten wurde von maximal 999 auf 1300 Gesuche erhöht. Die Gesuche müssen innert zwei Jahren gestellt werden. Ziel ist es zu verhindern, dass neues unversteuertes Geld in der Schweiz angelegt wird.
Um nach dem Inkrafttreten des ergänzten Steuerabkommens einen weiteren Abfluss deutscher Vermögenswerte aus der Schweiz zu anderen Finanzplätzen zu verhindern, soll nun bereits mit dem geplanten Inkrafttreten am 1. Januar 2013 die Verlagerung solcher Vermögenswerte meldepflichtig werden. Ursprünglich war die Frist für die Meldepflicht auf Anfang Mai 2013 festgelegt worden.
Auch Erbschaften dem Abkommen unterstellt
Wie beim Steuerabkommen mit Grossbritannien wird mit dem Ergänzungsprotokoll eine Lücke des Abkommens geschlossen, indem künftig auch Erbschaften erfasst werden. Im Erbschaftsfall müssen die Erben entweder der Erhebung einer Steuer – zum Satz von 50% – oder der Offenlegung zustimmen. Im Falle von Grossbritannien gilt ein Satz von 40%.
Auf EU-Kritik reagiert
Eingegangen ist die Schweiz auch auf die Kritik der EU-Kommission, wonach das Steuerabkommen mit dem EU-Zinsbesteuerungsabkommen im Widerspruch stehe. In dem Zusatzprotokoll wurde nun klar gestellt, dass Zinszahlungen, die vom Zinsbesteuerungsabkommen erfasst sind oder in Zukunft erfasst werden, vom Steuerabkommen ausgenommen sind.
Geändert wurden auch die innerdeutschen Regeln zur Verteilung der Erträge aus der Abgeltungssteuer. Ausserdem wurde genauer festgelegt wie der Abkommensvollzug überprüft werden soll. Unter anderem wurde nun ausdrücklich festgehalten, dass dem gemeinsamen Überwachungsausschuss auch Vertreter deutscher Bundesländer angehören müssen.
Widerstand in Deutschland hält an
Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) bezeichnet das geänderte Abkommen in einer Medienmitteilung als «wichtigen Beitrag zur Steuergerechtigkeit». Das Abkommen respektiere einerseits den in der Schweiz geltenden Schutz der Privatsphäre von Bankkunden und gewährleiste anderseits die Durchsetzung berechtigter Steueransprüche Deutschlands.
Ob diese Einschätzung in den für die Ratifizierung zuständigen Parlamenten beider Länder geteilt wird, muss sich erst noch weisen. In Deutschland lehnen SPD und Grüne vorderhand auch das verschärfte Abkommen ab. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat das Nein der SPD zu dem überarbeiteten Steuerabkommen mit der Schweiz bekräftigt. «Dies wird zum zweiten Mal scheitern», sagte Gabriel am Donnerstag in Berlin. «Das Abkommen wird nicht wirksam, es enthält viel zu viele Schlupflöcher.»
Abkommen soll 2013 in Kraft treten
Geht es nach den Regierungen Deutschlands und der Schweiz, soll das Abkommen bereits Anfang 2013 in Kraft treten. Unterzeichnet wurde das Änderungsprotokoll am Donnerstag vom deutschen Botschafter in der Schweiz, Peter Gottwald, sowie vom Schweizer Staatssekretär für internationale Finanzfragen, Michael Ambühl.
«Das ist es, was wir unter Steuergerechtigkeit verstehen»
Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf erklärte: «Unsere Partnerstaaten dürfen zur Kenntnis nehmen, dass wir es ernst meinen und unsere Ankündigungen für einen integren Finanzplatz ohne unversteuerte Gelder in die Tat umsetzen. Ausländische Anleger in der Schweiz sollen zu den Steuersätzen ihrer Wohnsitzländer besteuert werden. Dies erlaubt eine lückenlose Besteuerung aller Steuerpflichtigen. Damit werden nicht massenhaft Daten ausgetauscht, die kaum auszuwerten sind, sondern es wird konkret Steuergeld transferiert. Das ist es, was wir unter Steuergerechtigkeit verstehen. Ich bin zuversichtlich, dass dieses System seine Vorteile entfalten wird, sobald es in Kraft tritt. Und ich bin ebenso zuversichtlich, dass dies weitere Staaten erkennen und mit der Schweiz Vereinbarungen treffen werden.“ (awp/mc/pg)