Carsten Kühl, Finanzminister Rheinland-Pfalz. (Foto: rlp-Archiv)
Düsseldorf – Mit rund 200 Hausdurchsuchungen in ganz Deutschland sind Fahnder am Dienstag gegen mutmassliche Steuerbetrüger vorgegangen. Auslöser waren Daten auf einer neuen Steuer-CD, die vom Land Rheinland-Pfalz gekauft wurde. Sie toppt anscheinend alle Vorgänger. Experten gingen davon aus, dass sein Land den bislang werthaltigsten Datenträger dieser Art erworben habe, sagte der Mainzer Finanzminister Carsten Kühl (SPD).
Rheinland-Pfalz habe die CD mit rund 40.000 Datensätzen für 4,4 Millionen Euro gekauft. In Zukunft werde es «an der einen oder anderen Stelle» noch weitere Razzien geben. Erwartet würden Gesamteinnahmen von einer halben Milliarde Euro. Der Datenträger liste Informationen von mehreren tausend Bürgern in Deutschland auf. In den vergangenen Jahren hatte vor allem Nordrhein-Westfalen Steuerdaten-CDs gekauft.
Bremen beteiligt sich am Kauf
Auch Bremen beteiligt sich am Kauf einer CD mit Daten von mutmasslichen Steuerbetrügern. «Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Jedem Hinweis darauf muss nachgegangen werden», sagte Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) am Dienstag. Bremen übernimmt ein Prozent der Summe.
Bei den Hausdurchsuchungen am Dienstag waren nach Angaben der federführenden Staatsanwaltschaft Koblenz bundesweit etwa 400 Steuerfahnder im Einsatz. Welche Länder im Einzelnen betroffen waren, teilte die Behörde nicht mit.
Ermittlungen gegen Mitarbeiter von CS und Neue Aargauer Bank
Wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung leitete sie Ermittlungen gegen Mitarbeiter von Schweizer Banken ein. Dabei handele es sich um die Credit Suisse , die mit ihr inzwischen fusionierte Clariden Leu und die Neue Aargauer Bank. Zur Zahl dieser Verdächtigen machte die Staatsanwaltschaft Koblenz keine Angaben.
Steigende Zahl der Selbstanzeigen erwartet
Finanzmister Kühl sagte, dem Kauf des Datenträgers im Februar sei die aufschlussreiche Untersuchung von mehr als 500 vorabgelieferten Testfällen vorausgegangen. Die Datensätze der CD seien «authentisch und von einer ausgezeichneten Qualität». Wer der Verkäufer sei, wisse er nicht.
Kühl zeigte sich überrascht, dass es rund vier Jahre nach Auswertung der ersten Steuer-CD mutmasslich immer noch so viele Steuersünder mit «erheblicher krimineller Energie» gebe. Er gehe davon aus, dass die Zahl der Selbstanzeigen wieder steigen werde. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dies strafbefreiend sein. Ob Prominente unter den mutmasslichen Steuersündern sind, konnte der Landesminister nicht sagen.
Bundesfinanzministerium billigt Vorgehen
Das Bundesfinanzministerium nannte die Entscheidung des Landes Rheinland-Pfalz für einen Ankauf «im vorliegenden Fall» vertretbar. Es bleibe die dringende Notwendigkeit, diese Problematik einvernehmlich mit der Schweiz und der EU-Kommission zu lösen. Das Bundesfinanzministerium nutze daher Gesprächsmöglichkeiten mit der Schweiz.
«Die Situation hinsichtlich der Durchsetzung der deutschen Steueransprüche in der Schweiz ist unverändert und weiterhin unbefriedigend», hiess es im Bundesfinanzministerium, dem nach eigenen Angaben der Datenerwerb durch Rheinland-Pfalz bekannt war. Laut Kühl beteiligen sich die anderen Länder und der Bund an den Kosten des Ankaufs. Das Land Niedersachsen erklärte dies ausdrücklich.
Credit Suisse: Keine Kenntnis von Ermittlungen gegen Mitarbeiter
Gegen den CD-Erwerb wandte sich der Bund der Steuerzahler (BdSt). «Steuergeldhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt», betonte René Quante, Geschäftsführer des BdSt Rheinland-Pfalz. «Das entschuldigt aber keine halbseidenen Geschäfte mit kriminellen Datenhehlern.» Nötig sei es vielmehr, mit Ländern wie der Schweiz Steuerabkommen zu vereinbaren.
Bei der Credit Suisse (CS) wies ein Sprecher am Dienstag auf Anfrage darauf hin, dass die Schweizer Bank deutsche Kunden seit längerer Zeit darauf hinweise, dass sie ihre Situation individuell überprüfen und falls nötig bereinigen sollen. «Wenn das nicht passiert, werden wir uns von diesen Kunden im Verlaufe des Jahres trennen.» Von Ermittlungen deutscher Behörden gegen Mitarbeitende habe die CS derzeit keine Kenntnis, sagte er weiter. (awp/mc/pg)